Erneut in Malfoy Manor
Hermine keuchte auf. Er lebte, er war gekommen. Ihr Herz trommelte ein Stakkato. Sie war nicht fähig sich zu rühren. Ron und Harry sahen sich an. »Er ist doch nicht wegen Pansy gekommen, oder?«
»Ihr seid so dämlich«, fauchte Ginny und stand auf. Sie ging zur Garderobe und holte einen Mantel.
»Er ist deinetwegen hier?«, riefen Harry und Ron gleichzeitig.
Ginny murmelte etwas, was sich stark nach »Vollpfosten, einer wie der andere« anhörte, beachtete die beiden aber nicht weiter und baute sich stattdessen vor Hermine auf. »Was ist? Worauf wartest du noch? Glaubst du im Ernst er klingelt? Los jetzt, nimm den Mantel. Draußen ist es heute verdammt stürmisch.«
Wortlos stand Hermine auf und zog den Mantel an.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Ron verwirrt.
»Ist ja nichts Neues, Brüderchen«, feixte Ginny.
Molly Weasley trat auf Hermine zu. In ihrem Blick mischten sich Erkenntnis und Besorgnis. Fürsorglich zog sie die junge Gryffindor in ihre Arme. »Ich denke, du weißt, was du tust. Offenbar hat der Malfoy-Spross die gleichen Gefühle für seine Rollentauschpartnerin entwickelt wie Ron, sonst wäre er nicht hier.«
Hermine nickte lediglich und sagte leise: »Hoffentlich hat er die Hindernisse aus dem Weg räumen können und ich komme nicht wieder. Ich benachrichtige euch auf jeden Fall.«
Auch Ginny umarmte Hermine kräftig. »Ich wünsche dir viel Glück und jetzt geh endlich, ehe er es sich anders überlegt und doch noch klingeln muss.«
Hermine sah Harry fragend an. Der schien plötzlich zu verstehen. Für einen Moment verdüsterte sich sein Blick, dann zuckte er mit den Achseln und nickte. Arthur Weasley sah im ersten Moment ein wenig erschrocken aus, allerdings begann er einen Augenblick später zu grinsen. Nur Rons Gesicht war immer noch von Ratlosigkeit gezeichnet.
»Danke für alles«, sagte Hermine und ging zur Haustür. Sie fragte sich, ob Draco wirklich da war um sie abzuholen, oder sie nach zwei Minuten wieder im Fuchsbau stehen würde. Beklommen öffnete sie die Tür und trat über die Schwelle.
Dort stand er, in einen schwarzen Reisemantel gehüllt, den Kragen hochgeschlagen und die Hände in den Taschen vergraben. Er erblickte sie sofort, zog seine Hände aus dem Mantel und streckte sie ihr entgegen.
Hermine schritt auf ihn zu. Seine Augen glänzten, aber nicht mehr fiebrig, sondern strahlend. Als sie ihn erreicht hatte, ergriff er ihre Fingerspitzen.
»Ich bin gekommen, um dich mitzunehmen.«
»Wohin?«, fragte Hermine zitternd.
»Dorthin, wo du hingehörst. Vertraust du mir?«
Hermine nickte. Sie verschränkten ihre Hände miteinander. Sofort spürte die Gryffindor das vertraute Ziehen in der Magengegend und sie begannen sich zu drehen.
Wenige Augenblicke später standen sie wieder einmal vor der Freitreppe von Malfoy Manor. Instinktiv rückte Hermine näher an Draco heran. »Du bringst mich zu deinen Eltern?«
»Ich bin endlich gesprungen.«
»Letzte Nacht«, flüsterte sie.
»Ja, und ich habe zeitweise geglaubt zu ertrinken, aber letztendlich haben sie eingewilligt. Komm jetzt, sie erwarten dich.« Draco fasste ihre Hand und führte sie in das Haus. Corky eilte herbei und nahm ihnen die Mäntel ab, wobei sie Hermine verblüfft ansah.
»Danke Corky, sehr liebenswürdig«, lächelte sie und die Tennisballaugen der Elfe weiteten sich auf Tellergröße.
Draco legte ihr den Arm um die Schultern und schob sie in den Salon. Wie bei der ersten Begegnung als Pansy saßen seine Eltern in den Sesseln. Beide erhoben sich. Dracos Mutter trat einen halben Schritt auf die Gryffindor zu, während sein Vater es vorzog, sich an den Kaminsims zu lehnen und die Arme vor der Brust zu verschränken. Narzissa zeigte ein gequältes Lächeln und Lucius Gesicht wirkte versteinert.
Hermine erbebte und Dracos Arm zog sie ein wenig näher an sich. »Ich habe euch gesagt, sie liebt mich und wird mir folgen. Ist das nun für euch Beweis genug?«
Narzissa nickte und kam näher. »Miss Granger«, begann sie.
»Hermine«, korrigierte die Gryffindor automatisch.
»Du bist nicht gerade das, was wir uns unter einer Traumschwiegertochter vorgestellt haben. Doch dir ist es gelungen, das Strahlen in Dracos Augen zurück zu holen. Wir haben gesehen, wie er gelitten hat. Er erzählte uns, dass du es warst, in die er sich verliebte, dass du uns Weihnachten so bezaubert hast und dass du die Wahrheit nicht verraten durftest. Ich stelle dir nur eine Frage: Liebst du meinen Sohn, wie er dich liebt?«
»Ja.«
Narzissa kniff die Lippen zusammen. »Mir ist schon am Bahnhof aufgefallen, wie traurig und blass du aussahst. Natürlich habe ich das auf die Tatsache geschoben, dass du deinen Freund verloren hast. Ich kann es immer noch nicht fassen. Wir haben dich als Pansy wirklich ganz reizend gefunden.«
»Ich mochte Sie auch. Durch den Rollentausch hatte ich unverhofft die Gelegenheit, Sie auf eine Art und Weise kennenzulernen, die mir als Hermine niemals möglich gewesen wäre. Ich habe hinter Ihre Masken blicken können und die Menschen die zum Vorschein kamen gefielen mir sehr.«
Narzissas Lächeln wirkte um einiges freundlicher. »Du bist intelligent, du wirst einsehen, dass wir dich nur Draco zuliebe akzeptieren.«
Hermine erwiderte es. »Sie wissen, dass es mir genau so geht. Ich nehme mal an, Draco hat ihnen erzählt, wie ich mich gegen meine aufkommenden Gefühle für ihn gewehrt habe. Glauben Sie nicht, es war einfach für mich, dieses Haus zu betreten, in dem ich einst gefoltert wurde.«
Narzissa senkte den Blick. »Das ist uns bekannt«, sagte sie leise. »Deshalb glauben wir ja auch, dass du unseren Sohn wirklich liebst und dich nicht an uns rächen willst. Zumindest bist du das erste Mädchen, das sich weder etwas aus unserem Vermögen, noch unserem Ansehen macht.«
Lucius Malfoy stieß sich vom Kamin ab und trat näher. »Das mit dem Ansehen hat sich wohl ohnehin erledigt«, sagte er.
»Lucius«, sagte Narzissa scharf. »Darüber hatten wir bereits gesprochen und wir sind zu einem anderen Ergebnis gekommen.«
»Ich werde heute Abend nach London reisen. Dann werden wir sehen, ob eure Vermutung der Wahrheit entspricht.«
Hermine sah Draco fragend an. Doch er reagierte nicht darauf und sagte stattdessen: »Wir müssen die Weasleys darüber informieren, dass Hermine den Rest der Ferien bei uns verbringt. So, wie die sich die Nasen an den Fensterscheiben plattgedrückt haben, sind sie sehr besorgt. Ich gehe jetzt mit Hermine nach oben. Sie muss eine Nachricht schreiben.«
Narzissa nickte und Draco führte sie aus dem Zimmer. Er geleitete sie in den Raum, den sie schon in den Weihnachtsferien bewohnt hatte. Aufatmend ließ sie sich in den Sessel fallen. Draco nahm ihr gegenüber Platz und sah sie mit großen Augen an. »Du bist da, du bist tatsächlich hier bei mir«, sagte er leise.
Er schnippte mit seinem Zauberstab und Pergament und Feder kamen herbeigeschwebt. Draco packte die Sachen und schob sie auf dem Tisch zu ihr hin. »Schreib ihnen, dass du bei mir bist und auch bleibst.«
»Ich brauche meinen Koffer«, sagte Hermine. »Was meinst du, soll ich Ginny bitten, ihn zu packen? Doch wie komme ich an ihn heran?«
Draco beschrieb Hermine einen Platz in der Nähe, der am Waldrand lag. »Lass sie dahin apparieren. Wir treffen uns dort.«
Die Gryffindor schrieb einige Zeilen auf das Pergament. Draco öffnete das Fenster und pfiff. Eine halbe Minute später landete ein Waldkauz auf dem Fensterbrett. Der Slytherin band die Nachricht ans Bein des Vogels und sah ihm nach, wie er davonflog.
Hermine stand auf und stellte sich hinter ihn. »Draco?«
Er wandte sich um und sah auf sie hinab. Dann riss er sie in seine Arme und drückte sie so fest an sich, dass Hermine den Eindruck hatte, ihre Rippen würden krachen. Er versenkte sein Gesicht in ihrer Halsbeuge. So standen sie eine kleine Weile zusammen und genossen die Nähe des jeweils anderen. Schließlich forderte Hermine Draco auf: »Küss mich endlich.«
Sogleich legte er seine Lippen auf ihre. Zunächst waren sie sanft und zärtlich, dann fordernder und schließlich versanken sie in einem leidenschaftlichen Kuss aus dem sie sich erst lange später schwer atmend lösten.
»Wie hast du deine Eltern überzeugen können«, fragte Hermine neugierig.
Draco zog sie zum Bett. Er legte sich neben sie, drehte sich auf die Seite und stützte seinen Kopf in die Hand. »Schon am ersten Abend habe ich ihnen von dem Rollentausch erzählt«, begann er. »Vater war außer sich, doch ich konnte ihn davon überzeugen, dass dich keine Schuld traf. Ich erklärte ihnen, dass ich es war, der dich zu dem Besuch hier überredet hatte und du eigentlich nicht wolltest. Du hast dich gewehrt, mich gewarnt, wieder und wieder, doch ich wollte nicht hören. Ich habe dich umworben, bis du schließlich nachgegeben hast und mich zum glücklichsten Menschen machtest. Zunächst glaubte mein Vater, es wäre nur Berechnung gewesen, doch Mutter hatte dich gesehen und wusste, dass du genauso unter unserer Trennung gelitten hast wie ich.«
Draco machte eine kleine Pause. »Mein Sohn, ein Blutsverräter, hatte mein Vater immer wieder gesagt. Er verstand nicht, weshalb ich jetzt, wo ich doch wusste, wer du in Wirklichkeit warst, dir weiterhin nachtrauerte. Er hat mir schlichtweg untersagt, auch nur an dich zu denken.« Der Slytherin schnaubte. »Wie sollte das gehen? Ich habe dich überall gesehen. Egal, wo ich mich im Hause aufhielt, du warst schon einmal da gewesen. Hast du eine Ahnung, wie oft ich hier in diesem Zimmer vor dem Kleiderschrank stand und das Kleid von Madame Chantal an mich gedrückt habe? Vater schlug den Vergessenstrank vor, doch Mutter war dagegen. Zu gefährlich, sagte sie, wegen der Gefahr der Abhängigkeit. Und ich wollte dich doch auch nicht vergessen und damit die schönste Zeit meines Lebens.«
Draco stockte erneut und Hermine strich ihm zärtlich durch das Haar. »Warst du am Fuchsbau?«, fragte sie leise.
Draco nickte. »Fast jeden Tag. Das einzig Nützliche was ich letztes Jahr von den Geschwister Corrows gelernt hatte, war der Desilliusionierungszauber. Ich hoffte so sehr dich zu sehen, und doch hatte ich Angst davor. Gestern Abend habe ich es fast nicht mehr ausgehalten, dich am Fenster sitzen zu sehen. Es war beinahe, als würdest du auf mich warten, so nah und doch so fern.«
Draco schluckte und seine Augen schimmerten feucht. »Als du dein Haar öffnetest, erkannte ich endlich, ich bin dir hoffnungslos verfallen. Entweder du oder keine. Es konnte nicht mehr so weiter gehen, ich musste endlich meinen Eltern die volle Wahrheit sagen. Nachdem du das Fenster geschlossen hattest, wusste ich, entweder halte ich dich das nächste Mal in meinen Armen, oder ich sehe dich nie wieder.«
»Was hast du getan?«
»Ich habe meine Eltern vor die Wahl gestellt. Sie sollten sich entscheiden, ob sie lieber einen lebenden Blutsverräter oder einen toten Reinblüter zum Sohn haben wollten.«
»Draco!«, rief Hermine erschrocken.
»Was? Das Leben macht ohne dich für mich keinen Sinn mehr. Meine Mutter war entsetzt und hat sich sofort für mein Leben entschieden. Vater zögerte, bis ich ihm sagte, sie hätten es nur dir zu verdanken, dass ich noch lebe. Ich wäre mit dir vom Turm gesprungen Hermine, wenn du es gewollt hättest. Dann hätte er einen toten Blutsverräter als Sohn gehabt. Mutter redete auf ihn ein und brachte als weiteres Argument, in Zaubererkreisen würden wir sogar noch an Ansehen gewinnen. Es gilt derzeit als chic, sich mit Muggelstämmigen zu vermischen. Lange Rede kurzer Sinn, auch Vater gab sein Einverständnis, sofern du sofort mit mir nach Malfoy Manor zurückkehren würdest. Also habe ich dich geholt.«
»Oh, Draco. Ich habe dich so sehr vermisst. Aber du verlangst doch hoffentlich nicht, dass ich meine Freunde für dich aufgebe.«
»Nein, das erwarte ich nicht. Doch es wäre schön, wenn sie nicht ständig hier auftauchen würden.«
Hermine kicherte und auch Draco grinste. »Da sehe ich keine Gefahr.«
Der Waldkauz flog durch das immer noch geöffnete Fenster herein, ließ einen Brief auf Hermine fallen und verschwand sofort wieder. Die Gryffindor richtete sich auf und öffnete ihn. »Ginny will um fünf Uhr mit dem Koffer am Treffpunkt sein.«
Draco warf einen Blick auf die Uhr. »Das ist ja schon gleich.«
Sie verließen das Zimmer, zogen ihre Mäntel an und disapparierten. Zwei Minuten später stürzte Ginny samt Koffer vor ihre Füße. »Hallo zusammen«, keuchte sie und rappelte sich schnaufend auf. »Ich habe es wohl mit den Büchern ein wenig übertrieben. Dein Koffer ist verdammt schwer, Hermine.«
Dann ging sie auf ihre Freundin zu und umarmte sie ganz fest. »Ist wirklich alles in Ordnung mit dir?«
Hermine nickte strahlend: »Alles bestens.«
Ginny sah Draco an und streckte die Hand aus. »Mach sie glücklich, ja?«
Draco ergriff ihre Rechte und schüttelte sie kurz. »Ich werde sie hüten, wie meinen Augapfel, Weasley.«
»Ihr Name ist Ginny, Draco«, unterbrach Hermine sofort.
»Werde ich mir merken«, brummte er.
»Dann merk dir noch was, Malf... Draco. Solltest du ihr jemals etwas zu Leide tun, würdest du dir wünschen nie geboren zu sein.«
»Ich hab's kapiert.«
Ginny nickte zum Zeichen, dass sie ihm glaubte. Dann wandte sie sich an Hermine. »Für Harry ist das o.k. Ich meine, er macht nicht gerade Freudensprünge, aber er kommt damit klar, solange Draco dich gut behandelt. Ron fürchte ich, hat es immer noch nicht ganz geschnallt. Aber das ist ja nichts Neues. Was er allerdings direkt verstanden hat ist, dass die Parkinson nun bei uns übernachten kann. Doch ich fürchte, meine Eltern sind strikt dagegen, dass Harry und sie die Zimmer tauschen.«
Draco konnte ein schadenfrohes Grinsen nicht unterdrücken und zog sofort Ginnys Zorn auf sich. »Was denn?«, fauchte sie. »Erlauben deine Eltern etwa, dass Hermine bei dir schläft?«
»Ich frage sie erst gar nicht. Außerdem haben wir genug Platz, Hermine offiziell ein eigenes Zimmer zuzuweisen. Aber natürlich wird sie die heutige Nacht bei mir verbringen.«
»Nein, ich bin jetzt nicht neidisch«, sagte Ginny mehr zu sich selbst, während Hermine das Blut ins Gesicht schoss. Sie umarmte ihre Freundin noch einmal zum Abschied. »Wir sehen uns auf dem Bahnsteig. Macht's gut, ihr zwei.« Dann drehte sie sich und war kurz darauf verschwunden. Hermine brachte mit einem »Locomoter Koffer« diesen zum Schweben. Dann disapparierten sie ebenfalls.
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Zaubertrank des Schicksals
FanficNach dem Krieg sind etliche Schülerinnen und Schüler nach Hogwarts zurückgekehrt. Professor Snape fordert das Brauen eines perfekten Verwechslungstrankes. Hermine Granger muss mit Pansy Parkinson zusammen arbeiten. Es kommt zum Streit und als sich d...