Wie ich bin...

72~ Wie ich all mein Vertrauen in eine blöde Bambuskröte stecke

Sinja:

Wach auf!

Wach auf!

Wach auf!

Wie aus den tiefsten Tiefen meines Herzen dringen die Worte zu mir durch und ich spüre, wie mein tauber Körper in die Realität, die wirkliche Welt zurückzukehren droht, sich an längst vergessene Sinne, Bilder und Gedanken erinnert, wieder aus der unendlichen Weiten meiner Träume erwacht.

Verwirrt schlage ich die Augen auf und starre direkt in das Grau von Finns dunkler Iris. Das Mondlicht umrahmt sein Gesicht, taucht ihn in das Erscheinungsbild eines Engels, eines Geistes, eines magischen Wesens.

Immer noch total verdattert runzle ich die Stirn und öffne den Mund, um zu fragen, was denn los sei, doch alles, was meinen Mund verlässt ist ein heiseres Krächzen. Rasch beschliesse ich also, das mit dem Sprechen fürs Erste zu lassen und sehe den Jungen vor mir bloss fragend an.

Er jedoch macht keinerlei Anstalten, etwas zu sagen und starrt mich nur stumm an. Vielleicht träume ich das alles nur oder es ist eine Illusion, eine Utopie meiner inneren Nostalgie. Dann endlich hebt er die Hand und nähert diese meinem Gesicht, stockt aber in der Bewegung und lässt sie schliesslich auf den weichen Stoff der Matratze sinken.

Wie aus einem Impuls heraus lege ich meine eigene Hand auf seine, will mich vergewissern, dass er echt ist, ich mir nicht irgendwelche Hirngespinste in den Kopf setze. Doch als meine Hand die seine berührt durchfährt mich das altbekannte Kribbeln und ein glückliches Strahlen verankert sich schlagartig auf meiner Miene.

Ich räuspere mich leise, um meine Stimme zumindest nicht allzu kratzig klingen zu lassen und frage leise, "Wa-was ist denn los?" Ehe ich es mir verkneifen kann, bahnt sich aber gleich darauf ein Gähnen seinen Weg durch meine Kehle bis zu meinem Mund hinauf, welchem ich nun -eher unfreiwillig- herzhaft Freiheit gewähre.

Peinlich berührt senke ich den Blick, hebe ihn aber gleich wieder als Finn leise zu sprechen beginnt: "Tut mir leid, dich um diese Zeit wecken zu müssen Prinzessin, aber würdest du mit mir mitkommen?", fragt der Junge vor mir vorsichtig. Er scheint seine Worte sorgfältig zu wählen und keinen Fehler machen zu wollen, welcher mich auf irgendeine Weise verschreckt.

Ich lächle leicht, kneife dann aber die Augen zusammen. "Und wohin genau?", flüstere ich ebenso leise zurück, was sein Grinsen grösser werden lässt. "Das verrate ich dir nicht", schmunzelt er frech, "schliesslich muss es eine Überraschung bleiben. Zieh dir am besten etwas warmes an und komm dann nach unten. Ich warte vor der Türe auf dich, okay?"

Überrascht hebe ich die Augenbrauen, ziehe dann aber eine Schnute. "Wir gehen nach draussen?", entfährt es mir demotiviert und Finns leises Lachen erfüllt den Raum. "Genau Prinzessin, und achte schön darauf, in der Kälte nicht der Verwandlung in eine Eiskönigin zu erliegen, ansonsten klappt mein Vorhaben nicht", zwinkert er mir zu, löst dann seine Hand aus meiner und steuert auf meine Zimmertüre zu, nur um mein diffuses Wesen sich selbst zu überlassen.

In anarchischer Stimmung bleibe ich noch einen Moment liegen und runzle die Stirn. Dann richte ich meinen Körper langsam auf und werfe einen Blick auf die Zeit. Das ist doch nicht sein verdammter Ernst, oder? Warum zum verknorzten Känguru weckt er mich um viertel nach drei, damit wir nach draussen gehen können?

Will er mich im Schnee verbudd- verdutzt unterbreche ich meine Gedanken als eine Art der Erleuchtung mich überkommt, ein Moment der Erkenntnis. Ich erinnere mich zurück an seine Worte in der blinden Kuh vor drei...oder vielleicht auch vier Tagen, als er mir versprochen hat, alles aufzulösen, den Knopf meiner Gedanken zu entwirren.

Und auf einmal bin ich hellwach.

Hektisch stolpere ich zu meinem Kleiderschrank, schnappe mir Unterwäsche, einen Pulli, sowie eine Jeans und streife mir alles über. Dann haste ich so leise wie möglich aus dem Raum und schlittere schon beinahe den Gang entlang. Währenddessen beginnt mein Gehirn sich allerlei Möglichkeiten auszudenken, was mich erwarten könnte.