Das Duell [2/2]

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In ihrem Bett grübelte Hermine noch lange über das Gespräch nach. Mit vielem hätte sie gerechnet, aber nicht, dass den meisten Reinblütern diese Wahrheit sehr wohl bekannt war. Nun gut, Millicent sah immer noch skeptisch aus, aber für Blaise schien das keine Neuigkeit zu sein.
Aber was hatte es dann mit Dracos Hass auf Muggelgeborene auf sich, wenn er doch offenbar von den Lügen wusste und sie richtig einschätzte? Bestand diese Abneigung überhaupt noch? Wahrscheinlich schon, denn schließlich wurde er so erzogen. Ob sie ihn einmal danach fragen sollte? Lieber nicht. Sie würde ohnehin früher oder später erfahren, wie er wirklich zu Leuten wie ihr stand, sobald sie sich wieder in Hermine Granger zurückverwandelt hatte.
Ein wenig graute ihr vor dem Tag. Nicht, dass sie sich nicht freuen würde, endlich diesem düsteren Kerker zu entkommen, doch wie würden ihre Freunde sie aufnehmen? Wie würde Ron reagieren? Hermine biss sich auf die Lippe. Wie besorgt er um Pansy gewesen war. Ja, eine Frau konnte sich glücklich schätzen, von so einem gefühlvollen Mann geliebt zu werden? Ob Pansy das mittlerweile auch so sah? Andererseits war Draco nicht gerade gefühlskalt. Er hatte sich ebenfalls gesorgt, wenn er es auch nicht so offen zeigte. Nun, er war ja auch nicht mit Pansy zusammen. Allerdings war sich Hermine sicher, dass er das Interesse an der Slytherin nicht ganz verloren hatte. Vielleicht hatte er seine ganz speziellen Gründe gehabt, sich von ihr zu trennen. Jedenfalls stand er ihr nicht gleichgültig gegenüber. Pansy würde sich freuen, das zu hören. Hermine sollte es ihr baldmöglichst mitteilen. Das Schlimmste, was passieren konnte war, dass sich Parkinson in Ron verliebte. Er war ebenfalls ein Reinblüter und kam somit als Lebenspartner grundsätzlich in Frage, wenn er auch in Pansys Augen ein Blutsverräter sein musste. Eine Heirat der beiden war somit nicht von vorneherein ausgeschlossen. Die Gefahr bestand bei Hermine und Draco nicht. Doch sie gestand sich ehrlich ein, dass man als Slytherinmädchen durchaus Gefallen an dem blonden Quidditchkapitän finden konnte.

Einige Tage später sah Hermine Pansy, die ausnahmsweise alleine durch den Korridor ging. Die Slytherin erschrak heftig, als Hermine sich von hinten näherte und sie ansprach.
»Was willst du?«, fragte sie unfreundlich. »Dich entschuldigen?«

»Nein, weshalb denn? Du hast doch die Regeln missachtet. Das ist übrigens überhaupt nicht meine Art. Halb Slytherin macht sich schon lustig über eine Granger, die offenbar ihre Magie, ihren Verstand und ihr Wissen verliert.«

»Und Gryffindor regt sich auf, weil eine gewisse Pansy Parkinson ihnen zu schaden versucht, wo es nur geht.«
»Mein Zuruf beim Quidditchspiel war ein Versehen.«

»Das ist mir klar, aber den anderen nicht. Wie hast du dich bei Malfoy herausgewunden?«

»Er ist derselben Ansicht wie Harry, aber weshalb nennst du ihn jetzt Malfoy?«

»Ich muss mir die vertrauliche Anrede abgewöhnen. Du hast doch seine Reaktion mitbekommen, als ich ihn mit seinem Vornamen ansprach. Du hast ihn nie Draco genannt.«

»Das fällt mir auch immer noch schwer«, gab Hermine zu. »Übrigens ist er doch noch an dir interessiert.«

»Tatsächlich?«, fragte Pansy, klang aber nur mäßig neugierig.

»Weshalb habt ihr euch getrennt?«

»Das geht dich nun wirklich nichts an, Granger.«

»Kann es sein, dass er dich schützen wollte, weil er doch den Auftrag für Voldemort übernehmen musste?«
Pansy stutzte einen Moment, dann zuckte sie mit den Achseln. »Lass mich jetzt in Ruhe. Parvati mich in der Bibliothek schon genug mit Fragen genervt. Ich bin mit Ron verabredet und schon spät dran.«

»Wie geht es ihm?«, fragte Hermine zaghaft. »Hast du den Eindruck, er vermisst mich ein wenig?«

»Nein, gar nicht«, sagte die Slytherin kühl.

»Aber er muss doch merken, dass ich mich verändert habe.«

»Schon, aber es gefällt ihm. Männer mögen es nicht, wenn Frauen ihnen überlegen sind.«

Hermine glaubte ihr nicht. Sie war sich sicher, das war Pansys Art, sich für den verlorenen Kampf zu rächen. Hermine stemmte die Hände in die Hüften und starrte die Slytherin böse an. »Treib kein Spiel mit mir«, sagte sie scharf.

Pansy hob eine Augenbraue und wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als Rons Stimme durch den Gang hallte. »Wage es nicht, meine Freundin zu bedrohen.« Offenbar hatte er nicht länger auf seine Freundin warten wollen und sich entschlossen ihr entgegen zu gehen.

Hermine trat automatisch einen Schritt zurück. Ron hatte sie erreicht und drohend vor ihr aufgebaut. »Du gehst jetzt am besten ganz langsam davon, Parkinson, oder ich vergesse, dass du ein Mädchen bist.«

»Würdest du mich sonst verfluchen?«, fragte Hermine und ihre Stimme klang in ihren Ohren ziemlich zaghaft. Sie sah, wie Pansy hinter Rons Rücken feixte.

