ursprünglich: 22.08.2019
Überarbeitung: 26.12.2023
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Ob die Zwei auch einmal ohne einander auskamen? Jimin verdrehte nur die Augen und wandte den Blick ab. Ihr Maknae wechselte wieder zwischen all den verschiedenen Gefühlsstadien: Panik, Aufregung und Ungeduld. Natürlich suchte er Schutz in Yoongis Armen. Was auch sonst? Das schien ja sein absoluter Lieblingsort zu sein. Es gab ja niemand anderen hier, der ihn Trost spenden wollte.
In den letzten Tagen schienen sie sich noch näher gekommen zu sein. Schon vorher hatten sie viel Körperkontakt. Die Beiden waren nahezu untrennbar. Mittlerweile suchten sie schon auffällig oft die Nähe des jeweils anderen. Es war, als wären sie Herz und eine Seele. Yoongi hatte vorher keinen direkten Favoriten in der Makne-Line. Er hatte sich um jeden von ihnen auf seine eigene Art und Weise gekümmert. Die Lage schien sich jetzt geändert zu haben.
Wenn er es nicht besser wüsste, würde er vermuten, zwischen ihnen wäre mehr als eine bloße Freundschaft. Vielleicht versteckten sie ja etwas vor ihnen... Ihre wandernden Hände widersprachen einer rein platonischen Beziehung. Möglicherweise bahnte sich etwas an. Sie hatten selten die Chance dazu gehabt, jemanden offen zu daten. Zu Beginn war es ihnen auch strikt verboten. Die Regelungen hatten sich erst mit der Zeit gelockert.
Jimin zog für einen Moment die Augenbrauen zusammen. Er legte eine Hand an seine Brust, verwirrt von dem stechenden Ziehen darin. Machte ihn der Gedanke daran zu schaffen? Sollte er nicht glücklich für seinen Hyung sein, wenn er eine Person gefunden hatte, der er seine Zuneigung zeigen konnte? Störte ihn es, dass die beiden gegebenenfalls, die Gruppe in Schwierigkeiten bringen könnte? ... Nein. Das war es nicht... Nicht dieses Mal.
Jimin hatte keine Möglichkeit dazu, seine Gedanken vollständig zu ordnen. „Jungs. Macht euch bereit. In fünf Minuten müsst ihr auf die Bühne." Eine junge Dame mit Headset auf dem Kopf winkte sie zu sich.
„Ich bin so aufgeregt." Sunwoo tippelte nervös auf der Stelle. „Mein allererster Auftritt... und tausende Fans..." Von einer Sekunde auf die andere wurde er kreidebleich. Es wirkte fast so, als wollte seine Seele seinen Körper verlassen. Jimin legte beide Hände auf seine Schultern, um ihn wieder zu sich zu bringen. „Du wirst das überstehen. Sieh mal... Du hast es schon so weit geschafft." Das Lächeln auf seinen Lippen wirkte so sanft.
Für einen Moment wandte Sunwoo schüchtern den Kopf ab, ebenfalls mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen. „Und hey! Du bist dann wirklich ein vollständiger Teil dieser Gruppe. Es gibt kein Entfliehen mehr", scherzte Taehyung und trat ebenfalls näher zu ihm, um nach seinen Händen zu greifen. „Willst du ihm drohen?" Jungkook stieß ihn leicht zur Seite. Sunwoo sah jeden von ihnen mit einem warmen Funkeln in den Augen an. Er war so froh, dass er sie seine Hyungs nennen durfte.
„Keine Panik, ja?" Jimin ließ seine Hände von Sunwoos Schultern gleiten. „Du hast hart für diesen Tag gearbeitet. Du wirst keinen enttäuschen. Nicht die da draußen und sicherlich nicht uns, okay?" Mit seinen Fingern strich er eine Haarsträhne von Sunwoos Stirn. „Du hast dich schon bewiesen... Hör auf an dir selbst zu zweifeln."
Sunwoo schmiegte sein Gesicht in die Hand des Älteren, die er auf seiner Wange ruhen ließ. „Und egal, was da draußen passiert... wir sind stolz auf dich. Du kannst genauso stolz auf dich selber sein." Jimin wollte nicht auf Abstand gehen, doch es waren vielleicht noch Sekunden bis zu ihrem Auftritt. „Genieße es dort draußen. Entfalte dich... und begreife, warum du dich für diese Laufbahn entschieden hast." Denn es gab nichts Schöneres die Freude auf den unzähligen Gesichtern zu sehen.
Der Beginn des Konzertes entpuppte sich fast als Katastrophe. Für einen Moment hatte die Nervosität überhand gewonnen. Sunwoo wäre fast aus ihrer Ausgangspose gestolpert, hätte Jungkook ihn nicht am Kragen gepackt. In den ersten Liedern fiel es ihm deutlich schwerer die Töne zu halten, da seine Stimme unentwegt Zitterte.
Es half sicherlich nicht dabei, dass die Bühnenoberfläche furchtbar rutschig war. Sunwoo war mehrmals darüber geschlittert und hätte auch beinahe mit dem Boden Bekanntschaft gemacht, hätte ihn Hoseok nicht davor bewahrt. Der Jüngere hatte ihn furchtbar schuldbewusst angesehen. Die Verzweiflung konnte man allzu einfach von seinem Gesicht ablesen.
Hoseok schien ein wenig gereizt zu sein. Aber Jimin war sich dieses Mal ziemlich sicher, dass es nicht an Sunwoo lag... sondern an den Vorsichtsmaßnahmen, die mal wieder nicht im Vorherein getroffen wurde, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Da er Sunwoo nicht mit Worten aufmuntern konnte, hatte er ihn für einen winzigen Augenblick in die Arme gezogen, bevor sein Part kam.
Der Anblick war schon ein wenig niedlich. Wie Sunwoo dagestanden hatte... vollkommen perplex. Mit großen Augen. Jimin musste ihn wieder mit sich ziehen, damit er sich wieder regte. Normalerweise war ihm eine perfekte Performance wirklich wichtig. Aber an diesem Tag konnte er tatsächlich Abstand davon nehmen. Er wollte, dass Sunwoo aus sich herauskam und ihn so zu sehen... wie er es einmal war. Frei. Verbunden mit der Liebe zum Tanzen.
Nach und nach gewann Sunwoo an Sicherheit. Er passte sich dem Tempo der Anderen an. Seine Bewegungen wurden deutlich präziser und energischer. Sein altes Selbstbewusstsein schimmerte allmählich hervor. Er konnte seiner Stimme viel mehr Stärke verleihen. Die Töne sang er aus voller Brust. Nun war es eine Kombination aus dem, was man ihm in seinem Trainee-Dasein gelehrt hatte und seiner Emotion mit der er diese Geschichte wiedergab.
Jimin konnte nicht anders als über beide Ohren zu grinsen. Er konnte sich in ihm wiedererkennen. Für einen Moment fühlte er sich in die damalige Zeit zurückversetzt, als er mit seinen Freunden die ersten Male die Bühne betrat.
Und für einen Moment brachte ihn Sunwoos. Anblick zum Stocken. Die dunklen Locken klebten bereits wirr an seiner Stirn und seine blasse, schweißbedeckte Haut schimmerte unter dem Licht der Bühnenscheinwerfer. Doch seine Augen strahlten noch viel mehr. In ihnen steckte so viel Freude... so viel Stolz. Er schien zu verstehen, was ihn all die Jahre angetrieben hatte.
In Jimins Inneren breitete sich ein warmes Gefühl aus. Es kribbelte angenehm unter seiner Haut. Die Glückshormone sprossen regelrecht durch seinen Körper. Er wollte sich nicht aus seiner Starre lösen. Sunwoo so sehen zu können, erfüllte ihn auf eine seltsame Weise. Doch all das musste ein Ende haben. Im Vorbeigehen stieß ihm Jungkook recht unsanft in die Seite. „Hör auf zu sabbern und konzentrier dich!", zischte er ihm zu.
Die Geste hatte er für das Publikum mit einem breiten Grinsen kaschiert. Es sollte so wirken, als würde er nur seinen Hyung necken. Es war jedoch ein deutlicher Hinweis, denn Jimin bemerkte, dass er es geschafft hatte, seine eigene Line seine eigene Line zu verpassen.
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„Ich bin so erledigt." Sunwoo nutzte die erstbeste Chance sich auf den nächsten Stuhl fallen zu lassen. „Die kleinen Auftritte, die man als Trainee hat, sind nichts im Vergleich zu so einem großen Konzert." Er ließ seinen Kopf in den Nacken fallen. Trotz der Erschöpfung trug er ein breites Grinsen im Gesicht.
„Du hast dich gut geschlagen." Jimin legte von hinten die Hände auf seine Schultern. Das Grinsen auf Sunwoos Lippen wich ein wenig. „Tut mir leid, dass ich zu Beginn so viele Fehler gemacht habe."
