Der Slug-Club [2/2]

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Sie spürte seine Hand auf ihrer Hüfte, als er ihr den Vortritt durch die Kerkertür ließ. Doch Blaise nahm sie sofort wieder weg, als sie auf dem Gang standen und bot Hermine stattdessen seinen Arm. Sie hakte sich bei ihm unter. Blaise sah gut aus in dem weißen Hemd und dem schwarzen Anzug. Er war intelligent und ein wahrer Freund. Hermine hätte sich den Slytherin auch gut in Gryffindor vorstellen können, wäre da nicht seine Verachtung für Muggelstämmige und Blutsverräter gewesen. Zwar hatte er sie all die Jahre nicht so zur Schau getragen wie Draco, doch Hermine wusste, dass seine Abneigung der seines Freundes in nichts nachstand. Wie der Slytherin wohl reagieren wird, wenn er irgendwann erfährt, mit wem er tatsächlich zu der Party gegangen war?
Schließlich blieb Blaise stehen. Hinter der Tür erschallte Gelächter, gemischt mit Weihnachtsmusik. »Wir sind da«, sagte er überflüssigerweise.Als sie den Raum betraten, herrschte für einen Augenblick Stille, nur Bing Crosby sang »White Christmas« durch den magischen Lautsprecher. Doch sogleich setzte das Gemurmel wieder ein und Professor Slughorn kam auf die Neuankömmlinge zu. »Mr. Zabini, wie aufmerksam von Ihnen, uns Miss Parkinson nicht vorzuenthalten.« Der Lehrer für Zaubertränke lächelte sie an. »Mit Wohlwollen habe ich Ihre Fortschritte in der Braukunst beobachtet, Miss Parkinson und ohnehin schon überlegt, Sie zu einem Treffen einzuladen.«»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Professor, aber jetzt bin ich ja sowieso da.« Hermine verkniff sich gerade noch die Bemerkung, dass es sich für den Rest des Schuljahres nicht mehr lohnen würde, sie aufzunehmen. Das fehlte gerade noch, dass durch sie Pansy in den Genuss dieses Privilegs kam.Hermine ließ ihren Blick über die Anwesenden gleiten. Sie sah Justin Fin-Fletchley von den Huffelpuffs, der Hannah Abbot mitgebracht hatte. Zwei Ravenclaws waren ebenfalls schon da und - Hermines Herz schlug schneller - vier Gryffindors. Harry, Ginny, Ron und Pansy waren in ein Gespräch vertieft und beachteten die beiden Slytherins nicht. Slughorn deutete auf die gedeckte Tafel. »Bitte, nehmen Sie doch alle Platz. Es fehlen nur noch ...«Ein Klopfen unterbrach seine Rede. Die Tür öffnete sich und herein kam Cormac McLaggan mit Parvati Patil. Er bedachte den Professor mit einem überheblichen Lächeln, das sich noch ein wenig vertiefte, als seine Augen kurz zu Pansy schweiften, die Ron gerade etwas ins Ohr flüsterte. Dann hatte sein Blick Hermine erfasst. Seine Augen weiten sich ein wenig und sein Lächeln sah plötzlich offen aus. Hermine wandte den Kopf ab. Das durfte doch nicht wahr sein, selbst als Pansy Parkinson war sie vor dem Kerl nicht sicher. Nicht richtig, korrigierte sie sich sofort. Hermine Granger hatte er tatsächlich abgeschrieben, wie seine Reaktion bewies.Professor Slughorn bat nochmals zu Tisch. »Bitte Mann und Frau abwechselnd.«McLaggan richtete es so ein, dass er neben Hermine saß. Sie warf ihm einen bösen Blick zu und rückte instinktiv ein Stück näher an Blaise heran. Es amüsierte sie ein wenig, dass Blaise Pansy gegenüber saß. Leider hatte sich Ron auf ihre andere Seite gesetzt, sodass Hermine sich nun Harry gegenüber sah. Sie deutete ein winziges Lächeln an, das er geflissentlich übersah, um sich sofort weiter mit Ginny zu unterhalten, die ebenfalls tat, als wäre die falsche Slytherin gar nicht vorhanden.
Während des Essens bestritt Professor Slughorn einen großen Teil der Unterhaltung. Hermine sah immer wieder zu Ron hin, dessen Augen verliebt auf seiner Freundin ruhten. Es waren diese Blicke und die flüchtigen Berührungen, die Hermine auf die Palme brachten. Mal streichelte Ron zärtlich über Pansys Hand, mal rieb er ihren Rücken. Einmal drückte er ihr sogar einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Hermine kochte.
»... Miss Parkinson?«Erst als Pansy sie böse ansah, merkte Hermine, dass der Professor mit ihr gesprochen hatte.»Entschuldigung Sir, würden Sie Ihre Frage bitte noch einmal wiederholen?«»Ich habe gefragt, was Ihre Eltern beruflich machen, Miss Parkinson.«»Ach so, ja, beruflich.« Hermine warf Pansy einen hilflosen Blick zu. Doch die Slytherin schien bemüht, sich ein Grinsen zu verkneifen und tat nichts, um Hermine aus der Klemme zu helfen. Auch gut, sie würde schon sehen, was sie davon hatte.
»Nun, was machen Todesser schon, wenn ihr Idol verstorben ist? Sie warten auf ein anderes und triezen dabei ihre Mitmenschen, bis eines Tages ein neuer Lord Voldemort aufersteht, dem sie sich anschließen können.«Blaise verschluckte sich an seinem Butterbier. Das war das einzige Geräusch neben der Musik, was im Raum zu hören war. Professor Slughorn fasste sich als erster. »Nun ja, sehr interessant. Dann wollen wir hoffen, dass sie noch eine Weile warten müssen, denn unser Harry hier, hat bestimmt keine Lust wieder so schnell in den Krieg zu ziehen.«»Du hast seinen Namen ausgesprochen«, flüsterte Blaise Hermine zu.
»Na und? Tun die doch auch«, antwortete sie und deutete mit dem Kopf auf die Gryffindors.
Sie hörte wie Ginny Harry zuwisperte: »So eine Antwort hätte ich eher unserer Hermine zugetraut – früher jedenfalls.«Pansy starrte auf ihre Finger. Ihre Kiefermuskeln waren angespannt. Nicht nur, dass Hermine ihre Eltern der Lächerlichkeit Preis gegeben hatte, sie hatte damit auch alle Aussicht zunichte gemacht, dass Professor Slughorn Pansy je in den Slugclub aufnehmen würde.
Hermine war außerordentlich zufrieden mit sich. Damit hatte die falsche Schlange wohl nicht gerechnet. Selbst schuld, sie hätte Hermine schließlich einen Tipp geben können.»Du bist so gemein«, zischte Pansy ihr plötzlich zu. »So etwas sagt man nicht über seine Eltern.«»Da hat sie Recht, Parkinson, auch wenn das in deinem Fall wahrscheinlich ausnahmsweise einmal die Wahrheit war«, mischte sich Ron ein.
»Halt dich da raus! Wie ich über sie rede geht dich gar nichts an. Sie sind bestimmt nicht so warmherzig wie deine.«»Über meine Eltern weißt du rein gar nichts, Parkinson«, sagte Ron und seine Ohren wurden rot.
Hermine deutete mit dem Finger auf Pansy. »Sie müssen schon ziemlich weichherzig sein, wenn sie selbst so eine wie die da akzeptieren. Nichts im Kopf und noch dazu nicht viel Geld ist keine vorteilhafte Mischung.«Ron sprang auf. »Wage es nicht, meine Eltern zu beleidigen.«Hermine stutzte. »Ich habe doch gar nicht von ihnen gesprochen, sondern von Granger.«Ron setzte sich wieder und schnaubte: »Die hohle Nuss bist wohl eher du, Parkinson. Hermine ist schlauer als alle anderen zusammen.«»Findest du nicht, dass sie in letzter Zeit stark nachgelassen hat?«, fragte Hermine mit einem boshaften Grinsen.
»Nein, überhaupt nicht. Sie hat nur weniger Zeit, weil ich sie so häufig vom Lernen abhalte, nicht wahr Minchen?«Zu allem Überfluss drückte er Pansy, deren dankbarer Blick auf ihm ruhte, auch noch einen Kuss auf die Lippen.
Am Rande registrierte Hermine ein leises kollektives Stöhnen aus Richtung Harry und Ginny. »Du liegst ja so was von daneben, Weasley«, fauchte Hermine und wunderte sich selbst, wie flüssig ihr der Nachname über die Lippen kam. Ron hatte ein einziges Mal versucht, sie »Minchen« zu nennen und aufgrund ihrer Reaktion versprochen, es nie wieder zu tun. Offenbar fand Pansy die Anrede toll. Sie strahlte Ron ebenso blöd an, wie Lavender Brown es seinerzeit getan hatte.»Miss Parkinson, Mr. Weasley, wir sind doch hier, um einen schönen Abend miteinander zu verbringen«, meldete sich Professor Slughorn zu Wort.»Oh, ich hatte bisher viel Spaß«, log Hermine. In Wahrheit fühlte sie sich miserabel. Ron liebte seine vermeintliche Freundin offenbar so, wie sie war, ob bewusst oder unbewusst.»In einem hat Parkinson allerdings Recht«, sagte nun McLaggan. »Hermine, deine schulischen Leistungen sind wirklich schlecht und im Gegensatz zu deinem Freund glaube ich nicht, dass es an eurer ständigen Rumknutscherei liegt. Wenn du mich fragst, dann hast du es einfach nicht mehr drauf.«»Dich fragt aber keiner, McLaggan«, fuhr Hermine sogleich auf, ehe Pansy etwas dazu sagen konnte. »Du bist doch nur sauer, weil du nicht bei ihr landen konntest.«McLaggan sah sie nachdenklich an. »Vielleicht sollte ich es mal bei dir versuchen. Im Gegensatz zu Hermine hast du dich nämlich gut entwickelt.«»Vergiss das lieber gleich. Was Männer angeht, haben Granger und ich einen ähnlichen Geschmack.«»Willst du mir damit sagen, du würdest auch am liebsten mit Weasley knutschen?« Der Gryffindor grinste von einem Ohr zum anderen und Hermine spürte wie sie errötete.»Nee, den kann sie behalten. Ich stehe ohnehin nicht auf Rothaarige«, log sie.»Jetzt wird's interessant. Magst du vielleicht lieber blond?«»Zum Beispiel«, fauchte Hermine und ihr wurde erst jetzt klar, dass McLaggan offenbar von sich gesprochen hatte. Schnell versuchte sie ihren Fehler wieder gut zu machen. »Aber nicht auf so ein schmutziges aschblond, wie du es hast.«»Es muss schon silberblond sein, nicht wahr, Pansy?«, feixte Blaise.Hermine zuckte hilflos mit den Achseln und begann, mit ihrem Löffel auf den Nachtisch einzustechen, der aus Vanillepudding mit roter Grütze bestand. Egal was sie jetzt sagen würde, es würde die Sache nur verschlimmern. Wie sollte sie aus der Nummer nur wieder herauskommen?»Nun Zabini, dann hast du wohl auch Pech. Warum nur ist Parkinson dann hier mit dir aufgetaucht, wenn du anscheinend keine Chance bei ihr hast?«, bohrte McLaggan weiter.
»Ich wäre euch dankbar, wenn ihr nicht so tun würdet, als wäre ich nicht da«, sagte Hermine scharf.
»Was sollen wir denn machen? Von dir bekommen wir ganz sicher keine Antwort, oder etwa doch Parkinson?«»Saug dir was aus deinen Fingern McLaggan, das kannst du doch so gut. Aber ich kann dir einen Tipp geben. Ich wollte einfach mal sehen, ob das Essen hier besser schmeckt als am Slytherintisch. Um die Frage vorweg zu beantworten: nein, tut es nicht und die Gesellschaft ist auch nicht so angenehm.«»Schon klar, vor allem die hellblonde fehlt dir, was?« McLaggan lachte meckernd.Hermine stieß den Löffel mitten in die Grütze und sprang auf. »Tut mir Leid, Professor. Ich bin heute nicht gut gelaunt. Bleib sitzen, Blaise. Den Weg zurück finde ich allein.« Hermine rauschte hinaus und holte im Gang erst einmal tief Luft. Was war denn nur in sie gefahren? Noch nie hatte sie sich so unmöglich verhalten. Hoffentlich hatte sie Blaise nicht allzu sehr blamiert. Was die anderen jetzt von Pansy Parkinson dachten, war ihr ohnehin egal.Hermine war noch nicht weit den Korridor entlang gegangen, als sie schnelle Schritte hinter sich hörte. Sie wandte den Kopf, blieb stehen und wartete, bis Blaise Zabini sie eingeholt hatte.

Zaubertrank des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt