Kapitel 11

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KIARA

Während der ganzen Autofahrt schwiegen wir alle. Reece starrte wie immer auf sein Handy. Kaden sass bloss da und schaute aus dem Fenster. Und ich sass mittendrin und schaute mich nervös um. Ich trug die weissen Heels gerade mal knappe zwanzig Minuten und meine Füsse fingen schon an zu schmerzen.
Die Limousine hielt ruckartig und die kratzige Stimme des Fahrers ertönte:
„Alle mal aussteigen" Die Türen wurden geöffnet und alle stiegen nacheinander aus. Ivana hackte sich bei Alejandro ein und stolzierte voraus.
„Kannst und diesen Dingern überhaupt laufen?" flüsterte mir Kaden zu.
„Ich hoffe es" antwortete ich stumm und folgte den anderen.
Als ich das Gebäude betrat, dass quasi nur aus Fensterscheiben bestand, wurden wir direkt freundlich begrüsst.
Einige warfen mir zwar komische Blicke zu, die ich gekonnt ignorierte, und Kaden und Reece zur Bar folgte.
„Drei Colas bitte" mahnend schaute ich zu Kaden. Er verdrehte die Augen und setzte sich neben mir auf den Barhocker.
„Wie lange dauert das hier?" meldete sich nun auch Reece zu Wort.
„Zu lange" brummte Kaden und winkte dem Barkeeper zu. Solange es nur bei einem bleibt sollte ja alles gut gehen.

Ganze vier Stunden sind schon vergangen und Alejandros Rede stand noch an. Aus den Drinks die Kaden bestellt hat wurden es mehr als fünf. Er versuchte zwar sich zusammenzureissen, doch sein leichtes Lallen konnte er nicht wirklich überspielen. Reece dagegen hatte nach dem zweiten aufgehört und schenkt seine volle Aufmerksamkeit wieder seinem Handy.
Die Musik verstummte sowie alle Gespräche im Saal und alle schauten nach vorne zum Rednerpult. Alejandro stand dahinter und schräg hinger ihm Ivana.
„Guten Abend Damen und Herren" er liess seinen Blick über die Menschenmasse fliegen.
„Ich hoffe sie alle haben sich gut unterhalten..." als er anfing von Zahlen und neuen Projekten zu reden wendete ich mich ab.
Erst als Kaden mir auf die Schulter tippte schaute ich auf.
„Du musst nach vorne" flüsterte er. Ich runzelte die Stirn.
„Komm Kiara sei nicht so schüchtern" rief Alejandro. Unsicher stand ich auf und lief nach vorne. Alejandro kam mir lächelnd entgegen und griff nach meiner Hand.
„Wir haben uns dazu entschieden dieses tolle Mädchen zu adoptieren." fing er an. „Sie ist von Familie zu Familie gezogen. Immer und immer wieder. Sie hatte nie ein richtiges Zuhause. Und jetzt ist sie bei uns. Jetzt hat sie ein Zuhause und richtige Eltern" Die Gäste fingen an zu applaudieren. Erwartend schaute ich zu ihm. Er ignorierte mich komplett.
„Sie hat mir mal erzählt dass sie sich immer alleine gelassen gefühlt hat. Dass Abends oft geweint hatte. Doch das ist nun vorbei" Entsetzt schaute ich ihn an. Ich entriss ihm meine Hand. Überrascht drehte er sich zu mir. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verliess ich die Bühne und lief zum Tisch zurück.
Kaden und Reece schauten mich besorgt an. Die Blicke der beiden ignorierte ich. Alejandro und Ivana  benutzten mich doch nur. Für ihr Image. Wie konnte ich so naiv sein und glauben dass sie mich wirklich mögen würden?

Die nächste Woche ignorierte ich Ivana und Alejandro. Ich verbrachte viel Zeit mit Kaden und Reece. Reece hatte endlich aufgehört die ganze Zeit über auf sein Handy zu starren. Ich hatte ihn schon einige male gefragt ob was passiert sei. Als Antwort schüttelte er bloss den Kopf.
Ivana hatte schon einige male das Gespräch mit mir gesucht, ich wich ihr jedoch jedes mal aus. Die Dinge die Alejandro auf der Bühne erzählt hatte, habe ich vor langer Zeit mal einem Psychologen erzählt. Er hatte ohne mich zu fragen so viel von mir wildfremden Menschen erzählt. Meine Gefühle gingen niemanden ausser mir was an, deshalb ging ich auch nicht mehr zum Psychologen.
Alejandro hat mich seitdem ignoriert. Was mir herzlich egal war. Ich war sogar froh darüber.
"Okey was unternehmen wir heute? Ich habe es satt mit zwei dauerhaft schlecht gelaunten Leuten an einem Tisch zu sitzen." Kaden klopfte auf den Tisch und lehnte sich zurück.
"Jemand eine Idee?" Er schaute uns erwartend an.
"Keine Ahnung" brummte Reece.
Kadens Blick schweifte zu mir. Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern.
"Keine Ahnung. Wie wäre es mit Strand?" schlug ich vor. Ich hatte es auch langsam satt nur Zuhause zu hocken und angepisst zu sein, weil mich mal wieder zwei Menschen enttäuscht haben.
"Dann packt eure Sachen wir gehen an den Strand" Kaden sprang auf und klatschte sich in die Hände. Reece verdrehte genervt die Augen, stand aber ebenfalls auf und folgte Kaden und mir nach oben.


"Da vorne wäre es doch gut" Die beiden Brüder folgten meinen Blick.
"Sieht hier doch überall gleich aus" brummte Reece und lief los.
"Was für eine Laune" bemerkte Kaden und folgte Reece.
"Ich frage mich was mit ihm los ist. Ich meine es muss was passiert sein so wie er gerade drauf ist" Kaden zuckte mit den Schultern.
"Denke ich auch aber er will nicht mit uns darüber reden. Im Moment jedenfalls nicht, und ich will ihn nicht dazu drängen."
Nachdenklich blickte ich zu Reece der es sich auf seinem Badetuch bequem gemacht hatte und seine Sonnenbrille aufsetzte. Kaden hatte Recht. Wir müssen ihm bloss ein wenig Zeit geben.
"Lassen wir ihm Zeit" flüsterte ich Kaden zu.
"Was tuschelt ihr denn da so?" Reece schaute zu uns hoch.
"Nichts" antwortete Kaden und breitet sein Tuch neben Reece aus. Ich tat es ihm gleich und breitet mein Badetuch neben ihm aus.
"Wann schleppen uns Ivana und Alejandro wohl zur nächsten Gala?" fragte ich die beiden und schaute aufs Meer hinaus.
"Sehr bald so wie ich sie kenne" bemerkte Kaden. Reece nickte bestärkend.
"Wir werden diese Ferien mehr Galas besuchen als wir diesen Strand besuchen" bemerkte Reece.
"Denkt ihr er hält die Rede vom letzten Mal bei jeder Gala?" fragte ich die beiden. Wenn ja musste ich das verhindern.
"Ich glaube nicht. Die letzte Gala war schließlich für die beiden und er hält nicht bei jeder Gala eine Rede." Versuchte Kaden mich zu beruhigend.
"Hoffe ich mal. Das war verdammt unangenehm." Reece schaute mich mitleidig an.
"Ich bin ihnen ja dankbar dafür das sie mich aufgenommen haben und mir so viel bieten aber ich will nicht ausgenutzt werden nur damit sie gut dastehen"
Beide hörten mir aufmerksam zu.
"Das gibt ihnen noch lange nicht das Recht dich so bloßzustellen und jedem von deinen Gefühlen zu erzählen." Wendete Reece ein.
"Auch wenn sie dir soviel bieten können sie können dir nur materielles bieten" mischte sich nun auch Kaden ein.
"Auch wenn wir uns alle wünschten es wäre anders" fügte Kaden leise dazu.
Reece und ich sagten nichts dazu und schwiegen.
"Es war nicht immer so" hauchte Reece und schaute zu seinem Bruder.
"Ich weiss, aber es wird nie mehr so sein wie früher"
Mir wurde gerade wieder bewusst wie kaputt diese Familie eigentlich war. Konnte man so eine kaputte Familie wieder zusammensetzten? Gab es denn noch Hoffnung?

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