Der Wasserkocher brodelte kurz, bevor er mit einem Klack ausging.
Ich stand kurz nach 12 sonntags in unserer kleinen Küche zuhause und machte Kaffee für die Zwillinge, die beide grummelnd auf unserer kleinen Eckbank saßen. Sie, beide noch im Pyjamas, waren vor nicht mal zehn Minuten in mein Zimmer geplatzt, meine Schwester war so gütig, sie reinzulassen, hatten mich aus dem Bett gezerrt, und lautstark nach Koffein verlangt.
Jetzt saß Dari in ihren mit Einhörnern bedruckten, flauschigen Schlafanzug auf der längeren Bank, mit dem Kopf auf dem Tisch. Bana, auf der kurzen Seite der Essecke, und in einem schwarzen Pyjama mit weißen Fledermäusen, guckte völlig weggetreten Löcher in die Luft.
„O bože, wie viel hab ich getrunken?!“ stöhnte meine blonde Freundin gegen die Tischplatte.
Ich stellte ihren Kaffee, viel Milch, viel Zucker, neben ihrem Kopf ab, Banas Kaffee, schwarz, aber noch mehr Zucker, vor meine benebelte Freundin, bevor ich mich mit meinem ungesüßten Milchkaffee neben Dari schob.
„Eindeutig zu viel.“ murmelte ich über meinen Becher hinweg.
Dari stöhnte noch lauter.
„Viel wichtiger ist doch, wie kam deine Schwester an Tommy?“
Als Bana uns heute morgen gegen neun geweckt hatte, weil ihre Mutter unterwegs war, um uns abzuholen, war er nicht mehr da. Und die Fahrt über sprachen wir nicht über die Ereignisse der Nacht, zwecks Mama Ujstar. Angekommen waren wir zu fertig und wollten alle nur schlafen.
Bei der Erwähnung seines Namens errötete Bana.
Ich glaubte es nicht!
Ein Blick zur Seite, Dari hatte den Kopf gehoben und starrte ihre Schwester mit großen Augen an, den Mund offen.
„Ti je zaljubljena!“ In ihrem Schock verfiel Dari in ihre kroatische Muttersprache. Ich verstand auch so, was sie meinte.
Banas Wangen wurden noch ein bisschen dunkler, aber sie zog ihre dunklen Augenbrauen zusammen und schnaubte.
„Ich bin nicht verliebt!“
„Aber du magst ihn!“ warf ihr ihre Schwester entgegen. „Wann ist das passiert?“
Rabana verschränkte ihre Arme vor der Brust.
„Vielleicht, als du zu beschäftigst warst, Phil abzugraben?“ fragte sie sarkastisch eine Augenbraue hochziehend.
„Wann hab ich Phil angemacht?!“ Entsetzt schaute Darylia von Bana zu mir und zurück. „Ich erinnere mich gar nicht daran!“
Meine dunkelhaarige Freundin rollte mit den Augen, ehe sie sich ihrem Kaffee widmete. Anscheinend hatte sie nicht vor, weiter zu sprechen.
Ich grinste süffisant.
„Süße, du hast ihn nicht angemacht. Du hast ihn völlig verängstigt .“
Das Gesicht meiner blonden Freundin verzog sich kurz zu einer Grimasse.
„Hab ich nicht!“ Sie schmollte wie ein Kleinkind, Bana kicherte leise.
„Ich fürchte doch, ich musste ihn praktisch vor dir retten!“
Mein Grinsen wurde breiter, als ich an diese Begegnung dachte.
Sie stöhnte bloß und ließ ihren Kopf auf den Tisch fallen. Sie wusste selbst, und das nicht nur aus verschwommenen Erinnerungen, wie aufdringlich sie wurde, wenn sie zu viel trank.
„Hab ich mich noch irgendwie daneben benommen?“ nuschelte sie in die hübsche geblümte Tischdecke meiner Mutter.
„Andauernd. Aber nichts, was man nicht schon von dir kennen würde.“ erwiderte Bana trocken, nicht mal von ihrem Kaffee hochblickend. Die Röte hatte sich bereits aus ihrem Gesicht zurück gezogen. Dann richteten sich ihre dunklen Augen auf mich, ihr Blick forderte mich regelrecht heraus.
„Du warst über eine Stunde weg, und du bist mit Alex mitgegangen. Was habt ihr eigentlich getrieben?“
Dari schnappte nach Luft, presste ein „Was? Alex?!“ heraus.
Nun gut, es war ja nicht so, dass meine Mädels mich nicht in und auswendig kannten.
„Wir haben nur etwas rumgemacht.“
Ich zuckte mit den Schultern und starrte in mein Getränk. Sie wussten beide, dass es keinen Sinn hatte, mich nach Details zu fragen. Vielleicht würde ich ihnen etwas erzählen, vielleicht auch nicht. Aber nicht heute.
Stattdessen verbrachten wir den Nachmittag damit, Daris Eskapaden nachzuvollziehen, indem wir uns die Fotos der letzten Nacht auf verschiedenen Profilen anguckten.
Die nächste Woche über verfielen wir in unseren üblichen Tritt zwischen Schule, Lernen, zu vielen Hausaufgaben und zu wenig Freizeit. Seit sie das Gymmi verkürzt hatten, war da einfach zu viel Stoff für zu wenig Zeit, und wir bekamen das allmählich zu spüren.
Dennoch fiel mir etwas auf.
Phillip beobachtete mich.
Immer wieder erwischte ich ihn dabei, wie er zu mir rüber guckte, in den Pausen, den Freistunden und im Unterricht. Und immer, wenn ich ihn ertappte, schaute er schnell weg.
Stand er auf mich, oder was?
Naja, seine Blicke waren schwer zu deuten, bar jeder offensichtlicher Gefühle.
Fußballer sind eigentlich nicht mein Ding, aber sein Verhalten verleitete mich dazu, doch mal genauer hinzusehen. Er sah gut aus, etwas verloren vielleicht, aber eigentlich ganz süß. Und zumindest sein Körper war ganz mein Ding.
Zudem stellte ich fest, dass er immer den Seitenausgang der Schule nahm, und ich fragte mich warum. Der Ausgang führte nämlich zum Schulgarten und war eigentlich ein Umweg, wenn man rein oder raus wollte.
Bevor ich mich dazu allerdings verführen ließ, etwas Dummes zu tun, wollte ich eine Bestätigung.
Am Montag die Woche drauf, in der Mittagspause, sah ich die perfekte Gelegenheit. Ich saß mit Bana an einem der Bistrotische in der kleinen Aula, als ich aus dem Augenwinkel erkannte, dass sich Phil in einiger Entfernung links hinter mich setzte.
Bana, mir gegenüber, träumte mit einem Lächeln vor sich hin, und ich musste mit den Augen rollen. Seit der Party war sie entweder total abwesend, oder total abweisend. Und wann immer Sie und Tommy aufeinander trafen, wechselten sie schüchterne Blicke und noch schüchternerne Lächeln. Sonst nichts.
Es war zum Durchdrehen, die beiden zu beobachten.
Ich stupste sie an die Nase, um sie aus ihren Lalalula-Land zu holen. Sie schaute düpiert.
„Bana, ich brauch dich mal kurz. Schaut Phil zu mir rüber?“
Zuerst blinzelte sie, dann zogen sich ihre Augenbrauen zusammen, schließlich seufzte sie theatralisch, ehe sie tatsächlich einen Blick hinter mich warf. Mildes Erstaunen stahl sich auf ihr Gesicht.
„Ja. Er schaut immer wieder zu dir.“ Ihre dunklen Augen zusammenkneifend starrte sie mich an. „Was ist hier los?“
Ich hatte meine Beobachtungen mit meinen Freundinnen geteilt.
„Genau das würde ich auch gerne wissen.“
Nun, ich hatte meine Vermutung, aber ich wollte sehen, zu welchen Schluss meine Freundin käme.
„Ich weiß nicht. Schwer zu sagen.“
Soweit war ich auch schon.
Bana zuckte mit den Schultern und fing an, nach ihren Zigaretten zu suchen, als Dari endlich mit unseren Sandwiches auftauchte. In der großen Aula gab es einen Kiosk, wo man sich mit allerlei gesunden und nicht ganz so gesunden Sachen eindecken konnte. Heute hatte meine blonde Freundin Tomate-Mozzarella-Semmeln mitgebracht. Könnte schlimmer sein.
Seufzend ließ sie sich in den Alu-Stuhl fallen.
„Also, was hab ich verpasst?“
Ihre schwarzhaarige Schwester warf die Zigarettenschachtel in einem schwarzen Etui auf den Tisch und nickte Richtung Phil, dann machte sie sich wortlos über ihr Sandwich her.
„Was, reden wir schon wieder über ihn?“ Dari blickte zuerst zu Bana, dann fixierte sie mich. „Man, leg ihn flach und komm drüber weg.“
„Aber…“ Sie unterbrach mich mit einem erhobenen Zeigefinger.
„So wie er ständig zu dir starrt, bettelt er doch förmlich darum. Also mach mal hin.“Kopfschüttelnd schnaubte sie noch einmal, bevor sie auch sie sich ihrem Essen widmete.
Ich dachte nach, während ich kaute.
Er war süß, aber wirkte ziemlich schüchtern.
Er war Fußballer, aber schien nett.
Wollte ich das?
Wollte ich ihn?
Ich wusste es nicht.
Ich wusste es einfach nicht.
Aber ich wollte es rausfinden.
Ich beschloss, doch etwas Dummes zu tun.---------
Tada! Noch ein Teil!
Und, was haltet ihr bis jetzt davon?Bye
DG
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Elias und Phillip
Novela JuvenilElias war 17, Schüler eines bayerischen Gymnasiums und offen schwul. Er wollte das genießen. Selbstbewusst und leidenschaftlich. Er dachte, er wusste, was er wollte. Phillip, ebenfalls 17, war Fußballer im Verein "Die Feldlanger Kicker". Er war zu...