Sinja:
"Shht, noch nicht wecken! Ich will erst ein Foto schiessen", dringen die Worte zu mir durch und murrend vergrabe ich das Gesicht tiefer in Finns gemütlichem Shirt.
Moment mal...
Erschrocken fahre ich aus meiner Benommenheit auf und... "Autsch!", mit zusammengekniffenen Lidern reibe ich mir die schmerzende Stelle am Kopf. Warum muss die Decke dieses Autos bloss so tief liegen? Könnte man nicht zumindest ein Warnschild aufstellen?
Weil niemand so blöd ist, wie du und sich den Kopf daran stösst.
Ach was, das passiert vielen Leuten!
Mhm...geeenau.
Klappe!
"Sind wir schon da?", murre ich und scanne meine Umgebung mit den Augen ab. Ich und Finn befinden uns als einzige noch im Auto, wobei letzterer sich gerade müde mit der Hand über das Gesicht fährt. Zumindest bin ich nicht alleinig in erschöpfter Verfassung gewesen und eingeschlafen. Die anderen stehen bereits draussen, wobei Kiki und Kiana grinsend ihre Köpfe ins Auto stecken. "Hey Schlafmützen, Kuschelzeit ist vorbei, wir sind angekommen", schmunzelt meine beste Freundin und ich lasse meinen Kopf stöhnend nach hinten fallen.
Dann seufze ich und quetsche meinen Körper aus dem kleinen Wagen. So ziemlich siebzig Prozent, wenn nicht mehr meiner Glieder knacksen und abermals entfährt meinem Mund ein leises Stöhnen. Mein Gott, ich fühle mich, als hätte ich eine Abreibung von Jackie Chan höchstpersönlich bekommen.
Mein Blick fällt auf das weisse Gebäude vor mir und ich lege den Kopf schief. Wie erwartet, ist das grosse Haus ziemlich eintönig gestaltet, was mich aber kaum zu stören hat. Inzwischen ist auch Finn ausgestiegen, hat das Fahrzeug umrundet und sich neben mich gestellt.
"Wollen wir?", fragt er und zögerlich nicke ich. Irgendwie geht alles so schnell, ich habe kaum Zeit, mich emotional auf die Situation vorzubereiten. Wir setzen uns alle in Bewegung, wobei mir aufgeht, dass Finn nicht von meiner Seite weicht. Er scheint meine Nervosität zu bemerken, lässt sich nämlich ein wenig nach hinten fallen, dass wir uns von den anderen entfernen und mustert mich intensiv.
"Alles okay, Prinzessin?", fragt er leise und ich beisse mir auf die Unterlippe, nicke dann aber. "Ja...es ist bloss, dass ich irgendwie nicht alles auffassen kann. Auf eine komische Weise scheint mein Hirn einfach nicht mitzukommen, was sich abspielt. Ich habe Angst vor dem, was kommt...Was wenn mein Vater wirklich so grausam war, wie die Jungs ihn sehen? Wa-", ich unterbreche mich, als mir aufgeht, dass ich eigentlich den Mund halten und mich nicht durchgehend beschweren habe wollen.
"Tut mir leid...", murmle ich und senke den Blick. Doch Finn lacht nur leise mit leicht rauer Stimme, was schlagartig ein wohliges Gefühl in meinen Körper schickt. "Schon okay", schmunzelt er, "sich so zu fühlen ist vollkommen berechtigt."
Ich schüttle den Kopf. "Aber wieso? Ich meine, wieso ist das Ganze so...so kompliziert? Warum kann ich nicht einfach ein normaler Leben haben, mit Eltern, die zumindest leben, Brüdern, die ich nicht eine halbe Ewigkeit nicht gesehen habe und einem Haus, wofür ich nicht die halbe Welt umrunden muss, um es zu sehen?" Bedrückt hebe ich den Kopf, hasse mich für meine momentane Schwäche.
Finn hingegen lächelt mir aufmunternd zu. "Hey...keine Sorge Prinzessin. Ich verspreche dir, dass alles gut wird. Zudem...das Leben wäre doch ohne ab und an eine Aufregung total trocken und langweilig, also hat das Ganze auch etwas Gutes."
Ich hebe den Kopf und nicke. Natürlich muss er mal wieder seine perfekte Seite raushängen lasse und viel zu perfekt agieren. "Gehen wir weiter", murmle ich, als mir auffällt, dass die anderen bereits einen ziemlichen Vorsprung gewonnen haben.
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Wie ich bin...
أدب المراهقينSinja Eileen Archer lebt ihr Leben so, wie es jede zurückhaltende junge Erwachsene in ihrer Situation tun würde: Vernünftig und immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Doch dann erfährt sie etwas, das ihr ganzes Leben auf den Kopf stellt. Seit ihrem...