A Kakashi Lovestory ~ Das Herz eines Kriegers

章 6 - Unterm Lindenbaum

Kakashi stand auf dem Flachdach eines der Gebäudeteile der Akademie, die auf den Trainingsplatz ragten. Die Sonne hatte er im Rücken. In einer Hand hielt er ein halb geöffnetes Buch, einen Daumen wohl als Lesezeichen zwischen den Seiten platziert. Seine andere Hand hatte er locker in die Hüfte gestützt. Ein kräftiger Windstoß fuhr ihm durch Haare und Kleidung.

„Yo!"

Kakashi setzte zum Sprung an.

Er landete unter der großen Linde einige Meter neben dem Tisch, an dem Iruka und Ariana bis eben noch in den dicken Wälzern geblättert hatten. Kakashi musterte beide, während er sich ihnen näherte.

„Kakashi-sensei!", Iruka war sichtlich erfreut, „wir haben dich gerade hier in diesem Buch studiert." Er musste grinsen.

„Hm ja, das habe ich mitbekommen." Kakashi versuchte empörter zu klingen als er eigentlich war. Direkt vor dem Tisch angekommen, fuhr sein Blick analytisch über die beiden offenen Seiten des Buches, das aufgeschlagen vor Ariana lag. „Ich hab wohl doch weniger erreicht, als angenommen, wenn man beim Studium meiner Person so geknickt ist."

„W-was? Nein! Also... so meinte ich das nicht. Ich meine... irgendwie... ähh..." Ariana stotterte sich eine Antwort zusammen. Den Schreck immer noch nicht überwunden bemerkte sie, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug. Ihr Kopf rauchte in der Hoffnung die passenden Worte zu finden und die Situation zu entschärfen. Sie fühlte sich mies. Mieser als notwendig allerdings, denn Kakashi empfand das ganze gar nicht als so tragisch.

„Nun...", sagte Kakashi mehr zu sich und nahm eine Denkerpose ein, die Hand am Kinn platziert. Ein wenig Ironie mischte sich in seine Stimme, „vielleicht kann ich ja irgendwann doch mit meinem Erfolgen glänzen." Er lachte.

Im Inneren führte Ariana bereits vernichtende Monologe mit sich selbst. Warum hatte sie das überhaupt so laut ausgesprochen? Warum hatte sie Kakashi nicht bemerkt? Und wie hatte sie sich einen Ninja überhaupt vorgestellt? Eine Antwort darauf konnte sie sich selbst nicht geben. Sie sah den Kopierninja an - etwas durch den Wind und mit einem verlegenen Lächeln. Seine Persönlichkeit schien ganz anders, als Ariana es sich vorgestellt hatte. Er war irgendwie... sympathisch.

Kakashi lächelte zurück. „Ich wollte eigentlich nur kurz vorbeischauen und nachfragen, wie es so läuft. Und - zugegeben - ich war ein bisschen neugierig, wer du wohl bist. Ich habe bereits einige positive Dinge von dir gehört, Ariana. Es passiert nicht oft, dass die Godaime Hokage im Vorfeld soviel Energie auf jemanden verwendet."

Ariana war geschmeichelt, konnte aber mit dem Kompliment des so erfahrenen Ninjas nicht gut umgehen. Sie wurde rot. „Da... danke", stammelte sie.

„Sobald du die Grundlagen beherrscht und fleissig bist, denke ich, dass Tsunade dich mir zuteilen wird. Mein Team besteht momentan nur aus mir und zwei Schülern. Es kann also gut sein, dass du den dritten Platz einnehmen wirst." Arianas Augen weiteten sich. Sollte sie tatsächlich Schülerin des weit über die Grenzen bekannten Kopierninjas werden?

„Ähm... wow.", entfuhr es ihr. Perplex und immer noch etwas neben der Spur sackte sie ein wenig in ihrem Stuhl zusammen. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen. „Das wäre absolut großartig." Allerdings. Das wäre es. Kakashi nickte.

„Nun denn", er trat einen Schritt zurück, „ich muss weiter. Wir sehen uns." Er machte ein Fingerzeichen und verschwand in einer Rauchwolke. Ariana war beeindruckt. Nachdem sie ein paar weitere Sekunden ihre Augen nicht von der Stelle nehmen konnte, an der Kakashi bis vorhin noch stand, drehte sie ihren Kopf wieder ihrem jetzigen Sensei zu. Der sah ihr strahlend in die Augen.

„So, jetzt hast du ihn sogar direkt kennengelernt."

„Allerdings. Aber sehr redselig ist er ja nicht", bemerkte Ariana. Ihr Blick wanderte zurück ins Buch, das immer noch das Kapitel von Kakashi aufgeschlagen hatte. Sie musterte eines seiner Fotos. Nun, da sie den Menschen dazu gesehen und erlebt hatte, wenn auch nur sehr kurz, hatte sich ihr Eindruck von ihm gewandelt. Es gibt eben Aspekte an Menschen, die nicht von einem Foto transportiert werden können. Kakashis Stimme war ruhig, aber bestimmt, sein Blick sanft, aber durchdringend. Sein Körper gestählt, aber seine Bewegungen weich. Er wirkte gar nicht wie der teilnahmslose Ninja auf den Fotos.

„Ariana?", Iruka riss Ariana aus ihren Gedanken, „machen wir weiter?"

„Oh. Natürlich. Klar!"

Die letzte Stunde des Unterrichts war Ariana unkonzentriert. Es lag vielleicht an der Mittagssonne, die am wolkenfreien Himmel nun unerbittlich schien und die Umgebungsluft aufheizte. Oder daran, dass Ariana seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Aber am meisten lag es eigentlich daran, dass ihr der Ninja, der ihnen vorhin einen kurzen Besuch abgestattet hat, nicht mehr aus dem Kopf ging.

Es schien mehr hinter dem zumindest oberflächlich uninteressierten Kakashi zu stecken.

Sie ballte eine Hand zur Faust und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie würde schon noch herausfinden, was für ein Mensch dieser Ninja wirklich ist.