Noch ehe sich die beiden von ihrem Schrecken erholt hatten, zog Blaise die Tür hinter sich zu und verriegelte sie mit einem Zauberspruch. Sie saßen in der Falle, gemeinsam gefangen in einem Raum unterhalb des schwarzen Sees ohne Aussicht auf Entkommen.
Hermine setzte sich sogleich auf und rutschte auf die äußerste Kante des Bettes. Sie lehnte sich gegen die Stange, die den Baldachin stützte und starrte auf die Tür. Draco räusperte sich und schob sich neben sie, ohne sie zu berühren. »Ich glaube nicht, dass wir hier rauskommen indem wir die Wand ansehen.«
Hermine drehte den Kopf und sah ihn an. »Was hat Blaise eigentlich?«
»Er sagte, wir müssen uns wieder vertragen, damit der Zusammenhalt des gesamten Hauses nicht gefährdet wird.«
»Was haben wir denn damit zu tun?«
Draco grinste schief. »Wir waren einmal das Traumpaar von Slytherin.«
Hermine zuckte mit der Schulter und meinte lapidar: »Jeder Traum geht einmal zu Ende.«
Draco wirkte plötzlich traurig. Schnell setzte Hermine hinzu: »Auch der schönste.«
Seine hellen Augen ruhten warm auf ihrem Gesicht. Vorsichtig tastete seine Hand nach der ihren. Seine Finger umschlossen sie, während der Daumen sanft darüber strich.
Hermine zuckte sofort zurück, zwang sich aber, ihre Hand in der seinen zu belassen. Sie musste zugeben, es fühlte sich gut an - zu gut.
Draco biss sich auf die Lippen, ließ ihre Hand aus der seinen gleiten und murmelte: »Siehst du, das ist es, was Blaise nicht verstehen will. Du kannst meine Berührung nicht ertragen.«
»Nein, daran liegt es nicht«, sagte Hermine ein wenig zu hastig.
Sein Interesse war echt. »Was ist es dann, Pansy? Du hast mich doch einmal geliebt. Habe ich dich so verletzt?«
Was sollte sie bloß tun? »Warum hast du mit mir Schluss gemacht?«, fragte sie ins Blaue hinein.
Draco seufzte leise. »Habe ich es dir noch nicht oft genug erklärt? Du willst es nicht verstehen.«
»Doch, diesmal schon, weil ich dir aufmerksam zuhören werde.«
Den blonden Slytherin durchlief ein Schauder, bevor er begann. »Wie du mittlerweile weißt, hatte der Dunkle Lord mich damit beauftragt, einen Weg zu finden, die Todesser nach Hogwarts einzuschleusen. Ich musste mich voll auf diese schwierige Aufgabe konzentrieren. Für dich war kein Raum mehr in meinem Leben. Es war zu gefährlich geworden. Wenn ich versagt hätte, hätte er mich getötet. Wärst du dann noch meine Freundin gewesen, hätte er dich in seinem Zorn möglicherweise ebenfalls umgebracht.« Draco stockte.
Hermine sah wieder zur Tür. »Gut, du hast mich also vor ihm schützen wollen und warum hast du nach seinem Tod nicht wieder versucht, mit mir zusammen zu kommen?«
»Habe ich doch, Pansy«, widersprach er eindringlich. »Seit Wochen hoffe ich, dir wieder näher zu kommen, doch du ignorierst meine Bemühungen, warum?«
Hatte Draco wirklich seit Beginn des Schuljahres Pansy umworben? Weshalb hatte die Slytherin dann nicht schon längst darauf reagiert? Ob sie es nicht bemerkt hatte? »Ich vertraue dir nicht mehr«, stotterte Hermine. »Es hat so weh getan, von dir zurückgestoßen zu werden. Das will ich nicht noch einmal erleben.«
Draco nahm erneut ihre Hand, die merkwürdig zu kribbeln begann. »Ich will dich nicht verletzen, Pansy, niemals.« Er rückte ein Stück näher und ihre Knie berührten sich. Ganz langsam hob er eine Hand und legte sie auf ihre Wange.
»Draco«, war alles, was Hermine herausbrachte.
Seine Hand wanderte auf ihren Hinterkopf und zog sie näher zu sich. Hermine schloss die Augen. Sie konnte doch nicht zulassen, dass er sie küsste. Irgendwann würde er sie dafür umbringen. Doch dann tauchte das Bild auf, wie Ron sich leidenschaftlich an Pansy gedrückt hatte.
Dracos Zunge leckte fragend über ihre Lippen. Hermine gab nach. Im nächsten Augenblick hatte er sie rücklings auf das Bett geworfen. Begierig küsste er sie, eroberte hungrig ihren Mund. Sein Gewicht lag halb auf ihr, seine Hände schienen überall gleichzeitig auf ihrem Körper zu sein.
Hermine ließ ihre Finger durch das seidige blonde Haar gleiten. Sie stöhnte leise und bog den Rücken durch. Das war nicht richtig, sie musste ihn aufhalten, durfte ihm nicht noch mehr Freiheiten gestatten. Doch irgendetwas schien mit ihrem Körper nicht zu stimmen. Er signalisierte Hermine Wohlbehagen, Zufriedenheit und es baute sich etwas in ihr auf, das sie mit Schrecken als Erregung erkannte.
»Oh Pansy«, seufzte Draco. Sein Mund wanderte zunächst über ihren Hals und dann wieder aufwärts zu ihrem Ohr. Dort angekommen, bohrte er seine Zunge tief in ihren Gehörhang.
Das brachte Hermine wieder zur Besinnung. Sie kicherte haltlos, zog die Schultern hoch und drückte mit beiden Händen gegen seine Brust. »Lass das, Draco, das kitzelt.«
Er sah verwirrt auf sie hinunter. Eine Strähne fiel ihm in die Stirn. Beinahe hätte Hermine ihn erneut auf sich hinabgezogen. »Aber, das mochtest du doch immer besonders gern.«
»Mag sein, aber heute bringt es mich zum Lachen.« Hermine richtete sich auf und blickte den Slytherin ernst an. »Was willst du wirklich von mir?«
»Ich will wieder mit dir zusammen sein.«
Hermine schwieg.
»Hey, ich werde nicht darum betteln, falls du es darauf anlegst«, fuhr er leicht ungeduldig fort.
»Bitte Draco, lass mir noch etwas Zeit, ja?«
»Warum?«
»Du hast dich verändert nach der Sache mit Voldemort und ...«
Der Slytherin prallte zurück. »Du wagst es, ihn beim Namen zu nennen?«
»Nun ja, er ist tot, nicht wahr? Er kann uns nichts mehr tun.«
»Trotzdem«, sagte Draco leise und Hermine sah, wie er erneut zu zittern begann.
Sie streichelte sanft über seinen Arm. »Ich werde es nicht wieder tun. Vielleicht wollte ich dir damit nur beweisen, dass ich auch mutig sein kann«, versuchte sie sich rauszureden.
»Das habe ich schon bemerkt. Nicht, dass der Sprechende Hut dich in das falsche Haus gesteckt hat«, versuchte er zu scherzen.
»Nein, hat er nicht«, sagte Hermine, dachte an Gryffindor und spürte, wie traurig sie klang. »Ich will auch wieder mit dir zusammen sein, Draco, aber noch nicht so bald und mit allen Konsequenzen.«
»Ich werde dir beweisen, dass ich dein Vertrauen verdiene. Gib mir die Chance mich wieder näher kennen zu lernen.«
Was blieb Hermine anderes übrig, als hilflos zu nicken? Vielleicht würde sich Pansy sogar über diese Entwicklung freuen, was der Gryffindor merkwürdigerweise einen plötzlichen Stich versetzte.
Draco beugte sich vor und küsste Hermine behutsam auf die Wange. »Freunde?«, fragte er zaghaft.
»Auf jeden Fall.«
»Liebende?«
»Möglich, irgendwann.«
»Wahrscheinlich?«
»Sieht ganz danach aus«, antwortete Hermine und fragte sich, ob sie dieses Spiel wegen ihrer Rolle oder für sich selbst spielte.
Draco lächelte und zeigte sein Grübchen. »Ich werde warten – vermutlich.«
Er stand auf und klopfte an die Tür. »Blaise, mach auf, wir haben uns ausgesprochen. Es ist alles wieder in Butter.«
Die Tür öffnete sich und Blaise stand grinsend im Rahmen. Hermine hatte den Eindruck, als würde er Draco verschwörerisch zuzwinkern, aber im Schein des grünen Lichtes konnte sie sich auch getäuscht haben.
Als drei Tage später ein Schwarm von Posteulen durch die große Halle schwirrte, löste sich eine aus dem Pulk und landete genau vor Hermine. Vorsichtig löste sie die am Bein befestigte Nachricht. Doch noch ehe sie den Vogel belohnen konnte, hüpfte dieser weiter zu Draco, der Hermine schräg gegenüber saß, und rieb seinen Kopf an dessen Wange.
Die junge Frau wunderte sich, doch sie ahnte schon, weshalb Draco das Tier kannte. Ihre Vermutung wurde zur Gewissheit, als sie den Brief öffnete. Er war aus Malfoy Manor. Lucius und Narzissa Malfoy luden Pansy ganz herzlich ein, die Weihnachtsferien in ihrem Haus zu verbringen.
Hermine warf Draco einen Blick zu, doch der war ganz damit beschäftigt, die Waldohreule mit Erdnüssen zu füttern. »Du hast doch etwas damit zu tun«, zischte sie in seine Richtung.
Draco hob unschuldig den Kopf. »Ich wollte dir nur helfen, dein Versprechen einzulösen.«
Hermine musste ihn verständnislos angeschaut haben, denn er fuhr erklärend fort: »Mich näher kennen zu lernen.«
Die Gryffindor biss sich auf die Lippen. Da hatte sie sich ja eine schöne Suppe eingebrockt. Weihnachten mit den Malfoys verbringen, fabelhaft. Nach Rückkehr in ihren eigenen Körper musste sie sich dann nicht nur vor Dracos Rache fürchten, sondern vor der ganzen Familie.
Plötzlich rückte ein anderes Problem in den Vordergrund. Was sollte sie ihnen schenken? Mr. Malfoy würde bestimmt ein blödes Gesicht machen, wenn er ein Muggelartefakt bekäme und seine Frau vielleicht bei einem Buch mit dem Titel: Wie schaffe ich es, meine Mitmenschen höflich zu behandeln?
Hermine musste unwillkürlich grinsen. Sofort hörte Draco mit der Vogelfütterung auf und beugte sich zu ihr hinüber. »Ich bin erleichtert, dass du dich über die Einladung meiner Eltern freust. Nach meinen bisherigen Erfahrungen hatte ich schon befürchtet, du würdest mir eine Szene machen.«
Das brachte Hermine auf eine Idee. Wenn sie sich als Pansy unmöglich benahm, würden die Malfoys Draco wahrscheinlich jeden weiteren Umgang mit ihr untersagen. Großartig, mit den Geschenken würde sie anfangen, es durfte allerdings nicht zu offensichtlich sein. Hermine fühlte, wie ihre anfängliche Angst vor seinen Eltern langsam wich. Als Pansy konnte sie sich getrost ins Manor wagen.
»Welches ist die Lieblingsfarbe deiner Mutter?«, fragte sie Draco scheinheilig.
»Grün natürlich.«
»Klar, dumme Frage. Und was würdest du deinem Vater schenken, oder auch nicht?«
»Mein Vater steht auf gute Schulnoten.«
»Damit kann ich zwar dienen, aber meine interessieren ihn sicherlich weniger.«
»Schenk ihm bloß nicht wieder ein Buch, wie das letzte Mal und ehrlich gesagt, mag meine Mutter auch keine Pralinen, die mit Feuerwhiskey gefüllt sind.«
»Aha, hast du auch einen besonderen Wunsch?«
»Allerdings. Egal was es sein wird, bitte etwas, dass ich im Beisein meiner Eltern auspacken kann, ohne rot zu werden.«
Hermine feixte von einem Ohr zum anderen. Offenbar hatte Pansy es schon selbst gut geschafft, sich bei den Malfoys im schlechten Licht zu präsentieren. Ein Wunder, dass die sie überhaupt eingeladen haben. Oder hatte sie das allein Dracos Fürsprache zu verdanken?
Zurück im Gemeinschaftsraum grübelte sie lange über die Geschenke nach. Schließlich bestellte sie für Draco das gleiche Besenpflegeset, das sie einst Harry geschenkt hatte. Wahrscheinlich hatte er schon zwei Dutzend davon, aber er brauchte dabei beim Auspacken nicht die Farbe zu wechseln. Was Pansy ihm wohl Peinliches geschenkt hatte?
Für Dracos Mutter orderte Hermine einen roten Seidenschal mit eingearbeiteten silbernen Fäden. Hoffentlich mochte sie Rot nicht und Hermine konnte sich immer noch herausreden, dass es sich hierbei schließlich um die Komplementärfarbe zu Grün handelte.
Lucius Malfoy würde ein Buch bekommen. Das stand für Hermine felsenfest, nur welches? Sie suchte lange in der Bibliothek und überlegte hin und her. Schließlich bestellte sie bei Flourish & Blotts den sechsten und gerade erst erschienenen Band Große Zauberer und Hexen der Geschichte. Der Verlag versprach, dass mindestens jeder dritte Magier muggelstämmig oder bestenfalls ein Halbblüter war.
Hermine war mit sich zufrieden. Das Weihnachtsfest würden die Malfoys bestimmt nicht so schnell vergessen. Am Tag vor der Abreise verstaute sie Pansys Sachen in dem Koffer. Hoffentlich kamen Dracos Eltern nicht auf die Idee, eine Abendgesellschaft zu geben. Pansys Garderobe war nach Hermines Meinung nicht dafür geeignet. Die Slytherin zu blamieren war ja schön und gut, aber halbnackt würde Hermine deshalb noch lange nicht durch die Gegend laufen.
Die Gryffindor hielt einen Moment wehmütig inne und dachte an den Fuchsbau. Pansy würde nun an ihrer Stelle die Geschenke der Weasleys auspacken. Nichts Wertvolles, aber alles kam von Herzen. Ob Rons Mutter für Hermine wieder einen Pullover gestrickt hatte oder Schal und Mütze?
Sie seufzte bekümmert und mit einem Schlenker des Zauberstabes verschwanden die restlichen Sachen im Koffer.
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Zaubertrank des Schicksals
FanfictionNach dem Krieg sind etliche Schülerinnen und Schüler nach Hogwarts zurückgekehrt. Professor Snape fordert das Brauen eines perfekten Verwechslungstrankes. Hermine Granger muss mit Pansy Parkinson zusammen arbeiten. Es kommt zum Streit und als sich d...