8 Der Rat der Inuis

84 9 4
                                    

Nach einem halben Tag Marsch, kamen Ortés, seine Männer, der Wolfsmensch und ihre Führer in eine Senke. Es ging auf einen vereisten See zu. Am Ufer gab es sehr viele Büsche und Sträucher. Die beiden Inuis führten sie direkt darauf zu, hindurch, durch das Buschwerk, ohne erkennbare Pfade zu beschreiten. Die Männer folgten vorsichtig. Die Stelle war gut für einen Hinterhalt und trotz das der Vater des Ortés nur Gutes von den Inuis berichtet hatte, so achteten sie doch sehr auf ihre Sicherheit. Allen war es nicht wohl, mit einem lebenden Menschen der Insel Juton unter ihnen in das Lager der Inuis zu kommen. Am Ufer angelangt, hielten sie.

„Wir müssen nun mit Booten weiter. Wir haben zwei, es wird eng werden."

Ikul deutete in das Strauchwerk. Sein Bruder Pan, zog erst ein, dann noch ein zweites schmales längliches Kanu hervor. Die Männer machten sich daran, es in das Wasser zu lassen. Vorsichtig verstauten sie alle ihre Habseligkeiten und paddelten los. Langsam glitten sie über die Eisfläche, durch eine Rinne, welche sie vorher nicht bemerkt hatten. Diese war vom Eis befreit worden, was darauf schließen ließ, dass die Inuis öfter hier waren.

Der See schien zu dampfen, Nebel stieg von der Eisoberfläche auf und trübte die Sicht auf kürzere Entfernungen. Der Himmel färbte sich in Rosa, violett und orange Töne - die Sonne ging prachtvoll am Horizont unter. Der Himmel schien hier größer zu sein, einzelne Wolken Bänder am Himmel färbten sich im Abendlicht und ließen alles um sie herum unwirklich erscheinen. Sie sahen gebannt diesem Schauspiel der Natur zu, ohne jedoch ihr Tun zu vergessen. Die Männer der Inuis lenkten die Kanus in eine Flussmündung. Er machte einen Knick, sodass man durch die Bäume und Sträucher am Ufer, den weiteren Verlauf nicht erkennen konnte. Tosender Lärm drang an ihr Ohr.

„Ein Wasserfall."

Ihindéen lauschte gespannt um sich.

„Bei dieser Kälte? Dieser müsste doch gefroren sein."

Ihindéen wies mit seiner Hand in das Wasser neben sich.

„Bemerkt ihr nicht, Sir Hendelerio, das wir uns nicht mehr auf dem Eis befinden? Dieser Fluss muss einer heißen Quelle entspringen."

Sie sahen alle in das Wasser. Nur der Wolfsmensch kauerte, zusammengezogen vor Ihindéen, wie ein kleines Paket. Hendelerio streckte seine Hand nach der Wasseroberfläche aus. Diese dampfte leicht, so war der Ursprung des Nebels erklärt. Der Wolfsmensch fuhr plötzlich nach vorn. Mit den gebundenen Armen griff er nach der Hand Hendelerios und riss diese nach oben. Er schüttelte heftig den Kopf.

„Wie ihr seht, ist es nicht ratsam, dort hineinzufallen. Das Wasser scheint fast zu kochen. Wir müssen vorsichtig sein."

Ortés drehte sich halb nach Hendelerio um. Dieser zog erschrocken seinen Arm zurück. Der Wolfsmensch sah ihn beschwörend an und zog sich dabei wieder zurück. Leise knurrte er Worte in seiner seltsam klingenden Sprache.

Bevor Hendelerio etwas erwidern konnte, erreichten sie die Biegung des Flusses. Vor ihnen, an den beiden Uferseiten entlang, schmiegte sich die Wohnstätte der Inuis. Von den meisten Hütten sah man nur die Eingänge, der Rest war in den Boden oder Felsen gegraben. Sie hoben sich farblich kaum vom Hintergrund ab, selbst die Eingänge wirkten wie Buschwerk. Die Menschen der Inuis, welche ihrem Tagwerk nachgingen oder einfach nur in Gruppen vor ihren Wohnungen saßen, sahen auf, als die Ankömmlinge entdeckt wurden.

Es erhob sich lautes Geschrei, als der Wolfsmensch unter ihnen entdeckt wurde. Die Menschen folgten ihnen am Ufer entlang und einige warfen Erdklumpen nach dem Kanu, in welchem der Wolfsmensch kauerte. Dieser zog sich noch mehr in sich zusammen.

Vor einer Art Versammlungsplatz hielten sie. Einige Männer am Ufer warfen Leinen zu ihnen und so zog man sie an das Ufer heran und befestigte die Kanus. Sie stiegen aus, an Land. Der Wolfsmensch hielt sich eng an Ihindéen, die anderen versuchten, ihn durch sich selbst zu verdecken. Die herandrängenden Inuis stimmten einen noch lauteren Schreigesang an.

LichtweltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt