8. Halloween - Phillip

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Als ich wieder in die Schule ging, versuchte ich Elias aus dem Weg zu gehen, so gut es ging. Ich konzentrierte mich auf den Unterricht, und in den Pausen machte ich Hausaufgaben.

Bloß nicht nachdenken.

Alles war besser, als nachdenken.

Denn wenn ich meine Gedanken schweifen ließ, landeten sie bei ihm.


Beim Training redeten alle von Freddys nächster Party, und ich war noch nie so froh über eine Einladung.

Ein Wochenende mit mir allein?


Schlechte Idee.

Ich war dankbar für die Ablenkung.

Warum wieder bei Freddy? Weil seine Eltern jedes zweite Wochenende weg führen, seit er 16 geworden war. An den anderen fuhren sie mit ihm weg, wohin er wollte. Das war ihr Deal.

Die Woche überstand ich, indem ich mich in Hausaufgaben und Fußball vergrub. Aber ich konnte nicht verhindern, ihn anzugucken, wann immer wir Chemie hatten. Oder wenn ich ihn in den Pausen entdeckte. Oder in den Gängen, zwischen den Stunden.


Und immer regte sich etwas in mir.

Ich wollte das nicht.

Ich wollte das alles vergessen.

Also beschloss ich, mich auf der Party so richtig volllaufen zu lassen.


Kai holte mich kurz nach sieben ab, meiner Mutter erzählte ich einfach, wir würden einen Filmmarathon machen. Sie rümpfte nur die Nase.

Mein Kostüm, Captain-Amerika-Maske und passendes Schild, waren schon in Kais Auto, ich hatte mir ein passendes T-Shirt besorgt. Kai war Black Panther.

Die Straße vor Freddys Haus war zugeparkt, wir mussten ein gutes Stück laufen.


Draußen konnte man den Bass wummern hören, als ich mir die Maske aufzog. Klingeln war überflüssig, die Tür war sowieso nicht abgesperrt.

Ich verdrängte das übliche Unwohlsein und folgte Kai hinein.


Es waren weitaus weniger Leute da, als beim letzten Mal. Ich sah nur unsere Mannschaft, feste Freundinnen der Jungs und noch paar Mädchen.


In der Küche an der Bar fanden wir schließlich Freddy, verkleidet als Superman. Er goss gerade Kurze ein. Neben ihm stand Georg, Stürmer, die Maske seines Spiderman-Kostümes hing wie eine Kapuze an seinem Kragen.

„Hey, da seid ihr ja!" Freddy ließ die Wodkaflasche stehen und umarmte uns stürmisch.

„Ist nicht viel los bis jetzt." Sagte Kai, sich umblickend.

Mich störte das nicht. Aber Freddy verzog kurz das Gesicht.

„Mehr wird's wohl nicht. Bei Bolli gibt's Freigetränke für Verkleidungen." Grinsend antwortete Georg auf Kais unausgesprochene Frage.

„Und warum feiern wir nicht dort?" Kai zog seine Augenbraue hoch.

Bollis Bar war so etwas wie unser Stammlokal, wir trafen uns nach den Spielen dort, um zu feiern.

Freddy machte machte eine angewidert Grimasse.

„Weil mein schwuchteliger Cousin Alex dort arbeitet."

Oh.

Das zwischen Freddy und Alex war irgendwie kompliziert, so eine Art On-Off-Ding. Mal verstanden sie sich, mal nicht.

Kai seufzte bloß, dann holte er sich Bier von der Terrasse, die Kästen standen draußen, damit sie kühl blieben.


Er brachte mir eins mit, aber ich schüttelte den Kopf.


Freddy war wieder bei dem Schnaps, stellte gerade die Stamperl auf ein Tablett.

„Mach mir auch." Mehr brachte ich nicht heraus.

Sofort grinste mich Freddy an, während Kai fragend die Brauen hob.


Ich trank sonst nur Bier, und für einen kurzen Moment meldet sich mein Gewissen, doch ein Gedanke genügte, um trinken zu wollen.

Diese Augen...

Also grinste ich zurück und nickte, was mein bester Freund mit einem Kopfschütteln quittierte.

Es sollte nicht bei einem Schnaps bleiben.

Zuerst entspannte ich mich durch den Alkohol, redete und lachte mit den Jungs. Ich glaube, ich tanzte sogar, allerdings mit Abstand zu den Mädchen.


Aber irgendwo gingen mir die Erinnerungen verloren, irgendwie wurde alles verschwommen, und nur Bruchstücke blieben zurück.

Ich war mir nicht mal über die Reihenfolge sicher. Aber, wie gesagt, ich denke, ich tanzte. Und ich trank noch mehr.

Auf der riesigen Couch chillte die halbe Mannschaft, ein Joint ging herum. Ich zog auch daran, hustete wie irre. Alle lachten. Ich trank wieder.

Alles drehte sich, wenn ich mich bewegte. Da war ein Mädchen, das mich stützte. Ihre Berührung war nicht so schlimm. Wir kicherten, als wir hinfielen.

Wieder die Couch, ich unterhielt mich lallend mit Freddy. Ich weiß gar nicht mehr, worüber. Aber neben mir machte Kai mit Patricia herum. Es störte mich erstaunlich wenig.

Dann kamen nur noch kurze Bilder, wie Fotos.

Die Lichter verschwammen.

Dunkelheit.

Ich, in Freddys Zimmer.

Kalte Luft, draußen?

Aufruhr.

Und schließlich nichts mehr.



Das wirklich erschreckende war, dass ich in meinem eigenen Bett erwachte.


Ich wohnte nur zwei Straßen weiter.


Aber warum war ich nach Hause gelaufen?


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Ich weiß, es ist nicht viel, aber diese Episode ist wichtig für den späteren Teil der Geschichte.

Bye
DG


Elias und PhillipWo Geschichten leben. Entdecke jetzt