23 - (Ir)real

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Wenn du an damals denkst und dir klar wird, dass nichts mehr so sein wird wie es war, ist es bereits zu spät.

"Ich hab wieder eine zwei geschrieben!" sagte ich stolz und präsentierte meiner Mutter den Test.

"Schätzchen ich bin so stolz auf dich, du wirst aufs College gehen und deinen Traum verwirklichen."

Grinsend pustete ich mir eine Haarstraehne aus dem Gesicht und lief wieder in mein Zimmer.

Irgendwann werde ich genau wie Dad in einer großen Firma arbeiten und mein eigenes Geld verdienen. Und ein Buch raus bringen. Und ein Foto mit Brad Pitt schießen.

Unwillkürlich musste ich an das Foto von meinem Dad und Brad Pitt denken, was ein Glückspilz.

"Essen ist fertig!" hoerte ich aus der Küche und lief weiterhin mit diesem daemlichen Grinsen im Gesicht, durch die Wohnung.

"Ich werd in einer Stunde wieder da sein, Dad müsste gleich kommen." sprach sie ernst und zog sich ihren Schal an.

"Wohin gehst du?" wollte ich verwirrt wissen als ich bemerkte, dass es bereits dunkel wurde.

"Ich treff mich mit einem alten Freund."

Ihr Lächeln munterte mich ein wenig auf und mit einem halben Winken knallte sie die Tür zu.

Dieses Gefühl, das sich tief in dir ausbreitet, wenn du denkst die Schuld an etwas zu tragen wird niemals verschwinden.

"Du bist eine dreckige, unnütze Nutte! Genau wie deine Mutter eine war!"

"Bitte, ich kann nicht mehr.." hörte ich mich sagen und spürte schon die nächste Ohrfeige, gefolgt von einem Tritt in den Magen.

"Du bist sogar zu dumm fürs College! Du bist an allem Schuld Choice! Nur du alleine!"

"Lass mich inruhe!" schluchzte ich und schnappte panisch nach Luft, als ein weiterer Tritt den Weg zu meinem Magen fand.

"Wegen dir habe ich meinen Job verloren!" schrie er nur wütender und nahm einen Schluck des Whiskeys, der so auf der Zunge brannte.

"Wegen dir alleine haben wir kein Geld!"

Ich presste die Hände auf meine Ohren und schickte Stoßgebete an den Himmel.

"Nur wegen dir ist sie gestorben!"

Wenn dir bewusst wird, dass es kein Entrinnen aus der Realität gibt, ausser den Tod, für was entscheidest du dich? Und woher weisst du, was real ist und was nicht?

"Zwei Heringe" hörte ich von der einen Seite, und "Fünf Kilo Tomaten" von der anderen. Ich mochte den Markt in Santa Monica. Hier war es trotz Stress, ein ziemlich ruhiger Ort.

So chaotisch und doch geplant. Hier blieb man so wie jeder, unscheinbar.

Das war der perfekte Ort für Diebe, nur war ich kein Dieb. Irgendwann wuerde ich das Geld zurück geben. Das schwor ich mir. Ich wollte den Leuten nichts schuldig sein. Niemals.

"Eine Diebin!" schrie jemand und ich fing an zu rennen. Das erste Mal war ich so gerannt mit 15, es war ungewohnt entdeckt zu werden. Sonst blieb ich so wie jeder hier; unscheinbar.

Unscheinbarkeit ist ein Vorteil den viele Menschen als Nachteil sehen.

Wer unscheinbar ist, ist praktisch unsichtbar. Es ist besser wenn dich nur einer kennt, als wenn dich Tausende kennen.

SoulbreakerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt