„Wo ist denn nur mein Feuerzeug?", brummte Sir Bentley, und seine tiefe Stimme ließ den Raum vibrieren. Inbrünstig hoffte ich, dass er möglichst schnell wieder ging. Wir hörten wie er über unseren Köpfen kramte und ich bekam beinahe einen Herzinfarkt, als seine Hand keine zehn Zentimeter vor uns nach der Schublade tastete. Mein T-shirt klebte bereits vor Schweiß an meinem Rücken und meine Füße drohten einzuschlafen. „Warum muss ich immer alles vergessen! Das Feuerzeug war doch das einzigste was ich für das Feuerwerk brauche!" Fly tippte mir kaum merklich auf die Schulter. Fragend drehte ich mich zu ihm um. Lass ihn bitte einen Plan haben, hoffte ich. Er zeigte auf den Boden und ich folgte seinen Blick. Ich schaute auf das klitzekleine Ding, was nun ohne jeden Zweifel in unser Verderben führen würde. Ein dunkelrotes Feuerzeug lag zwischen unseren Füßen auf dem muffig riechenden Teppichboden. Warum kommt es eigentlich immer schlimmer, auch wenn man denkt es geht gar nicht mehr schlimmer. Wenn ich mal irgendeinen Preis kriegen sollte, dann dafür das ich in wirklich jedes Fettnäpfchen trat. Ohne Ausnahme.
Fly schien erneut eine Idee zu haben, denn als ich ihn wieder anblickte, glitzerten seine Augen wissend. Er hob seine Hand ein wenig und plötzlich wurde das Fenster aufgestoßen. Ein eisiger Wind fegte durch das Zimmer.„Ach herjeh!", rief Sir Bentley und sprang auf um es wieder zu schließen. Das war unsere Chance! Fly ließ das Feuerzeug mithilfe seinem Element unter dem Schreibtisch hervor schweben und legte es anschließen etwas weiter weg ab. Es dauerte nicht lange bis Sir Bentley zurück kam und das Feuerzeug fand. „Meine Güte manchmal bin ich echt neben der Spur!", tönte es von ihm und wir hörten wie er sich den Kopf kratzte. Ich hielt meine Hand vor dem Mundum ein Lachen zu unterdrücken. Nochmal Glück gehabt. Genau so schnell wie Sir Bentley gekommen war, genauso schnell war er auch schon wieder aus der Tür. Fly und ich atmeten erleichtert aus.
Nach einigen Minuten die wir noch sicherheitshalber gewartet hatten, krochen wir aus unserem Versteck hervor. Langsam richtete ich mich auf. Alle Anspannung fiel von mir und mit einem Mal fühlte ich mich sehr erschöpft. „Wir sollten gehen.." sagte ich mit fester Stimme. Ich war überrascht wie kalt sie klang. Flys Finger lösten sich augenblicklich aus unseren Verschränkten Händen. „Ja du hast wahrscheinlich recht.." , stimmte er mir zu. Es war, als hätte er mir mit dieser Geste die letzte Energie genommen. Nichts hatten wir hier gefunden. Wahrscheinlich war diese geheime Bibliothek nur ein Märchen. Nichts würde mir meine Eltern zurückbringen. Enttäuscht senkte ich den Kopf und trottete hinter Fly her, der schon fast zur Tür raus war. Natürlich musste ich Tollpatsch uns wieder die komplette Tour versauen. Mit meinem Pullover Ärmel nahm ich beim dem gehen einen Papierstapel mit, den Sir Bentley beim durchsuchen nur auf die Kante des Schreibtischs gelegt hatte. Wie vom Blitz getroffen zuckte ich erschrocken zusammen und hielt mir meine Hände vor den Mund . Hoffentlich war die Sekretärin nicht schon wieder da! Ich schaute vom Boden auf und blickte rasch zu Fly. Sein Gesicht war total zerknirscht, als wartete er nur darauf, dass jetzt irgendwer ins Zimmer platzen würde. Innerlich gab ich mir gerade selbst eine Kopfnuss. Mensch Nina du Trottel!! Wie sollten wir das so schnell wieder hinbekommen? Der ganze Boden war voller Papier. Ein plötzlicher Luftzug ließ die Blätter rascheln. Mein Blick schnellte zum Fenster, doch es war verschlossen. Woher..? Natürlich! Fly ließ in Windeseile und so leise er konnte die Blätter durch die Luft zurück auf den Schreibtisch fliegen! Ich hätten ihn für diese Aktion gerade küssen können. In diesem Moment liebte ich die Magie so sehr dafür! Als alles wieder geordnet auf seinen Platz lag, kontrollierte ich noch einmal den Boden ob wir auch nichts über sehen hatten. Triumphierend zog ich einen kleinen schwarzen Stick zwischen den Stuhlbeinen hervor und legte ihn zwischen den anderen Krimskrams auf den nicht ganz so übersichtlichen Schreibtisch Sir Bentleys.
Ich wandte mich bereits zum gehen, doch mein Blick blieb an dem Stick hängen, der auf den Unterlagen von Sir Bentley lag.
Und irgendetwas hielt mich vom gehen ab.
„Nina jetzt komm schon! Ich will nicht, dass man uns doch noch erwischt!"
„Einen Moment Fly!" Ich ging zurück zum Schreibtisch und nahm den Stick in meine Hand. Und plötzlich ergab alles einen Sinn. Ich hatte das letzte Puzzleteil gefunden. „Fly, was ist wenn die geheime Bibliothek gar keine Bibliothek ist?" Ich schaute auf und blickte in sein fragendes Gesicht. „Hää?" flüsterte er. „Ich meine... was ist wenn die geheime Bibliothek nur in digitaler Form existiert. Als Stick oder eine Datei?" Nun leuchtete auch Flys Gesicht wissend auf. Mit schnellen Schritten waren wir wieder beim Schreibtisch und begannen erneut unsere Suche, diesmal jedoch hektischer, denn wir hatten nicht mehr viel Zeit. „Ich glaube ich habs", flüsterte Fly und zeigte mir einen ebenso schwarzen Stick. Ich runzelte die Stirn. Der sah doch genauso aus wie alle andern. Als er ihn jedoch umdrehte kam das gleiche Symbol zum Vorschein wie auf der Rabenmünze. „Okay nichts wie weg hier!"Gerade wollten wir die Tür öffnen, da hörten wir plötzlich Caras Stimme. „Aber Sie müssen mir glauben Lucinda! Veronica und Sean haben wirklich versucht das Feuerwerk zu manipulieren..." „Es reicht My Lady Brown! Ich kaufe ihnen diesen Unfug nicht länger ab! Gehen sie unverzüglich in ihre Gemächer oder ich melde es meinem Vorgesetzten!"....
Scheiße! Ausgerechnet jetzt musste diese blöde Sekretärin wieder auftauchen! „Schnell das Fenster!" Wie selbstverständlich griff er nach meiner Hand und wir rannten zum Fenster. „Bereit?" Er öffnete die Riegel und schlang seinen Arm um meine Hüfte. „Bereit wofür?" war das letzte was ich antwortete, ehe er mich mit nach oben riss und ein eisiger Windzug mir um die Ohren wehte. „Warte!", schrie ich noch panisch, aber da war der Boden auch schon weg.
Schneeflocken rasten an uns vorbei und das Einzige, was ich denken konnte war was für eine Heidenangst ich grade hatte. Panisch klammerte ich mich an Fly und versuchte mich auf seine Nähe zu konzentrieren. Es klappte tatsächlich und ich traute mich langsam meine Augen wieder zu öffnen. Die Angst war plötzlich wie weggeflogen und ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Immer höher stiegen wir in die kalte Nacht und der Schnee flog wie im Rausch an uns vorbei. Ein euphorischer Schrei verließ meine kalten Lippen. Und Fly tat es mir gleich. Obwohl ich schon mit Kelly geflogen war, war das hier etwas anderes. Das hier war pure Freiheit, pures Glück. Ich hatte mich noch nie so lebendig gefühlt wie in diesem Moment. Das Adrenalin schoss nur so durch meine Adern, ebenso wie meine Glückshormone. So mussten sich die Leute wohl bei einem Fallschirmsprung fühlen. Plötzlich spürte ich wieder Boden unter meinen Füßen. Erleichtert atmete ich aus. Trotzdem wollte ich Fly keine Sekunde loslassen. Ich schmiegte mich noch näher an ihn. „Danke", nuschelte ich in seinen Pullover. „Nein, danke das du hier bist!", erwiderte er.
Verwirrt löste ich mich und blickte fragend in seine Augen. Er meinte das , was er zuvor gesagt hatte vollkommen ernst, dass konnte ich an seinem Blick sehen. „Ich mag dich wirklich Nina..", sagte er und plötzlich fühlte ich mich sehr unwohl unter seinem Blick und wurde rot. Schüchtern senkte ich den Kopf und blickte dabei unwissend wie ich war hinunter. Vor Schreck bekam ich fast keine Luft mehr. Meine Augen wurden groß. Ich hatte zwar nicht wirklich Höhenangst, aber das hier brachte mich wirklich aus der Fassung. „Vielleicht sollten wir wirklich langsam gehen", lachte er amüsiert über meinen panischen Blick.
DU LIEST GERADE
Die FEA Chroniken
FantasyStell Dir vor, du lebst seit du denken kannst in einem kleinen Vorstadtort, aber auf einmal ist nichts mehr wie es mal war.... Genau so ergeht es der sechzehnjährigen Nina, als ein schreckliches Ereignis ihr Leben für immer verändert. Auf einem abge...