Der Gryffindor packte die vermeintliche Slytherin und schüttelte sie ein wenig. »Es gibt andere Wege, mit dir fertig zu werden.«

Hermine schossen Tränen in die Augen. Sie stand reglos da und ließ sich durchrütteln. »Ich wollte ihr nichts tun«, wisperte sie.

»Schon klar, weil ich jetzt da bin.«

Hermine schluckte.

»Red nicht so ein Blech, Weasley«, erklang plötzlich Dracos Stimme in ihrem Rücken. »Mit dir nimmt Pansy es allemal auf. Wenn sie schon Granger geschafft hat, bist du doch überhaupt kein Gegner für sie. Jetzt lass sie endlich los.«

»Misch dich nicht ein, Malfoy.«

»Nur, wenn du es auch nicht tust.«

Ron ließ Hermines Schultern los. Schnell trat sie einen Schritt zur Seite. Draco stellte sich nun selbst vor den Gryffindor und sah ihm fest in die Augen. »Ich werde Pansy jetzt mitnehmen und ich will nicht noch einmal sehen, dass du Hand an sie legst, verstanden?«

»Du hast mir gar nichts zu sagen, Malfoy. Wenn du deiner Freundin kein Benehmen beibringen kannst, müssen es wohl andere tun.«

»Zeigs ihm, Ron«, heizte Pansy die Stimmung weiter an. Hermine warf ihr einen bösen Blick zu. Was bezweckte Parkinson damit? Wollte sie tatsächlich riskieren, dass sich die beiden prügelten?

Ron gab Draco einen leichten Schubs. Der schlug augenblicklich die Hände des Gryffindors beiseite und drohte ihm wortlos mit erhobenem Zeigefinger.
Hermine ahnte, wie erniedrigt sich Ron fühlen musste. Der Rothaarige holte aus und traf Draco in den Magen. Der Slytherin keuchte auf und krümmte sich zusammen. Sofort setzte Ron nach. Er war ein Stück größer und breiter als Draco. Der Blonde hatte sich halb wieder aufgerichtet, als Rons Faust vorschoss. Der Slytherin drehte im letzten Moment den Kopf zur Seite, sodass die Faust haarscharf an seinem Ohr vorbei ins Leere flog.
»Nein Ron, nicht!«, rief Hermine und lenkte den Gryffindor dadurch ab.

Draco nutzte den Augenblick und seine Faust landete punktgenau auf dem Kinn seines Gegners. Der Rotschopf ging zu Boden.

»Ron!«, schrien Pansy und Hermine gleichzeitig und stürzten auf den Gryffindor zu. Sie knieten sich beidseitig nieder und beugten sich über ihn. Hermine wollte schon ihre Hände nach seinem Gesicht ausstrecken, als sein Blick sie traf. Erschrocken zuckte sie zurück.

»Lass ihn!«, fauchte Pansy. »Du hast schon genug Schaden angerichtet.«

Zitternd erhob sich Hermine, nur um sogleich von Draco ebenfalls böse angestarrt zu werden. »Was hast du dir dabei gedacht?«, zischte er und rieb sich den Magen.

Sie sah sich außerstande, ihm darauf zu antworten.
Während Ron sich mit Pansys Hilfe aufrappelte, fasste Draco nach Hermines Hand und zog sie hinter sich her. Kaum waren sie im nächsten Korridor außer Sichtweite, ließ er sie los.

»Schön, dank deines Ausrufes war Weasley unaufmerksam und ich konnte ihm eine verpassen, das habe ich soweit verstanden. Aber was fällt dir ein, dich über ihn zu beugen?« Draco trat einen Schritt auf sie zu.

»Ich wollte gucken, ob er sich auch richtig weh getan hat«, stotterte Hermine verlegen.

Der Slytherin rückte noch ein Stück näher. Seine Augen loderten. »Lüg mich nicht an, Pansy. Du hast besorgt ausgesehen. Granger hatte Recht, du warst im Begriff ihn anzufassen.«

Instinktiv wich sie zurück und spürte die Wand im Rücken. »Nein Draco, so war es nicht«, beharrte sie.

»Erst Potter und jetzt Weasley. Was zieht dich hin zum Haus der Gryffindors? In Slytherin gibt es doch bestimmt auch jemanden, der dir gefallen könnte.«

Hermine schluckte und schüttelte den Kopf.

»Wirklich niemand?« Dracos Gesicht war nur wenige Millimeter von ihrem entfernt. In seinen Augen glitzerte es nun. »Denk doch einmal nach.« Seine Stimme klang ein wenig rau.

Hermine war wie gelähmt. Sie starrte ihn fassungslos an, unfähig sich zu rühren. Ihr Atem stockte, als seine Lippen sich zärtlich auf die ihren legten, sanft, wie die Berührung eines Schmetterlingsflügels. Sogleich beendete er den Kuss und sah sie an.
Hermine spürte einen Kloß im Hals. »Tu das nie wieder«, hauchte sie.

Sie hatte ihn verletzt, sehr sogar. Sein Mund war ein Strich, das Funkeln seiner Augen erlosch wie die Flamme einer Kerze, die man an ein offenes Fenster gestellt hatte. »Keine Sorge, ich habe es nicht nötig, mich dir aufzudrängen«, knurrte er. »Ich werde dich nicht wieder behelligen, Pansy Parkinson.«
Draco wandte sich um und ging rasch den Gang hinunter. Hermine schaute ihm nach und plötzlich fühlte sie sich erbärmlich.


Zaubertrank des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt