Ein gutes Verhältnis zu den Eltern konnte sich auszahlen, vor allem wenn man eine Fahrt zu einer Fete brauchte. Meine Mutter erbarmte sich, Augen rollend, nach einer Stunde betteln. Die Fahrt dauerte vielleicht eine halbe Stunde, und wir verbrachten sie Radiolieder mitsingend und kichernd. Schließlich kamen wir in eine Ortschaft voller großer Häuser und noch größerer Gärten. Grundstücke waren billig auf dem Land.
Oh, und Freddy's Haus war das Größte. Ein dreistöckiger moderner Klotz, kantig und verschachtelt, aber mit Dutzenden Räumen ausgestattet.
„Ich weiß, dass feiern zum Teenager-Dasein gehört, aber baut keine Schieße!“
Wir alle bekamen einen typischen ‚Pass bloß auf'-Mutterblick, bevor wir unseren Toyota verlassen durften.
Das Haus, oder vielmehr Anwesen, war hell erleuchtet, und man konnte die Musik schon draußen hören. Der Bass dröhnte, und auf der Auffahrt standen ein paar Jugendliche rum und rauchten. Es war erstaunlich warm für Ende September.
Tja, die Party war bereits in vollem Gange, und es war erst neun. Und wir waren so spät, weil die Zwillinge ewig gebraucht haben, sich fertig zu machen. Herrgott, was war so schwer daran, die gekauften Outfits, für Dari ein kurzer, also sehr kurzer, marinblauer Rock und ein knallgelbes Neckholder-Top, für Bana scharze Shorts und ein schwarzes enges T-Shirt mit der aufmunternden Aufschrift ‚Gut, dass ich keinen Waffenschein habe!‘, anzuziehen?
Ich selbst habe mich in meine besten Skinnies gezwängt, dazu ein loses Tanktop und meine Lederjacke. Simpel, stylisch. Dazu etwas Eyeliner, fertig.
Wir drängten uns an den Teenies vorbei zur Tür, und als wir drinnen waren, würde es richtig laut. Hip Hop, nicht gerade meine Musik, aber darum ging es ja nicht. Wir standen in einer Art Eingangshalle, rechts ein Torbogen, der offensichtlich ins riesige Wohnzimmer führte, das voller Leute war, die wie ekstatisch zu der absurden Musik zuckten. Links von uns ebenfalls ein Durchgang, zu einer lächerlich großen Küche, mit einer Kochinsel, Edelstahl-kühlschrank, und einer Bar direkt neben der Glastür zum Garten. Oder einer hohen Theke mit Barstühlen, wie auch immer. Auf alle Fälle standen unzählige Flaschen auf der Theke, dazu massig Plastikbecher, und am Boden davor mehrere Kästen Bier, teilweise geleert.
Auch hier waren einige Leute, manche erkannte ich aus der Schule, aber mindestens zwei waren mir unbekannt. Und zumindest einer war eine Augenweide. Groß, breite Schultern, dunkles, langes Haar, und ein Körper…
„Whoa, lasst uns loslegen!“ Dari steuerte zielstrebig zu der Bar, schnappte sich einen Becher, füllte ihn und leerte ihn in einem Zug.
Alle Augen hatten sich auf meine blonde Freundin gerichtet. Alle, bis auf meine.
„Was machst du da?!“ Ihre Schwester war entsetzt.
Sein enges Shirt und die knappsitzenden Jeans überließen nicht viel der Fantasie, und ich starrte schamlos. Out and proud, schon vergessen?
Hej, ich bin auch nur ein Mann!
„Spaß haben!“ erwiderte Dari lachend.
Ich bemerkte das alles kaum, denn mit einem Mal richteten sich seine grünen Augen auf mich. Wanderten von meinem Gesicht runter, meinem ganzen Körper entlang, und wieder zurück.
Heiß!
Er grinste. Ich grinste.
Ok, das könnte interessant werden.
Inzwischen war Bana zu ihrer Schwester geeilt und hatte ihr den erneut gefüllten Becher entrissen, dabei mindestens die Hälfte verschüttet.
Die kleine Gruppe hüpfte zurück, der Flüssigkeit ausweichend, nur einer war zu langsam. Der Adonis mit den grünen Augen bemerkte zu spät, was los war, und bekam eine Ladung direkt gegen seine linke Seite. Das Meiste landete auf seinem Arm, aber genug auf seinem blauen T-Shirt, um es zu durchtränken.
Für einen Moment herrschte angespannte Stille, nur das Dröhnen der Musik war zu hören. Dann fing Dari an zu lachen. Und bei Gott, das Mädchen hatte eine ansteckende Lache. Nur Sekunden später lachten alle, sogar der Adonis.
Ich musste dringend seinen Namen erfahren.
Als sich die Lage etwas beruhigte, sprach Dari.
„Entschuldige, das wollten wir nicht. Ich bin übrigens Dari, die da" ,sie deutete mit dem Daumen auf ihre Schwester, „ist meine Schwester Bana,“ ,ein Kopfnicken in meine Richtung, „und der Hübsche da ist Elias.“
„Wirklich, es tut mir sehr leid.“ Wandte Bana ein.
„Schon gut, ist ja nur Alkohol, das verdunstet schon.“ Seine sinnlichen Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. „Ich bin Alex.“
Dari leckte sich lächelnd die Lippen, Bana und ich rollten beide mit den Augen.
„Ok, Alex. Vielleicht sieht man sich noch.“ Das sagend, schnappte sich meine dunkelhaarige Freundin die Hand ihrer Schwester, hakte sich bei mir unter, und zog uns aus der Küche hinaus ins Freie. Unsere Proteste ignorierte sie.
In einiger Entfernung zum Haus blieben wir stehen, sie ließ uns los und blies die Backen auf. Dari und ich standen mit verschränkten Armen da und schossen Todesblicke zu Bana.
„Ihr zwei macht mich fertig! Dada, bist du wirklich so verzweifelt, dass du dich auf der Stelle betrinken und dem nächstbesten anspringen musst?! Hast du den gar keine Selbstachtung mehr?!“
Dari schrumpfte etwas in sich zusammen, Unverständliches murmelnd, und ich entspannte mich ein wenig. Zu früh.
„ Und du!“ Ein Zeigefinger richtete sich anklagend gegen mich. „ Glaub nicht, ich hätte nicht bemerkt, wie du mit Alex flirtest! Du weißt genau, wie unwohl ich mich auf solchen Partys fühle! Wag es ja nicht, mich allein zu lassen! Von meiner Schwester erwarte ich ja gar nichts anderes mehr,“ Dari schnappte nach Luft. „aber du bist mein bester Freund!“
Bana atmete heftig, und ihre Wangen waren gerötet.
Ihre Schwester schaute schuldbewusst, und auch fühlte mich ertappt. Ok, ich wusste es tatsächlich. Rabana war bei weitem nicht so selbstbewusst wie ihre Schwester, sie versteckte ihre Unsicherheit hinter einer Maske aus Sarkasmus. Darylia dagegen war sorglos und leichtherzig.
Sie war auch die Erste, die ihre Sprache wiederfand.
„Baba, es tut mir so leid!“ Dari machte einen Schritt auf ihre Schwester zu, Bana machte einen Schritt, dann fielen sie sich in die Arme. Ich konnte sehen, dass beide weinten, und auch ich hatte feuchte Augen. Hej, das waren meine Mädels, meine besten Freundinnen, ok?
„Mir tut's auch leid.“ Ich flüsterte. Beide blickten zu mir, ein unwirkliches Bild, zwei fast identische Gesichter, gleichermaßen verschmiertes Make-Up, eine schwarzhaarig, während das Mondlicht die Haare der Anderen beinahe weiß erschienen ließ.
Sie breiteten die Arme aus, und dann umarmten wir uns alle.
„Baba,“ Dari sprach leise und mit ernster Stimme. „Ich verspreche dir, heut Abend lass ich dich nicht allein.“
Bana nickte nur. Die Tränen waren inzwischen versiegt, und ich hatte meine Gott sei Dank zurückhalten können.
Dari betrachtet ihre Schwester genau.
„Mein Gott, wir sehen beide zum Fürchten aus!“ sagte sie und fing an zu Lachen. Und bei Gott hatte das Mädchen eine ansteckende Lache!
Immer noch kichernd machten wir uns auf den Weg zurück zum Haus, auf der Suche nach einem Bad. Mit den beiden befreundet zu sein war intensiv, denn sie waren einfach zu unterschiedlich, als dass es ohne den einen oder anderen Sturm auskäme. Und als meine Mädels wieder hergerichtet waren, verbrachten wir die nächsten Stunden zusammen, und wir blieben bei Bier.
Es musste so das dritte Bier gewesen sein, das bei Bana eine Veränderung verursachte, denn sie tanzte, zusammen mit ihrer Schwester und einem Typen aus der Fußballmannschaft. Er hatte tatsächlich sein Trikot an. Und konnte sein Glück kaum fassen. Denn das sah mehr nach Trockensex aus, als nach Tanzen. Die Erfüllung einer Männerfantasie.
Ich konnte gar nicht hingucken, sonst hätte ich meinen letzten Bier nochmal Hallo sagen können. Stattdessen stand ich mit der Schulter an eine Wand angelehnt, Bierflasche in der einen Hand, Jacke in der Anderen, und ließ meine Augen wandern. Es waren echt ein paar heiße Typen da, doch ich hoffte, besonders einen zu entdecken.
Er entdeckte mich zuerst. Ich behielt vor allem den Durchgang im Blick, aber er kam zur Terassentür ins Wohnzimmer.
Auf alle Fälle zuckte ich ganz schön zusammen, als ich plötzlich einen warmen Atem in meinem Nacken spürte. Ich drehte mich ruckartig, nur um in Alex dunkle, grüne Augen zu starren, kaum eine Handbreit von meinen entfernt. Auf seinen Lippen ein schiefes Grinsen. Seine kinnlangen, dunklen Haare fielen mit einem sanften Schwung um sein Gesicht, sein Seitenscheitel ziemlich unordentlich. Ein Schatten auf seinem Kinn verriet, dass er sich nicht rasiert hatte.
„Hallo, Hübscher.“ Im Laufe der Nacht hatte man die Lautstärke der Musik runtergedreht, wegen der Nachbarn, also konnte man sich tatsächlich unterhalten. Und seine Stimme vibrierte förmlich durch mich, so nah stand er bei mir.
Heiß!
Auch grinsend, leckte ich langsam über meine Lippen. Ich konnte sehen, wie seine Augen der Bewegung folgten, wie er seinerseits seine Lippen leckte.
Whoa, ich wusste wohin das führen würde.
Schnell blickte ich zu meinen Mädels, die weiterhin den armen Kerl bearbeiteten, der aussah, als würde er gleich vor Glück ohnmächtig.
Wieder vibrierte Alex Stimme durch mich, und sein Atem jagte einen wohligen Schauer über meinen Rücken.
„Die haben Spaß. Sie werden nicht mal bemerken, dass du weg bist.“
Versteht mich nicht falsch, ich war keineswegs verliebt, und ich hatte nicht vor, mich zu verlieben. Aber ich war auch keine Jungfrau, und er war verdammt heiß! Konnte ich mir das entgehen lassen?
„Ich weiß, wo wir ungestört wären.“ Seine Worte, seine Stimme verursachten einen weiteren Schauer.
Mein Grinsen wurde breiter. Ich nickte.
Das genügte, um Alex in Bewegung zu setzen. Er griff nach meiner Hand und zog mich aus dem Wohnzimmer, die Treppe hinauf, in einen ziemlich geräumigen Gang im zweiten Stock. Ziemlich zielstrebig steuerte er auf eine dunkelblaue Tür zu, und erst als wir drin waren, sah ich, dass es ein typisches Jungenzimmer war, mit Fußballpostern an allen Wänden, einem schmalen Bett, Schreibtisch vor dem Fenster und Sofa vor dem Flachbildschirm mit Konsole.
„Freddy's?“ fragte ich, eine Augenbraue hochgezogen.
Alex stand mit dem Rücken an die Tür gelehnt da, ließ seine Augen immer wieder über meinen Körper wandern, offensichtlich angetan.
„Mhm, sag ihm bloß nichts, er würde austicken.“
Das ließ mich auflachen. Freddy war bekannt für seine leicht homophoben Ansichten.
„Keine Sorge, ich verrat's ihm nicht.“
Endlich richtete sich sein Blick in meine Augen, die Lust in seinen grünen nicht zu übersehen. Für einen Moment passierte gar nichts, wir schauten uns nur in die Augen, keiner wirklich sicher, was nun. Ich war angespannt und erregt. Das letzte mal war schon 'ne Weile her.
Dann stieß er sich von der Tür, überwand schnellen Schrittes die Distanz zwischen uns, legte seine Hand in meinen Nacken und presste seine weichen Lippen gegen meine. Ich hatte kaum Zeit zu reagieren, da jagten die ersten Schauer durch meinen Körper. Meine Jacke ließ ich einfach auf den Boden fallen, die freigewordene Hand schob ich auf seine Hüfte, zog ihn näher, bis wir uns berührten.
Alex stöhnte gegen meine Lippen, als unsere Körper aneinanderstießen. Ich nutzte das, um meine Zunge in seinen Mund zu schieben. Als seine Zunge auf meine traf, schickte das ein Kribbeln über meinen ganzen Körper. Zwischen meinen Beinen pochte es.
Oh, ja!
Dennoch musste ich mich kurz von ihm losreißen, um das Bier abzustellen. Und um nach Luft zu schnappen.
Er atmete genauso heftig, seine Erregung offensichtlich. Sein steifer Schwanz drückte gegen meinen Unterleib.
Wieder blickten wir uns in die Augen, dann griff ich in sein Shirt, zog ihn so zum Bett. Wir fielen, er landete auf mir, und er verschwendete keinen Augenblick. Sofort war sein Mund wieder auf meinem, unsere Zungen tanzten, während ich meine Hände unter seinem T-Shirt auf Wanderschaft schickte.
Ok, wir hatten keinen Sex in dieser Nacht, aber verdammt viel Spaß. Ich schlafe nicht einfach mit irgendeinem Typen, den ich kaum ein paar Stunden kenne.
Ich bin willig, nicht billig.
Irgendwann lagen wir, halb bekleidet, zusammen auf dem Bett, ich auf dem Rücken, Alex auf der Seite an der Wand, während er mit seinen Fingern träge Kreise auf meiner nackten Brust malte.
„Wir könnten uns wiedersehen.“ Er flüsterte in mein Ohr, bevor er mein Ohrläppchen anknabberte.
Das war wie ein Eimer kaltes Waser. In mir zog sich alles zusammen. Ich hatte nicht vor, mich zu binden. Beziehungen waren gefährlich.
Ich setzte mich auf, drehte ihm den Rücken zu, suchte nach meinem Tanktop.
„Sorry, aber ich will nichts Festes.“
Hinter mir konnte ich ein Lachen hören, also drehte ich mich zu ihm. Er lag da, nur in seinen Boxern, seinen herrlichen Körper zur Schau stellend, und grinste mich diabolisch an. Ich hatte meine Hose noch an. Wisst ihr, wie schwer es war, sich in die Dinger zu zwängen?
„Ich dachte eher an so was wie Freunde mit Vorzügen.“ Dazu zwinkerte er.
Auch auf meine Lippen schlich sich ein Grinsen.
„Keine Verpflichtungen?“ fragte ich.
„Keine Verpflichtungen. Keine Fesseln. Kein Drama. Nur Vergnügen.“
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Elias und Phillip
Teen FictionElias war 17, Schüler eines bayerischen Gymnasiums und offen schwul. Er wollte das genießen. Selbstbewusst und leidenschaftlich. Er dachte, er wusste, was er wollte. Phillip, ebenfalls 17, war Fußballer im Verein "Die Feldlanger Kicker". Er war zu...