Nieselregen

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Wir übten noch weiter und am Ende war uns trotz der Kälte warm und das Erfolgserlebnis bestärkte uns darin, öfter mal Üben zu gehen. Irgendwann sagte Tom aber; „Ich jetzt zur Schach AG."

Ich schaute von meinem Buch auf und erwiderte: „Ich bleibe noch ein bisschen hier. Bis zum Abendessen dann." Tom packte seine Sachen zusammen und sagte noch: „Bis gleich." Kurz darauf war er verschwunden. Ich ließ meinen Blick wieder über den See schweifen und erneut prasselte Regen auf die Oberfläche des klaren Gewässers. Irgendwie machte es mir Spaß, meine Emotionen durch Regen auszudrücken. Spürte ich Wut, ließ ich die Tropfen auf den See peitschen, fühlte ich mich fröhlich, plätscherten sie wie ein kleiner Bachlauf hinab. Sogar die Windillusion schaffte ich. Der Regen wurde zur Seite geweht, oder gewirbelt. Dass das alles nur mit dem Wasser selber funktionierte, faszinierte mich. Ohne Wind, zu machen, irgendwie witzig.

Erst als es dämmerte, verließ ich den stillen Platz. Ich war spät dran und hatte Hunger. Meine Schritte liefen schnell über das ausgestorbene Gelände, sicherlich aßen schon alle. Der Himmel hatte sich zugezogen und dicke Wolken kündigten regen an. Echten Regen. Ein Rabe krächzte in der Ferne und er erhielt eine Antwort. Ich fand, dass Raben zum Herbst passten. Zu dem Laub, das zu meinen Füßen lag und zu den kahlen Bäumen, dem rauen Wind und der stürmischen See. Ich liebte den Herbst mit seiner Wildheit. Diese Jahreszeit vergaß. Vergaß den Sommer, das Grün und die bunten Blumen. Ich wollte vergessen, deshalb liebte ich den Herbst.

Ich erreichte das große Portal und durchquerte es. Wärme umhüllte mich und ich schlug direkt den Weg zum Speisesaal ein. Er war schon wieder recht leer und ich war eine der letzten. Schnell eilte ich zu Auslage und schnappte mir Teller, Besteck, Glas und Tablett. Neben einem Salat gab es leckeren Nudelauflauf und ich nahm mir eine Besonders große Portion.

„Du bist aber spät dran heute", bemerkte die Frau aus der Küche und meinte versöhnlich; „Dafür bekommst du besonders viel." Ich lachte. „Danke. Ich habe auch einen gewaltigen Hunger." „Du siehst auch angestrengt aus. Deine Haare sind ganz zerzaust meine Liebe." Ihre liebevolle Stimme brachte mich zum Lächeln und ich fragte, als ich mir meinen Nachtisch neben den Teller bastelte „Samstag sehen wir uns wieder bei dir?" Sie nickte zwinkernd und ich grinse zurück. Ich liebte die Wochenenden bei ihr. Sie war fast wie eine Oma für mich geworden.

An unserem Tisch saß nur noch Fly und so setzte ich mich neben ihn. Er war in ein dickes Buch vertieft und bemerkte gar nicht, dass ich mich zu ihm setzte. „Hi."

Verwundert blickte Fly auf. „Wo sind denn die anderen hier. Vor einigen Sekunden saßen sie hier noch."

Ich blicke mich um. Weit und breit waren wir die einzigen. Ich steckte mir grinsend eine Gabel voll Wärme in den Mund und weil es so lecker war, schlang ich gleich noch eine weitere Gabel voll hinunter.

„Nein wirklich, seit wann sitze ich hier alleine?" Er wirkte wirklich ratlos. „Als ich reinkam, warst du auch schon der einzige hier."

Erstaunt schaute ich auf meinen halbleeren Teller. Ich schien verdammt viel Hunger zu haben. Fly schlug das Buch zu. Er schien immer noch mit seinem Schicksal zu hadern. Er raufte sich die Haare und schaute sich gründlich um. Ich dagegen machte mich über den Rest meiner Portion her.

„Und was hast du bis eben gemacht?" Es war ein ungeschickter Versuch, ein Gespräch zu beginnen. Dennoch antwortete ich freundlich. „Ich habe mit Tom zusammen Wassermagie geübt. Drüben am See. Windillusionen und Regen. Bei der Prüfung wollen wir auf jeden Fall Fit sein." „Klingt gut", stimmte Fly zu und betrachtete amüsiert meinen Teller. „Hunger gehabt?" „Und wie." Er lachte und ich stimmte ein. „weißt du was, ich hätte Lust auf eine Runde Billard. Kommst du mit?", lud Fly mich ein und ich nickte begeistert.

„Also, wie funktioniert das jetzt nochmal?", stellte ich gefühlt zum tausendundeinsten Mal die Frage. Fly seufzte tief lächelte aber dennoch breit und erklärte mir geduldig was ich zu tun hatte. „Bereit fragte er?" Konzentriert nickte ich und griff fester um den langen Stock in meiner rechten Hand. „Das heißt Queue!", hörte ich Fly wieder in meinen Gedanken.


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