REECE
Als die Erinnerungen an diesen Tag vor meinen inneren Augen aufblitzten lag ein schwerer Stein auf meiner Brust. Fast jede Nacht hat sich dieser Tag in meine Träume geschlichen. Immer war ich verschwitz und panisch aufgewacht. So kam es dass ich oftmals nicht mal mehr versuchte zu schlafen.
Ein Jahr zuvor
„Die letzte Gala war der Horror" stimmte ich Noah zu. Sein Lachen drang durch den Hörer.
„Die nächste wird hoffentlich besser" Ich brummte zustimmend. Die Galas wurde aber nur schlimmer. Am Anfang war es ja noch interessant aber wenn du fast jedes Wochenende ,und teilweise auch unter der Woche, dort verbringst hast du die Nase voll.
„Du Noah..." ich wurde von einem lauten Schrei unterbrochen. Er ging mir durch Mark und Bein.
„Mom?" hörte ich Kaden kurz darauf schreien. Wieder ertönte ein lauter Schrei.
„Alles okay?" drang Noah besorgte Stimme durch den Hörer. Ich antwortete nicht. Ich trat in den Flur hinaus und folgte den Stimmen. Immer wieder hörte ich Kadens verzweifelte Stimme.„Bitte Aurelia"
Mit dem Handy am Ohr näherte ich mich Aurelias Zimmer.
„Verdammt du sollst aufwachen" seine Stimme wurde immer lauter und verzweifelter.
„Reece ist alles in Ordnung? Wieso brüllt Kaden so rum?" Wieder gab ich keine Antwort.
„Aurelia" schrie er und ich blieb hinter Ava und Mom stehen. Sie standen vor Aurelias Zimmer. Ava drehte sich zu mit. Die Tränen liefen ihr in Strömen über die Wangen.
„Schwesterchen du musst aufwachen" hörte ich Kaden rufen. Ava versuchte mich am Arm festzuhalten, doch ich schüttelte ihre Hand nur ab.
„Was ist hier los?" Ava klammerte sich an meinem Arm fest.
Ein lauter Schluchzer entwich meiner Kehle als ich Aurelia und Kaden auf dem Boden liegen sah. Mein Handy fiel mit einem dumpfen Knall auf den Boden. Kaden sah auf und blickte mich Tränenverschmiert an. Ava hielt sich noch immer an meinem Arm fest und weinte. Auch mir rollten immer mehr Tränen über die Wangen.
„Mom sie wacht nicht auf" hörte ich Kaden schluchzen. Er zog sie näher an sich ran.
Entsetzt starrte ich auf die Blutlache neben Aurelia. Mein Blick auf ihren blutverschmierten Arm. Als ich erkannte woher all dieses Blut kam stockte mir der Atem.
„Nein" hauchte ich und lief auf die beiden zu.
„Nein. Nein. Nein!" immer und immer wieder schrie ich dieses Wort. Das war nur ein fieser Streich. Das passierte nicht wirklich. Oder doch?
Blind griff ich nach einem Shirt das hinter mir auf dem Boden lag und wickelte es um ihr Handgelenk.
„Ich kann ihr noch helfen" stammelte ich. Fest drückte ich es auf die blutende Wunde.
Kaden beobachtete mich wortlos.
Plötzlich wurde ich von ihr weggezerrt. Ich schlug um mich.
„Nein! Lasst mich los!" schrie ich.
„Lasst mich los!" brüllte ich wieder.
„Hör auf Reece" drang die energische Stimme meines Vaters zu mir durch.
Auch Kaden wurde von Aurelia weggezerrt. Ava hatte sich bereits zu ihm gekniet und ihn in den Arm genommen.
Weinend sah ich zu wie Aurelia auf eine Trage gehoben wurde und aus dem Zimmer geschoben wurde.Jetzt
KIARA
Geschockt starrte ich auf den Boden.
„Wieso?" hauchte ich kaum hörbar.
„Sie kam nicht mehr mit sich selbst klar" antwortete mir Alejandro.
„Stimmt nicht!" zischte Kaden.
„Sie hat sich umgebracht weil jeder scheiss Mensch sie verurteilt hat. Weil sie sich von ihrer eigenen Familie ungeliebt gefühlt hatte. Weil sie alleine war. Weil sie mit allem alleine fertig werden musste. Weil sie Depressionen hatte" Zitternd vor Wut stand Kaden mir gegenüber.
„Jahrelang hat sie gelitten. Und nicht mal ihre eigene Familie hat es bemerkt" fassungslos blickte er Alejandro an.
„Ich war nicht für sie da" hauchte er.
„Es ist nicht deine Schuld" beruhigte ich ihn. Jedenfalls versuchte ich es. Sein Kopf flog zu mir. Er schüttelte heftig den Kopf.
„Es ist meine Schuld" entgegnete er.
„Ich hätte für sie da sein sollen. Ich hätte es bemerken müssen!" verzweifelt blickte er mich an.
Als ich wat entgegen wollte, wurde ich aber unterbrochen.
„Nein es ist meine Schuld" Überrascht schaute wir alle zu Ivana.
„Ich bin ihre Mutter! Ich hätte es bemerken müssen" Mit glasigen Augen blickte sie uns an.
„Es war ihre Entscheidung. Wenn sie wollte hätte sie uns von ihren Problemen erzählt" fuhr Alejandro Ivana an.
„Nein. Es war und ist unsere Aufgabe für unsere Kinder da zu sein. Ob adoptiert oder nicht adoptiert" ihr Blick schweifte zwischen Kaden, Reece und mir hin und her.
„Wieso bist du gestern so ausgerastet Kaden?" wechselte Alejandro schnell das Thema. Entsetzt blickte ich ihn an. Vor ihm standen gerade seine zwei weinende Söhne die um ihr tote Schwester trauerten und sich selbst die Schuld an ihrem Tod gaben, und er? Ihn interessiert nur seine dämliche öffentliche ‚Blamage' Bevor Kaden oder Reece was entgegnen konnten meldete ich mich zu Wort.
„Wieso? Vielleicht weil er sein ganzes Leben belogen wurde? Weil er verletzt war?" Alejandro schaute überrascht zu mir.
„Ist doch keine grosse Sache" entgegnete er gleichgültig.
„Ehm sicher schon!" zischte ich. Entsetzt schaute ich ihn an.
„Vielleicht solltest du einmal aufhören an das Geschäft zu denken und endlich deinen Kindern mehr Aufmerksamkeit schenken" fuhr ihn Reece an.
„Du hättest so einige Dinge bemerkt" fügte er hinzu. Kaden und ich wussten genau auf was er anspielte. Kaum merklich schüttelte Kaden den Kopf. Es war definitiv nicht der richtige Moment dafür. Alejandro würde an die Decke gehen. Egal was er nun sagen würde.
„Was meinst du damit?" hakte er prompt nach.
„Vielleicht dass deine Söhne sich seit ihrem Tod mit Schuldgefühlen rumschlagen? Kaden hat alle von sich gestossen. Sogar Ava. Und ich habe kaum Zeit Zuhause verbracht. Weil mich jede einzelne Ecke an sie erinnert hat. Und Mom? Sie ertränkt ihre Sorgen in Alkohol. Und sie hat uns Links liegen lassen. Und was tust du? Du interessierst dich einen Dreck für deine Familie. Du planst einfach das nächste Gebäude." Traurig blickte er seinen Vater an. Ihm war die Enttäuschung deutlich anzusehen.
„Du hast uns im Stich gelassen" fügte er mit zitternder Stimme hinzu.
„Denkst du das ganze war einfach für mich?" fuhr ihn nun Alejandro an.
„Denkst du wirklich das mir meine eigene Tochter so egal war besser gesagt ist?" seine Stimme zitterte.
Seine kalte Maske fiel und zum Vorschein kam ein verzweifelter und besorgter Vater.
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New Family
Teen FictionKiara zieht ständig um. Kiara wechselt ständig die Schule. Und sie wechselt ständig ihre Familie. Sie ist im Heim aufgewachsen und ist mit vierzehn Jahren zu ihrer ersten Pflegefamilie gezogen. Nun ist sie bald siebzehn und wechselt zum sechsten mal...