12. Aufruhr - Phillip

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Die Herbstferien vergingen mit Trainings und Spielen, wir waren am Ende der Hinrunde und hatten immerhin den 4.Platz in der Tabelle. Und es war das einzige, wozu mich meine Eltern noch ließen. Doch es wurde immer schwerer für mich, mich auf das Spiel einzulassen.

Normalerweise war ich auf dem Platz zu Hause, sobald der Schiedsrichter pfiff, verschwand die Welt um mich herum, nur noch meine Mannschaft, die Gegner und der Ball existierten für mich. Hier war alles klar, es gab feste Regeln, jeder wusste, was er zu tun hatte. Und wir funktionierten gut zusammen, vor allem Kai, Freddy und ich. Wir waren die letzte Verteidigungslinie, und wir hatten schon unzählige Stürmer in der Abseitsfalle gefangen.

Aber es wurde schwieriger für mich.
Alles war wie durcheinander, und ich bekam diesen Knoten in mir nicht gelöst.
Ich fürchtete die Schule. Und ich hatte Recht, sie zu fürchten.

Denn sobald meine Augen auf Elias fielen, beschleunigte mein Puls und ich wurde nervös.
Ich hasste das. Ich verabscheute mich dafür.
Ich verabscheute Elias.

Elias.

Immer wieder drängten sich Erinnerungen auf.
Seine Augen.
Sein Mund, zu einem Lächeln verzogen.
Seine Lippen so nah…

NEIN!

Ich wagte es kaum noch, aufzublicken. Und wenn doch, dann suchten meine Augen stets nach ihm. Ohne es zu wollen, schaute ich.
In mir baute sich eine Anspannung auf, die ich selbst mit Sport nicht los wurde.
Und es wurde von Tag zu Tag schlimmer.

Am Donnerstag in der letzten Stunde konnte ich fast gar nicht mehr weggucken. Ständig zog es meinen Blick zu ihm, ich betrachtete sein Profil, das sich scharf gegen die Tafel abzeichnete, seine schulterlangen Haare, die er heute offen trug, seine Hände, wenn er sich Notizen machte.

Irgendetwas brodelte in mir.
Ich wollte nicht mehr.
Die Stundenglocke war noch nicht ganz vorbei, da verließ ich als erster schon den Raum. Nur noch weg.

Die Sonne verschwand gerade hinter den Baumwipfeln als ich zur Tür rausstürmte.
Erstmal tief durchatmen, sich beruhigen.
Als ich hören konnte, wie sich die Tür öffnete, wirbelte ich herum.

Atme.

Da stand er, der Grund für alle meine Probleme, und schaute mich aus diesen unfassbaren Augen an.

Mein Herz setzte aus, raste dann umso schneller, meine Hände schwitzten und mein Mund wurde trocken.

Atme!

Die Tür fiel wieder zu.
Er machte einen Schritt auf mich zu.
Ich trat einen zurück.
Seine dunklen Augenbrauen hoben sich fragend.

Ich wollte noch einen Schritt weg von ihm machen, doch er griff nach meiner Hand.
Mich durchzuckte ein Blitz aus Feuer und Eis.

„Fass mich nicht an!“  brüllte ich, als ich ihm meine Hand entriss.

„Hej, ich wollte nur-" Weiter kam er nicht.

„Lass mich in Ruhe!“ Ich wurde noch lauter, als der Zorn in mir aufloderte.

Seinetwegen hatten ich mich mit meinen Eltern gestritten.
Seinetwegen konnte ich nicht mehr klar denken.
Seinetwegen nicht richtig schlafen.

„Hej, du fällst gl-" Er versuchte noch mal nach meiner Hand zu greifen.

In mir tickte etwas aus.
Ich ergriff seinen Mantelkragen, drängte ihn so zurück, bis ich ihn kräftig gegen die Wand stieß.
Seine Augen waren weit aufgerissen und sein Mund geöffnet.
Er sah erschrocken aus, aber in dem Moment kümmerte es mich nicht.

„Das ist alles deine Schuld!“

Ich stieß ihn noch mal gegen die Wand.

„Deine Schuld!“

Meine Augen brannten, mein Herz überschlug sich und mein Atem stotterte.
Wir starrten uns an.

Diese Augen!

Dann pressten sich plötzlich sein Lippen gegen meine.

Ein Blitz durchfuhr mich, der mein Hirn lahmlegte.
Anders kann ich mir nicht erklären, warum ich tat, was folgte.
Aber mein Körper reagierte auf den Kuss.

Er presste sich gegen Elias, presste ihn an die Wand. Meine Hände schoben sich seinen Nacken entlang in sein weiches Haar, versuchten ihn noch näher zu bringen.

Ich konnte spüren, wie das Eis in mir schmolz bis nur noch reine Hitze übrigblieb. Von meinem überarbeiteten Herz durch meine Adern gepumpt verbreitete sich diese Hitze, bis mein ganzer Körper in Flammen stand.

Mir wurde schwindelig, meine Lungen brannten nach Sauerstoff.

Mehr!

Ich erschrak vor diesem Gedanken.
Mich von Elias abstoßend stolperte ich ein Stück zurück.

Was war das?!
Was ist da gerade passiert?!

Ich schnappte nach Luft.

Nein!
Nein!
NEIN!

Ich rannte davon.
Schon wieder.

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Ach, Phillip.
Wie gefällt's euch?

Bye
DG

Elias und PhillipWo Geschichten leben. Entdecke jetzt