Eine Fremde

5.3K 181 81
                                    

Lautes Heulen aus dutzenden Wargkehlen scholl über die grasbewachsene Ebene. Die berittenen Jäger kreisten ihre Opfer ein, die sie stundenlang gehetzt hatten. Mit letztem Trotz hoben die Zwerge und der Hobbit ihre Waffen, bereit für einen aussichtslosen Kampf.

Ängstlich stolperte Bilbo rückwärts.Seine Hände zitterten und das Schwert drohte aus den schweißnassen Fingern zu gleiten. Seine Brust hob und senkte sich vor schweren Atemzügen. Trotz Radagasts Ablenkung hatten sie den Orks nicht entkommen können.

Jetzt schlossen die Angreifer den Kreis enger um ihre Opfer. Bilbo sah sich hektisch um. Um ihn herum machten sich die Zwerge bereit, zu kämpfen. Kili hatte einen Pfeil aufgelehnt und zielte hektisch umher. Dwalin knurrte angriffslustig und Thorins Blick fuhr herum, auf der Suche nach Rettung für seine Gefährten.  Doch es gab kein Entkommen. Sie befanden sich in hügeligem Grasland, umgeben von einigen Bäumen und großen Felsblöcken. "Wo ist Gandalf?", rief jemand. "Er ist fort!", antwortete Dwalin.

Die Zwerge und Bilbo zogen sich langsam zu einem der Felsen zurück. Wir sind verloren, dachte Bilbo. Ihm wurde übel bei der Vorstellung, was die Orks mit ihnen anstellen konnten.

"Haltet sie auf! ", rief Thorin. Kili schoss auf den vordersten Ork. Der Pfeil traf und der Ork kippte mit einem Schmerzensschrei von seinem Warg.

Aber es waren zu viele, als dass Kili sie alle hätte aufhalten können. Bilbo zählte etwas mehr als zwanzig Warge und auf den meisten von ihnen saßen Orks, bis an die Zähne bewaffnet. Ihr Gestank lag über der Gruppe und ließ Bilbo den Atem stocken.

Ach, wäre ich nur Zuhause geblieben, ging es ihm durch den Kopf. Da erklang plötzlich Gandalfs Stimme hinter ihm.

"Hier her, ihr Narren!" Der Hobbit wirbelte herum. Vor dem Fels hinter ihnen stand Gandalf wie aus dem Boden gewachsen. Er deutete auf eine Stelle am Fuß des Felsens.

Bifur lief zu Gandalf und schien in den Boden hinein zu klettern. Als Thorin das sah, winkte er seinen Männern zu, ebenfalls zu Gandalf zu laufen.

Auch Bilbo lief mit einigen anderen zu Gandalf, während die Orks näher kamen. Plötzlich erklang hinter ihm ein gequältes Jaulen. Er drehte sich um. Vor Thorin stürzte ein Warg zu Boden. Der Zwerg riss sein blutiges Schwert aus dem Körper. Wachsam sich umsehend, hielt er das Schwert vor sich und behielt die anderen Orks im Auge.

Bilbo spürte einen Brechreiz in sich hochsteigen, als er sah, wie Blut von Thorins Schwert tropfte. Ein Sirren erklang. Kili hatte einen weiteren Pfeil abgeschossen.

Der Hobbit entschloss sich zur Flucht. Er rannte die letzten Meter zu Gandalf. Vor ihm tat sich ein Loch im Boden auf. Gerade schlitterte Dori das Loch hinab. Bilbo erkannte, dass es in eine kleine Höhle führte. Ohne lang zu überlegen, sprang er hinab. Kurz darauf landete er auf dem harten Höhlenboden.

Nach und nach kamen auch die anderen Zwerge zu ihnen. Oben rief Thorin nach seinen Neffen. Wenig später schlitterten Fili, Kili und Thorin in die Höhle. Gandalf folgte ihnen.

Für einen Moment hörten sie von oben nur die verwirrten Orks, die sich in ihrer Sprache etwas zu riefen. Plötzlich erklang ein Horn. Überrascht sahen die Zwerge, Bilbo und Gandalf nach oben. Selbst Bilbo hatte erkannt, dass das Horn nicht zu den Orks gehörte. Von oben erklangen Hufgetrappel, das Sirren von Pfeilen, die Rufe der Orks und die jaulenden Warge. Kampfgeräusche erklangen über ihnen. Irgendetwas griff die Orks an.

Die Zwerge warfen sich unsichere Blicke zu. Plötzlich hörten sie einen Aufschrei von oben und einen Aufschlag. Dann wurde der Eingang zur Höhle von einem Körper verdeckt. Eine Gestalt in einem grauen Mantel fiel zu ihnen hinab.

Sie schlug mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden auf.

Die Zwerge wichen hastig zurück und zogen ihre Waffen. Wachsam richteten sie diese auf die Gestalt, die sich mühte rasch auf die Beine zu kommen.

