31~ Wie ich eine Aufgabe offensichtlich unterschätze

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Sinja:

"Okay, wer hat Lust einen Schneemann zu bauen?" frage ich mit glänzenden Augen, als wir fertig gefrühstückt haben. Sofort heben Jay und Kiki synchron die Hände. Auch Connor und Finn sehen sich grinsend an und nicken dann. Nur Alec scheint sich seiner Sache unsicher.

"Naja...es gibt da ein kleines Problem", murmelt er und starrt auf seinen Kaffee, den er bisher kaum angerührt hat. Besorgt runzle ich die Stirn. "Wieso? Was ist passiert?", hacke ich misstrauisch nach, worauf er seufzt und sich den Nacken reibt. "I-ich habe jemandem etwas versprochen und naja..." fängt er an, nicht im Klaren, wie er sich formulieren sollte.

"Was hast du wem versprochen?", frage ich mit Skepsis in der Stimme, worauf er leicht verzweifelt aufsieht. "Wie du vielleicht weisst, arbeiten ich und Finn in diesem Surfshop...auf jeden Fall hat Ben, unser Boss, einen kleinen Sohn. Und als wir letztes Mal da waren, hat er mich zur Seite genommen, da Finn gerade beschäftigt war und gefragt, ob ich jemandem auftreiben könnte, der seinen Sohn ab heute Nachmittag Babysitten würde. Ich habe zugestimmt, da ich...keine Ahnung. Da ich ziemlich überrascht war und alles...Aber da ich niemanden gefunden habe, der das für mich übernimmt, muss ich dort wohl hin...Das Problem dabei ist aber, dass sein Sohn mich überhaupt kein bisschen mag. Er kann mich aus unerfindlichen Gründen nicht ausstehen. Ben hat ihn einmal zur Arbeit mitgenommen und der kleine Zwerg ist die ganze Zeit an seinem Vater gehangen und manchmal sogar an Finn. Nur mich hat er immer wieder böse angeschaut, was mich extrem...verunsichert hat und jetzt...jetzt muss ich auf ihn aufpassen", beendet er seinen Bericht und Ich frage mich, ob er zwischen den einzelnen Sätzen überhaupt Luft geholt hat. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Kiki seine Hand greift und er sich an sie klammert, als würde er ohne sie ertrinken.

Ich lege den Kopf schräg und erkenne, dass er wirklich um jeden Preis verhindern will, auf diesen Jungen aufzupassen. Er hat Angst vor der Ablehnung, davor, dass sich der Junge von ihm abwendet und ihn nicht willkommen heisst. Menschen sollten sich eigentlich ihrer Angst stellen, da stimme ich vollkommen zu. Doch für Alec scheint jetzt noch nicht der Moment, in dem er dies angehen sollte. Erstmal müssen wir das Geheimnis unserer Eltern lüften, uns einzig und allein auf diese hinderliche Aufgabe konzentrieren und uns nicht von anderen Dingen, die uns Angst machen könnten, auf die falsche Bahn lenken lassen.

"Ich passe auf ihn auf", sage ich deshalb entschlossen und Alecs Augen weiten sich. "Was? A-aber ich...", stottert er, doch ich unterbreche ihn. "Kein aber werter Herr. Ich bin gerne mit kleinen Kindern unterwegs und habe ansonsten sowieso nicht viel geplant." Das ist eine Lüge, eigentlich gibt es vieles, was ich vor allem wegen der Schule zu erledigen hätte, doch Prioritäten müssen immer und überall gesetzt werden und hier gelten diese eindeutig der Hilfe an meinen Bruder.

Alecs Gesichtszüge entspannen sich ein wenig und ich habe das Gefühl, ihm gerade eine schwere Last von den Schultern genommen zu haben. "Danke", lächelt er erleichtert und ich will ihn gerade weiter zu Adresse, Zeit und Namen ausfragen, als Finn zu sprechen beginnt: "Ich komme mit."

Alle Köpfe fahren überrascht zu ihm und perplex blinzle ich. "Hä?", nimmt meine Verwirrung Gestalt an und er schnaubt. "ich mag den Kleinen und zudem kenne ich dort alles, bin dir also mehr als eine Hilfe," grinst er und lehnt sich gemächlich in seinem Stuhl nach hinten.

"Okay, okay...WAS?", frage ich immer noch total überrascht, "könntest du mir erklären, warum du wirklich mitkommen willst?" Er grinst überheblich. "Ich kann es dir erklären, aber ich kann es nicht für dich verstehen." sagt er und macht ein Gesicht, als würde er höchstes Mitleid mit mir haben.

Meine Augenbrauen ziehen sich wie von alleine zusammen und es dauert einige Sekunden bis ich die Bedeutung seiner Worte verstehe, bis ich verstehe, dass er mit diesem Satz meine Auffassungsgabe anzweifelt. Trotzig verschränke ich die Arme. "Wisch mal deinen Mund, da ist immer noch ein kleiner Klecks Schwachsinn um deine Lippen", knurre ich angriffslustig und höre im Hintergrund Connor seufzen.

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