Unerwartete Hilfe

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Lyrann zitterte am ganzen Körper. Ihr Gesicht brannte, als wäre es von Thranduil in Brand gesteckt worden. Auch ihr restlicher Körper schmerzte. Ihre Beine wankten unkontrolliert und sie stützte sich schwer atmend auf die beiden Elben rechts und links von ihr. Die beiden hielten sie aufrecht, aber sie passten ihr Tempo nicht der geschwächten Lyrann an. Und so stolperte Lyrann vorwärts, so gut sie konnte. Manchmal schleiften die zwei Elben sie mehr, als dass sie wirklich selbst lief. Der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen. Vor Erschöpfung drohte sie immer wieder in Ohnmacht zu fallen. Es wurde dunkel vor ihren Augen und sie klammerte sich an den Elben fest, um nicht zu stürzen.

Von dem Weg, den sie nahmen, bekam Lyrann kaum etwas mit. Ihre Wächter führten sie Treppen hinunter und durch fackelbeleuchtete Gänge. Durch einen Schleier von Tränen konnte sie vor sich Thorin erkennen, der von einer ganzen Gruppe Elben geführt wurde. Alle paar Schritte drehte der Zwerg sich zu ihr um. Es erschien Lyrann wie eine Ewigkeit, die sie hier durch die Gänge stolperte. Schließlich kamen sie in ein großes Gewölbe und sie hörte, wie mehrere Stimmen ihren Namen riefen.

Undeutlich erkannte sie eine Gittertür vor sich. Erneut wollte die Ohnmacht sie überwältigen. Sie hörte nur, wie die Tür aufgeschlossen wurde und sie nach vorne gestoßen wurde. „Lyrann!" Eine ihr bekannte Stimme rief nach ihr. Lyrann taumelte ein paar Schritte nach vorne, um sich herum nur Schemen und Schatten. Dann versagten ihre Beine ihr den Dienst und sie brach zusammen. Sie schlug hart auf dem Steinboden auf. Verkrümmt und keuchend blieb sie dort liegen. Ihr Kopf dröhnte. Die Tränen strömten ihr unkontrolliert über das schmerzende Gesicht. Zitternd und elend wollte sie nichts als jetzt in Ohnmacht fallen zu dürfen. Aber nun, da sie am Boden lag, tat ihr Körper ihr nicht den Gefallen.

Sie spürte Hände an ihrem Rücken und ihrer Schulter. „Lass mich.", krächzte sie heiser. Doch jemand drehte sie vorsichtig herum und zog sie in eine halb sitzende Position. „Was haben sie mit dir gemacht?", hörte sie Dwalins Stimme. Noch immer flirrte es vor ihren Augen. Doch sie erkannte undeutlich den glatzköpfigen Schemen Dwalins vor sich. Sie spürte, wie sie gegen die steinerne Wand gelehnt wurde. „Dein Gesicht!", rief Dwalin nun erschrocken aus. Langsam konnte Lyrann wieder deutlicher sehen. Sie sah Dwalin vor sich knien. In der Miene des Zwerges las sie Sorge, Ungläubigkeit und wachsenden Zorn.

„Was haben sie mit dir gemacht?", drängte der Krieger sie nun. Lyrann wollte sprechen, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Die Erschöpfung, der Schmerz und das Entsetzten über das, was eben passiert war, brachen über sie herein. Mit einem leisen, gequälten Aufschluchzen ließ sie sich nach vorne sacken. Doch sie schlug nicht erneut auf dem Boden auf. Dwalin fing sie auf und sie spürte, wie der bärbeißige Krieger sie ein wenig ruppig an sich zog. Voller Erschöpfung lehnte sie sich gegen ihn. Der Zwerg strich ihr mit einer Hand über die Haare und den Rücken und brummte mit tiefer Stimme vor sich hin.

Da scholl eine weitere Stimme zu ihr hinüber, eine Stimme voller Angst und Wut. „Lyrann! Lyrann! Dwalin, geht es ihr gut? Was ist mit ihr?"


Thorin stand an seiner Zellentür und versuchte, einen Blick auf Lyrann zu erhaschen. Wütend rüttelte er an den Stäben seiner Gittertür. Hinter ihm drückte sich Ori, mit dem er die Zelle teilte, verängstigt an die Wand. Thorin hatte die ganze Zeit auf dem Weg nach unten versucht, mit Lyrann Kontakt aufzunehmen. Aber sie war zu geschwächt gewesen, um es zu merken. Er war voller Sorge um sie. Der Anblick ihres Gesichtes hatte ihm einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Brandblasen hatten sich über die eine Hälfte ihres Gesichtes verteilt und die andere Hälfte war hochrot gewesen. Nun hatte er nur gesehen, wie sie in Dwalins Zelle hinein gestoßen worden und dort zusammen gebrochen war.

Thorin beugte sich vor und konnte Dwalin sehen, der nahe seiner Zellentür kniete und eine vollkommen entkräftete Lyrann im Arm hielt. Auch die anderen Zwerge sahen mit einer Mischung aus Neugierde und Sorge zu Lyrann und Dwalin. Wut stieg in Thorin auf. Er würde Thranduil nie vergessen, was er einer Unschuldigen angetan hatte. Wie gern würde er Orcrist nun in der Hand halten und es diesem arroganten Elb in die Brust rammen! Doch er konnte nur hier in seiner Zelle stehen und nichts tun! Diese Hilflosigkeit machte ihn noch rasender.

BastardkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt