Der Unterricht [2/2]

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Nach dem Mittagessen saßen die meisten Slytherins in ihrem Gemeinschaftsraum. Hermine kontrollierte noch einmal den Inhalt ihrer Schultasche. Millicent schnappte sich den neuen Stundenplan. Verblüfft betrachtete sie ihn. »Du meine Güte, Pansy. Meinst du nicht, du hättest dich etwas übernommen?«

»Ich habe mir viel vorgenommen für dieses Jahr«, antwortete die Gryffindor und nahm den Plan wieder an sich.
Malfoy kam interessiert herbei und setzte sich auf die Lehne von Hermines Sessel. Er beugte sich hinüber und sie musste an sich halten, nicht aufzuspringen.

»Millicent hat Recht«, sagte er und sein Atem streifte ihre Wange. »So einen Stundenplan hat wahrscheinlich noch nicht einmal die Granger. Du wirst keine Zeit mehr für uns haben.«

»Damit meinst du wohl für dich«, stellte Hermine fest und stopfte den Plan hastig in die Tasche. »Ich habe mir fest vorgenommen, es mir abzugewöhnen, dich ständig anzuhimmeln. Dir scheint es auf die Nerven zu gehen und mir verursacht es nur Schmerzen. Wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt, ich muss zu Arithmantik.«

Sie spürte regelrecht, wie Malfoys Blick auf ihrem Rücken brannte.
Professor Vector staunte nicht schlecht, als an Stelle von Hermine Granger nun Pansy Parkinson in ihrem Kurs auftauchte. Auch die anderen Schülerinnen und Schüler waren perplex. Am meisten überraschte alle jedoch das umfangreiche Wissen Pansy Parkinsons in dem Fach, das sie noch nie zuvor besucht hatte.
Auch in den anderen Stunden war das so. Hermine musste sich insbesondere in dem gemeinsamen Unterricht mit den Gryffindors zurückhalten, nicht ständig die Hand zu heben. Missmutig betrachtete sie den oft ratlosen Ausdruck auf ihrem eigenen Gesicht, wenn Pansy mal wieder die richtige Antwort nicht wusste. Am meisten ärgerten Hermine jedoch die Blicke, die Pansy immer wieder Malfoy zuwarf. Wie konnte man sich nur so erniedrigen? Sie musste unbedingt mit ihr reden.


Mittlerweile war Hermine bereits seit einer Woche im Körper Pansy Parkinsons. Gegen sieben Uhr abends war sie mit der Slytherin in der Bibliothek verabredet. Hermine hatte sich davongeschlichen. Ihr behagte nicht, wie aufmerksam Malfoy sie beobachtete. Doch solange er Abstand hielt, würde sie mit ihm fertig werden.
Pansy war schon da. Sie saß in einer etwas uneinsehbaren Ecke, hatte ein Buch vor sich aufgeschlagen und starrte blicklos ins Leere. Sie erschrak, als Hermine sich ihr gegenüber hinsetzte. Aus Pansys derzeit braunen Augen schossen Blitze und für einen Moment hatte Hermine das Gefühl, sich gleich in Rauch auflösen zu müssen.
»Wahnsinn, kann ich böse gucken«, sagte sie beeindruckt.

Das brachte Pansy für einen Augenblick aus dem Konzept.

»Das ist genau der Blick, mit dem du Malfoy ansehen solltest, falls er dich noch mal ärgert«, brachte Hermine das Gespräch sofort auf den Punkt. »Nicht diese schmachtenden Hundeblicke. Ist das noch keinem Gryffindor aufgefallen?«

»Schon vergessen? In Gryffindor herrschen Tapferkeit und Mut, keine Rede von Intelligenz«, schnappte Pansy. »Was läuft da zwischen dir und Draco?«

»Nichts«, antwortete Hermine wahrheitsgemäß.

»Lüg nicht. Ich sehe doch, wie er dich ansieht. Er bewundert dich.«

»Unsinn und wenn sieht er nicht mich, sondern dich so an, schon vergessen?«

Pansy brauchte eine Sekunde, dann lächelte sie zaghaft. »Das stimmt. Aber weshalb?« Ihre Stimme hatte plötzlich einen misstrauischen Unterton.

»Weil ich eben nicht ständig auf den Teppich sabbere, wenn er vorbei schreitet, du hohle Nuss. Männer mögen das nicht wirklich, jedenfalls nehmen sie einen dann nicht für voll.«

»Ron schon.«


»Was willst du damit sagen?«, fuhr Hermine alarmiert auf.
»Er würde mir den Hintern nachtragen, wenn ich das wollte. Ich bräuchte nur mit dem kleinen Finger zu winken.«
»Das glaube ich nicht. Ron schätzt meinen wachen Verstand.«

Pansy lehnte sich ein wenig vor. »Er schätzt viel mehr, dass ich mein Stundenpensum reduziert habe und mich mehr um ihn kümmern kann.«

»Wenn du ihn anfasst, mache ich Kleinholz aus dir«, drohte Hermine.

»Ich - ihn anfassen? Er ist es doch, der seine Finger nicht bei sich behalten kann. Ständig will er mich umarmen und küssen. Es ist harte Arbeit, ihm zu entkommen.«

»Gelingt es dir denn?«

Ein verschlagener Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht, der Hermine gar nicht gefiel. »Meistens«, sagte Pansy gedehnt.

»Wie bitte?«

»Hey, wenn ich deinen Won-Won zu sehr vor den Kopf stoße, will er dich vielleicht später gar nicht mehr.«

»Er war Lavenders Won-Won, nicht meiner«, stellte Hermine klar. »Rede ihn bloß nie so an.«

Pansy strich sich eine widerborstige Locke aus der Stirn. »Wie auch immer. Jedenfalls guckt seine Schwester immer so komisch, wenn ich mich heimlich durch euren Gemeinschaftsraum an ihm vorbei schleiche.«

»Pass auf, Ginny ist gerissen.«

»Schon klar. Doch ehrlich Granger, ich glaube das einzige, was Ronald an dir vermisst, ist die Hilfe bei den Hausaufgaben.«

Hermine schluckte den plötzlich aufkommenden Ärger hinunter. Parkinson wollte doch nur stänkern. »Wie hast du dich aus der Affäre gezogen?«, fragte sie stattdessen.

»Ich habe ihm gesagt, im letzten Jahr würde es endlich Zeit für ihn selbstständig zu werden. Im Gegenzug würde ich mich bemühen nicht mehr so eine unverbesserliche Streberin zu sein.«

»Und das funktioniert?«, fragte die Gryffindor skeptisch.

Pansy zuckte mit den Schultern. »Bis jetzt schon.«

»Ach hier steckst du, Mine.«

Hermine sprang auf, doch Ron hatte nur Augen für Parkinson. Dann erst wanderte sein Blick über die vermeintliche Slytherin. »Was ist denn mit dir? Hast du dich verlaufen?«

Noch ehe Hermine antworten konnte erklang Malfoys Stimme in ihrem Rücken. »Das könnte ich dich auch fragen, Weasley.«

»Ich hole lediglich meine Freundin ab«, brummte Ron.

»Was sitzt du mit dem Bücherwurm hier, Pansy?«, fragte Malfoy.

Hermine fiel im Moment nichts ein.

»Ich sollte ihr etwas erklären«, antwortete statt ihrer Pansy Parkinson.

Malfoy fixierte Pansy. »Tatsächlich? Und was war das?«

»Mu... Muggelkunde«, stotterte sie und wurde rot.

Der Slytherin schnaubte. »Da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen, Granger.«

»Hermine lügt nicht«, brauste Ron auf. »Wenn sie sagt, Parkinson hat sie danach gefragt, dann stimmt das auch.«
Hermine warf Ron einen dankbaren Blick zu, doch der glotzte sie böse an. »Ist doch so, Parkinson, oder?«

Vollkommen irritiert starrte sie in die blauen Augen, die sie bisher immer liebevoll angestrahlt hatten. »Granger lügt ganz gut, finde ich«, brachte sie mühsam hervor und registrierte am Rande die Erleichterung auf Malfoys Gesicht.
»Komm Pansy, wir gehen.«

Da Hermine keine Anstalten machte sich zu rühren, legte ihr der Slytherin kurzerhand den Arm um die Schulter und übte einen sanften Druck aus.

»Draco«, brach es aus Pansy hervor.

Malfoy erstarrte. »Wage es ja nicht, mich mit meinem Vornamen anzusprechen, Granger. Du spuckst meinen Namen doch sonst immer so schön aus, dass sogar Pansy das nachahmt, wenn sie sauer ist. Los zeigst ihr, Pans!«

Pans? Der konnte was erleben. Außerdem machte Hermine das warme Gefühl nervös, das seine Hand an ihrer Schulter auslöste. »Finger weg, Malfoy!«, rief sie und befreite sich energisch aus seinem Arm.

Der Slytherin amüsierte sich tatsächlich. Ron sah irgendwie verwirrt aus, als er nun hinter Pansy trat und sie sanft auf den Scheitel küsste. »Komm Mine, es war ein langer Tag.«

Hermine drehte sich um, schubste Malfoy aus dem Weg und rauschte hinaus. Erst kurz vor den Kerkern hatte der noch immer grinsende Slytherin sie eingeholt. »Sag mal, Pansy« begann er, machte aber keinen Versuch, sie erneut zu berühren. »Was wolltest du wirklich von Granger?«

»Arithmantik.«

»Ah verstehe, in der Tat ein sehr schwieriges Fach. Bist du sicher, dass du dir nicht zuviel zugemutet hast?« So etwas wie Besorgnis lag in seiner Stimme.

»Traust du es mir nicht zu?«

»Mittlerweile traue ich dir einiges zu, Pansy, wenn du schon Kontakt zu so einer suchst.«

»Es diente meinem Vorteil«, antwortete Hermine energisch.

»Schon klar, dass du nicht wegen Grangers schöner Haselnussaugen mit ihr geredet hast.«

»Du findest, sie hat tolle Augen?«, fragte Hermine irritiert. »Und für eine außergewöhnlich Hexe hältst du sie auch noch?«

»Hey, jetzt werde bloß nicht wieder eifersüchtig. Mir reicht das noch von letzter Woche«, sagte er und zog die Nase kraus.

Hermine konnte nicht anders und grinste ihn breit an. »Steht dir echt gut, so eine gekräuselte Nase.«

»Charmant, ich lache später drüber.«

Sie hatten den Eingang zum Gemeinschaftsraum erreicht. »Basilisk«, murmelte Malfoy und die Wand glitt zur Seite.
Bevor Hermine im Schlafsaal verschwinden konnte, hielt der Slytherin sie am Arm zurück. »Pansy, willst du mich am Samstag nach Hogsmeade begleiten?«


Zaubertrank des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt