5 Träume

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Der Aufstieg zur Uhru Klamm wurde, wie zu erwarten, beschwerlich. Wie Naréen vorhergesehen hatte, war sehr viel Schnee gefallen. Doch ohne Murren kämpften sie sich den Weg hindurch, Meter um Meter. Die Pferde hatten sie in das Tal zurückgeschickt, da sie im dichter werdenden Schnee stecken blieben. Diese würden den Weg alleine zu ihren Ställen zurückfinden. Ahrèn schritt voran, dicht gefolgt von Gåny und Naréen, als Abschluss kam Origenes. Naréen sah immer wieder vorsichtig über ihre Schultern, da sie von Origenes weiterhin misstrauisch beäugt wurde.

Nach der Zeit des Mittags erreichten sie endlich die Klamm. Es war ein schmaler Pfad, entlang einer tiefen Felsschlucht, ohne Halt, außer dem Felsen auf der einen Seite, der Teil der fast senkrecht aufragenden Gebirgswand. Ahrèn lies die Gruppe sich an einem Seil gegenseitig fest aneinander binden. So wagten sie den Übergang. Langsam tasteten sie sich vorwärts. Unter ihren Füßen bröckelte Gestein nach unten in die Schlucht. Die Berge ragten bedrohlich über ihnen auf, als sähen sie bedeutungsschwanger zu ihnen herunter. An einigen Stellen sah man, dass der ansonsten recht breite Weg der die Klamm überwindbar machte, weggebrochen war. Nur noch dünne sich windende Pfade waren übrig geblieben, wie die Reste eines Skelettes. Ahrèn beäugte die Stellen kritisch. Er beugte sich hinab und griff in die zurückgebliebene offene Erde, wie in eine Wunde, die sich noch nicht geschlossen hatte. Er roch an der Erde, die nass war vom Schnee, der die aufgerissenen Stellen weich und noch bröckeliger werden ließ.

„Was denkt ihr im Matsch zu finden?"

Origenes schüttelte hinter ihnen den Kopf und murmelte noch unverständliches in sich hinein. Ahrèn ignorierte seine beißenden Anmerkungen und reichte Gåny seine Hand.

„Was denkt ihr?"

Der Bergmensch verstrich ein wenig Erde in seiner Hand und roch ebenfalls daran. Er zuckte zurück.

„Das kenne ich, Feuerpulver. Habe davon gehört, aber nicht, dass es das hier bei uns je gab."

Ahrèn wusch sich seine Hand mit Schnee ab.

„Also will uns jemand aufhalten? Jemand aus der Fremde?"

„Will ich meinen."

Ahrèn nickte dem Bergmenschen zustimmend zu.

„Weiter, der Weg ist noch weit und scheint sich seit meinem letzten Übergang sehr verschlimmert zu haben. Haltet euch gut fest und seht zu, dass das Seil zwischen euch gut sitzt."

„Als ob uns ein Seil retten könnte."

Origenes zog an dem Seil um seine Körpermitte. Seine Rüstung knartzte darunter. Naréen sah ihn tadelnd an.

„Die Rüstung wird euch hier nicht sehr nützen."

„Sie ist der Stolz eines Ritters der Ebene."

„Wird euer Stolz euch auffangen, wenn ihr stürzt?"

„Ein Ritter weiß, wie man zu gehen hat."

Narèen setzte zu einer Erwiderung an, doch Ahrèn hob beschwörend die Hände.

„Halt, konzentriert euch auf den Weg, nicht auf einander. Geht!"

Origenes schnaubte verächtlich, während Narèen sich einfach stumm nach vorne drehte und weiterging.

Der Weg war beschwerlich. Sie kamen an eine Stelle, an der eine Lawine aus den Bergen über die Klamm gestürzt war. Der Weg war nun vereist und sie mussten vorsichtig über die Schneewehe klettern. Es war abschüssig, die Wehe hatte sich wie eine Piste über den Weg geschoben. Die Rüstung des Origenes war zwar aus metallum levis und somit leicht, jedoch nicht leicht genug für diesen fragilen Schneeweg. Seine Rüstung war glatt und er rutschte damit vom Schnee ab. Es knirschte unter ihm, und noch ehe er sich festhalten konnte, gab der Boden unter ihm nach und er stürzte.

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