„Dir sei verziehen." Namjoon ließ sich auf dem Stuhl ihm gegenüber fallen. „Man hat dir deutlich angesehen wie nervös du warst. Es war schließlich dein erstes Mal. Deswegen werden es die Fans auch verstehen können."
„Deine Stage-Präsenz wird auch mit jedem kommenden Konzert besser werden. Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen", fügte Hoseok hinzu, ein warmes Lächeln auf seinen Lippen, „Außerdem muss ich mich Jimins Aussage anschließen. Ich finde du hast dein Können bewiesen." Sunwoo sackte deutlich erleichtert in sich zusammen, dankbar für die aufbauenden Worte seiner Hyungs.
„Ich muss aber zugeben, dass ich echt eifersüchtig auf eure Fans bin", brummelte er und verschränkte die Arme, „Auf der Bühne hatte ich kaum eine Chance euch zu bestaunen. Der einzige Vorteil war, dass ich Seokjin bei seinem Solo direkt von der Seite anstarren konnte. Das war einfach so atemberaubend schön."
„Hör auf zu schleimen", erwiderte Jin nur, doch das selbstzufriedene Lächeln verriet ihn. Sunwoo kicherte leicht, als Jimin ihm in die Wange kniff und ihn als „kleinen Fanboy" bezeichnete.
„Ich weiß wir haben in der Vergangenheit sehr stark über dich geurteilt." Taehyung kratzte sich leicht verunsichert an der Wange und lächelte beschämt. „Du hast dich in der letzten Zeit wirklich verbessert. Du bist viel lockerer geworden. Auch wenn du heute zu Beginn echt aufgeregt warst, hat man gesehen, dass du Spaß an der ganzen Sache gehabt hast. Es ist schön dich nun so sehen zu können. Das Selbstbewusstsein steht dir."
„Ah. Jimin dachte wohl das Gleiche." Jungkook hob provozierend die Augenbrauen. „Der ist aus dem Starren gar nicht mehr rausgekommen." Sein Hyung stockte in jeglicher Regung, ehe er den Kopf hob. „Halt die Klappe, Jungkook!" Sein böser Blick zeigte bei dem Jüngeren jedoch kaum Wirkung, denn dieser grinste nur schadenfroh.
Sunwoos Ohrenspitzen nahmen einen deutlichen Rotton an. Er traute sich gar nicht mehr, zu Jimin aufzusehen. Dieser bot keinen besseren Anblick. Sein ganzes Gesicht trug eine gesunde Rötung. Taehyung versuchte sein Glucksen hinter einem Räuspern zu verbergen, aber es geling ihm nicht so recht. Jimin verpasste ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. „Yah! Hab ein wenig Respekt. Ich bin dein Hyung!"
~...~
„Danke, Hyung", murmelte Sunwoo, der sein Gesicht in Jimins Schulter versteckte. Die beiden standen bereits draußen und warteten auf den Rest der Gruppe. Jimin ließ seine Finger durch das wuschelige Haar gleiten. Auf seinen Lippen trug er ein liebevolles Lächeln. „Wofür denn?"
„Dass du mir damals eine Chance gegeben hast." Sunwoo löste sich ein wenig, um ihn direkt ansehen zu können. „Ohne euch hätte ich nicht mehr die Möglichkeit gehabt, diesen Weg zu beschreiten."
Jimins Lächeln dimmte. „Ich denke nicht, dass du mir dafür danken solltest." Seine Hand glitt hinab zu der Wange des Jüngeren. „Ich habe es damals darauf angelegt, es dir so schwer wie möglich zu machen. Die anderen waren eher die Stimme der Vernunft. Bei mir hat es erst im letzten Moment ‚Klick' gemacht. Immerhin wäre ich letztlich derjenige gewesen, der deiner Karriere ein Ende bereitet hätte."
Sunwoo schmiegte sein Gesicht in die sanfte Berührung. „Du warst nicht der Einzige... und zum Schluss hat dich dein Gewissen geleitet. Deine Worte... allein deine Anwesenheit an jenem Tag in der Umkleide war ein Grund, warum ich selber nicht aufgegeben habe. In meinem Kopf war ich bereits auf dem Weg nach Hause." Er lachte trocken. „Ich habe mir schon meine Zukunft ausgemalt. Ein Bürojob in einem riesengroßen grauen Gebäude. Ich glaube das wäre mein wahr gewordener Alptraum geworden."
„Es tut mir leid." Allein das Wissen, dass er fast jemanden seine Hoffnungen und Träume geraubt hätte, versetzte ihm einen Stich im Herzen. Er hätte nie gedacht, er würde zu einem solchen Menschen werden... nein... Mensch wollte er es gar nicht nennen. Sein Verhalten war unmenschlich... Er hatte sich von seinen Vorurteilen... und all seiner Unsicherheit leiten lassen.
Und jetzt? Ihm würde etwas fehlen, wenn Sunwoo nicht mehr hier wäre. Sein heiteres Lachen beim Abendessen. Das süße Grinsen, wenn er seine Hyungs ärgerte. Seine schüchternen Umarmungen, wenn er sich nach Körperkontakt sehnte.
„Hyung..." Sunwoos Augen glänzten. Er presste sich wieder nah an Jimin. Seine Arme schlang er umso fester um den Körper des Älteren. Jimin erwiderte diese Geste. „Es tut mir so leid", wisperte er nahe an seinem Ohr. Er würde seine Reue niemals genug ausdrücken können.
Jimin drückte einen Kuss auf Sunwoos Schläfe. Er konnte ihre Nähe kaum auskosten. Die Schuldgefühle rumorten in seinem Magen. Sie überdeckten all diese warmen und wuscheligen Emotionen, die sein Herz höher schlagen ließen.
„Wir sind dahaaa!", schallte eine Stimme über den Platz hinter der Konzerthalle. Taehyung... Niemand anders kündigte sich so lautstark an. „Ich hoffe ihr habt mich nicht zu sehr vermisst!" Jimin und Sunwoo lösten die Umarmung und nahmen ein wenig Abstand voneinander.
„Ich vermisse dich ständig, Tae. Ich kann ohne dich nicht leben", erwiderte Sunwoo etwas melodramatisch und legte sich eine Hand auf die Brust. Taehyung ahmte ihn nach. „Ich werde sichergehen, dich nie wieder alleine zu lassen, mein Herz." Sunwoo grinste breit, als Taehyung ihn zu sich zog, um ihn zu umarmen.
„Ihr seid solche Idioten", murmelte Jungkook mit einem Kopfschütteln. „Kein Grund eifersüchtig zu werden, Kookie." Taehyung zog ihn am Arm zu sich. „Ich habe auch ganz viel Liebe nur für dich." Das Funkeln in seinen Augen schelmisch. „Taehyung! Nein!" Jungkook wollte sich losreißen, doch der Ältere presste ihm kurzerhand einen fetten Schmatzer auf die Wange.
Jungkook wischte sich mit dem Handrücken über die feuchte Haut, sein Ausdruck deutlich angewidert. „Wenn du noch mehr Liebe brauchst, sag Bescheid." Taehyung wackelte verschwörerisch mit den Augenbrauen. „Willst du sterben, Hyung?", drohte Jungkook. Der Ältere zwinkerte ihm ganz unbeirrt zu. „Für dich doch immer."
Jungkook hatte keine Chance etwas zu erwidern, da Taehyung dem Vorbild der Älteren folgte und in den Van stieg. „Idiot", murmelte Jungkook, der versuchte seine roten Wangen mit seinen Händen zu kühlen.
Für die Rückfahrt hatte sich Sunwoo den Platz neben Jimin ausgesucht. Die Hand des Älteren ruhte auf seinem Schoß. Gedankenverloren spielte Sunwoo mit den Ringen an dessen Fingern. „Hyung...", sagte er leise. Als Antwort erhielt er nur ein leises „Mhm?" Sunwoo blickte auf. „Versuch dir selbst zu vergeben, okay?" Jimin wandte den Kopf zu ihm. „Es bringt nichts an der Verbitterung festzuhalten."
„Ich bin noch nicht bereit dafür... mir selbst zu verzeihen." Jimin senkte den Blick. „Ich verstehe auch nicht wie du damit klarkommst." Sunwoo lehnte seinen Kopf gegen Jimins Schulter. „Ich denke nicht darüber nach. Ich habe dir gesagt, ich möchte dich kennenlernen... und eine Verbindung zu dir aufbauen. In den letzten Wochen hast du dich mir gezeigt... und nun kenne ich dein Herz."
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Acht ist einer zu viel - Male!OC (wird überarbeitet)
RomanceYun Sunwoo. Ein talentierter junger Trainee. Er soll der Gruppe BTS beitreten, um sein Können unter Beweis zu stellen und seine Persönlichkeit zu stärken. Doch die sieben Jungs heißen ihn nicht sonderlich Willkommen in ihrer Gruppe. Vor allem der Ju...