19 Das Seenland Yin

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Der folgende Tag verging mit Warten, endlos scheinendem warten. Niemand kam zu ihnen oder sandte ihnen Nachricht. Gåny nutzte die Zeit und schlief, um sein Defizit der letzten Tage nachzuholen, wie er meinte. Origenes und Ahrèn versuchten sich an einem Brettspiel, das in dem Raum stand und einem der ihren ähnlich schien. Naréen stand meist Abseits und grübelte nach, hielt sich meist von den anderen fern. Als es wieder Abend wurde und sie alle zusammensaßen, machte sich Missmut und Unruhe breit, da auch diesen Tag über wieder niemand zu ihnen gekommen war.

„Wie lange wollen sie uns denn noch warten lassen? Sir Ahrèn, wir sollten anfragen, wie lange das noch dauern soll. Oder, was noch besser wäre, hineinstürmen und sie zwingen mit uns zu sprechen."

Origenes war am unruhigsten von ihnen allen. Er war noch jung und sein Körper voller Tatendrang, was dem jetzigen Zustand sehr entgegenlief. Das Maß seiner Beherrschung war schon voll, er hätte alles getan, nur um nicht mehr still wartend sitzend zu müssen.

„Drängen wird uns nichts nützen. Aber es ist eigenartig. Mich beschleicht ein ungutes Gefühl. Etwas stimmt nicht!"

Naréen stand plötzlich auf und trat an eine der Türen. Ahrèn sah ihr prüfend nach, ihr Blick durchstreifte die Umgebung und suchte nach Ungewöhnlichem.

„Da ist jemand im näheren Garten, der um unser Haus ist."

Sie wurden alle wachsam, Origenes konnte auch eine gewisse Freude daran nicht verbergen. Ahrèn stand auf und trat neben sie.

„Könnt ihr erkennen, wer es ist?"

„Es ist ein Mensch von hier. Einer der Krieger des Kuan Kung, denen wir in der Ebene begegnet sind."

„Wo?"

Sie deutete mit einem leichten Kopfnicken in eine Richtung.

„Dort hinter den Büschen."

„Spürt ihr Gefahr von ihm ausgehen?"

Sie sah ihn kurz neugierig an, dann spähte sie wieder nach draußen.

„Nein, dafür ist er zu unruhig, aber das bemerkt ihr doch sicher auch selbst."

„Ja, aber einer allein kann sich auch irren."

Er lächelte kurz. Dann ging er nach draußen. Er setzte sich auf die Treppen vor dem Haus, welche in das Gebiet zeigten, in welcher sich der Soldat befand. Es raschelte leise. Ahrèn lächelte, sein Gegenüber war nicht sehr auf Tarnung bedacht, noch darauf, nicht von ihnen bemerkt zu werden.

„Seid ihr Ahrèn, der Krieger aus Ygg-Drasil?"

Er nickte. Sah aber nicht in die Richtung, aus der das Flüstern kam, sondern pflückte ein paar Blumen neben sich und verdrehte diese in seinen Fingern.

„Ich habe eine Botschaft für euch. Ich werde sie an diesem Busch hier befestigen. Seid vorsichtig, man beobachtet euch."

Dann verschwand der Bote. Ahrèn stand langsam auf und schlenderte durch den Garten. Erst nach etwa einer viertel Stunde gelangte er, wie zufällig, an den Busch und machte unbemerkt die Botschaft los und nahm sie mit. Langsam bewegte er sich zurück in das Haus. Die anderen warteten scheinbar ruhig, doch als er wieder in den Raum kam, setzten sie sich ungeduldig auf und sahen ihn an.

„Nun? Von wem ist sie?"

„Ich habe noch nicht nachgesehen, Meister Gåny. Schließt die meisten Türen, es soll aussehen als machten wir uns für die Nacht bereit."

Sie taten es, ohne Hektik, scheinbar ruhig. Naréen zündete einige Kerzen an. Ahrèn öffnete den Brief. Er war in einem großen Blatt, zu einer Rolle geformt versteckt.

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