Teil 22

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Eine Stunde später hatte ich mich halbwegs gefasst. Ich schob meine verwirrten Gefühle beiseite und legte einen Schalter in mir um, sodass ich mich vorerst auf die wichtigen Dinge konzentrieren konnte. Ich hatte die Mutter von Shays bester Freundin angerufen, die sofort anbot Shay mit zu sich nach Hause zu nehmen. Es gab nichts für das ich in dem Moment dankbarer war. Noch immer hatte ich nicht die geringste Ahnung, wie ihr das jemals beibringen sollte.

In dieser Stunde hatte ich schon so viele Entscheidungen treffen müssen, wie in den letzten zwei Monaten nicht. Ich wollte mich selbst davon überzeugen, dass meine Mutter wirklich nicht mehr lebte, weshalb ich zur Polizei fuhr und mir dort die nötigen Informationen holte. Man sagte mir jemand aus der Nachbarschaft hätte einen lauten Schrei gehört und wollte nachschauen was los war. Als die Feuerwehr endlich die Tür aufbekommen hatte und die Rettungssanitäter in die Wohnung kamen, lag meine Mutter schon längst mit aufgeschlitzten Pulsadern tot auf dem Badezimmerboden. Sie sagten, man hätte nichts mehr für sie tun können.

Ich kümmerte mich um sämtliche Angelegenheit als wäre das mein trauriger Alltag. Tief in mir drin fühlte ich nichts als Benommenheit. Als engster lebender Verwandte kümmerte ich mich um sämtliche Fragen, regelte wie meine Mutter bestattet werden sollte, machte quasi alles alleine. Alles mit dem Hintergedanken, dass ich spätestens morgen Shay sagen musste, dass ihre Mutter tot war - die einzige Sache wovor ich gehörig Respekt hatte.

Als ich endlich wieder zuhause kam, war der ganze Stress für heute noch nicht vorbei. Ich hatte seit drei Tagen nicht meine Post gelehrt, weshalb sie mittlerweile überquoll. Das lag hauptsächlich daran, dass in meinem Briefkasten ein dicker Umschlag mit einem pinken post it lag.

"An meinen Sohn, Wincent"

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