Tatsächlich kam sie schnell auf die Beine und warf sich die Haare aus dem Gesicht. Gleichzeitig zog sie in einer fließenden Bewegung einen Dolch und hielt ihn vor sich. Bilbo schnappte nach Luft. Auch die Zwerge erstarrten verwundert. Eine junge Frau stand vor ihnen.

Bilbo und die Zwerge starrten sie an

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Bilbo und die Zwerge starrten sie an. Sie war ungefähr so groß wie die Zwerge. Ihr dunkles Haar fiel ihr bis an die Taille hinab. Sie trug einen langen, grauen Mantel unter dem man einen metallen schimmernden Harnisch erkannte. Die Frau duckte sich leicht wie zum Sprung. Ihr ganzer Körper war gespannt. Sie zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen und musterte die Gruppe mit ihren dunklen Augen.

Dann erblickte sie Gandalf. Augenblicklich entspannte sich ihre Miene ein wenig. "Mithrandir!", rief sie erfreut.

"Lyrann, mein Kind! ", erwiderte Gandalf. Er schob sich zwischen Bombur und Oin hindurch. Als er zwischen den Zwergen und der Fremden stand, sah er mit gerunzelter Stirn auf die immer noch gezogenen Waffen hinab.


"Ihr könnt die Waffen wegstecken, Thorin! ", sagte er an Thorin gewandt, "Lyrann ist euch nicht feindlich gesinnt. " Erleichtert ließ Bilbo sein Schwert sinken. Auch die Zwerge senkten langsam, aber immer noch misstrauisch ihre Waffen. Nur Thorin und Dwalin machten keinerlei Anstalten, ihre Haltung zu ändern.

"Wer ist sie? ", knurrte Thorin zu Gandalf gewandt.

Gandalf seufzte kurz. Dann sagte er: "Ihr Name ist Lyrann. Sie lebt hier in der Gegend. Ich kenne sie seit ihrer Geburt. Vertraut mir, wenn ich euch sage, dass sie euch nicht angreifen wird, es sei denn zur Verteidigung. "

Er wandte sich der Fremden zu. "Lyrann, dies ist Thorin Eichenschild, Sohn des Thrain, Sohn des Thror. Und das hier sind seine Gefährten." Gandalf zählte die Namen der einzelnen Zwerge auf, die Lyrann misstrauisch beobachteten. "Ach ja,", sagte Gandalf, "und das hier ist Bilbo Beutlin, ein Hobbit aus dem Auenland."

Lyrann sah sie alle an, dann steckte sie ihren Dolch weg und deutete eine Verbeugung an. Endlich steckten auch Thorin und Dwalin ihre Waffen weg und neigten kurz die Köpfe in Lyranns Richtung. Für einen Moment herrschte Schweigen.

Dwalin hatte sich abgewandt und untersuchte die Höhle.

"Hier ist ein Pfad!", rief er aus einer Ecke, "Folgen wir ihm? " "Natürlich! ", rief Bofur zurück. Thorin nickte bestätigend und die Zwerge liefen zu Dwalin. Bilbo sah noch, wie Gandalf und Lyrann sich einen wissenden Blick zu warfen. Dann folgte er dem Rest.

Dwalin hatte einen schmalen Durchgang gefunden. Nacheinander gingen sie hindurch. Es war so eng, dass Bombur an manchen Stellen hindurch gequetscht werden musste. Über sich erblickte Bilbo einen schmalen Streifen blauen Himmel. Dann öffnete sich der Weg schließlich zu einer Felsterrasse. Sie versammelten sich auf dem Vorsprung. Von dort blickten sie hinab in ein Tal. Bilbo stockte der Atem. Noch nie hatte er ein Tal von solcher Schönheit gesehen. Mehrere Wasserfälle stürzten ins Tal hinab und bildeten unten angekommen einen schnell fließenden, kleinen Fluss. An die Hänge des Tals schmiegten sich dichte, grüne Wälder. Direkt gegenüber von ihnen sah Bilbo eine Gruppe Häuser. Einige von ihnen waren direkt über den Wasserfällen gebaut. Sie hatten elegante, spitze Dächer. Bilbo erkannte Säulengänge, kleine Pavillons und Brücken über den Flüssen.

Hinter sich hörte er ein scharfes Klirren. Er drehte sich um. Thorin hatte seine Streitaxt laut auf dem Boden abgestellt. Er verschränkte mit wütendem Blick die Arme. "Willkommen im Tal von Imladris!", verkündete Gandalf. "Es ist auch unter einem anderen Namen bekannt. " "Bruchtal.....", murmelte Bilbo ergriffen.

Er blickte wieder zum Tal. Es konnte nur Bruchtal sein, das sagenhafte Haus Elronds.

BastardkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt