In Imladris

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Thorin brodelte vor unterdrückter Wut. Gandalf hatte von Anfang an gewusst, dass der Weg nach Bruchtal führte. Etwas anderes konnte gar nicht sein. Er hatte geplant, sie hier her zu bringen, um seine Elbenfreunde zu treffen. Am liebsten wäre Thorin sofort umgekehrt. Aber er wusste, dass es bald Abend werden würde. Vor Sonnenuntergang würden sie wohl kaum einen Lagerplatz für die Nacht finden.

Wütend drehte er sich zu Gandalf um. „Das hast du von Anfang an geplant.!", zischte er. Gandalf sah ihn mit hoch gezogenen Augenbrauen an. „Herr Elrond kann uns mit unserer Karte helfen.", sagte er sanft. „Ich werde bestimmt nicht bei unseren Feinden Schutz suchen.", erwiderte Thorin. „Hier habt ihr keine Feinde, Thorin! Nur wenn ihr selbst Unfriede hierher bringt."

Thorin öffnete den Mund, doch bevor er sprechen konnte, rief die Frau ihnen zu. „Mithrandir! Kommt ihr nun?"

Zauberer und Zwerg blickten in die Richtung aus der die Stimme gekommen war. Lyrann war zu einem Weg gelaufen, der ins Tal führte. „Wir kommen!", rief Gandalf.

Er setzte sich in Bewegung.

Thorin blieb noch einen Moment stehen. „Du musst mir vertrauen, Thorin.",sagte Gandalf. Thorin verschränkte die Arme. „Du hast mir nicht gesagt, dass du planst uns hier hin zu bringen. Du lässt mir keine andere Wahl, als hier mit meinen Leuten Schutz über Nacht zu suchen.Und du verlangst, dass ich diesem Elbenweib traue.", Thorin schüttelte den Kopf. "Das ist schwer, Gandalf. "

„Wir wissen beide, dass wir unsere Karte nicht lesen können. Wärst du freiwillig mit nach Bruchtal gekommen? Wäre es dir lieber gewesen, die Orks hätten euch überwältigt? Und was Lyrann angeht, sie ist keine einfache Elbin."

Thorin zog die Augenbrauen hoch. „Ach ja?", fragte er. „Sieht sie wie eine Elbin aus? Nein!", Gandalf schüttelte den Kopf. „Sie ist zu klein für eine erwachsene Elbin. Ihr Vater war Fenir, ein Krieger Bruchtals, aber ihre Mutter war Tirl, eine Zwergin." Thorin hob erschrocken den Kopf. „Eine Zwergin vom Erebor, von deinem Volk.", fügte Gandalf sanft hinzu.

„Woher weißt du das?", fragte Thorin. „Ich traf ihre Mutter hochschwanger in der Wildnis. Sie war zusammen mit ihrem Vater vor Smaug geflohen. Der Führung deiner Familie sind sie gefolgt, durch die Wildnis und Elend. In der Nähe von Bruchtal traf Tirl auf Fenir. Die beiden verliebten sich. Doch weder Elben noch Zwerge hatten Platz für das Paar. Sie wurden verstoßen. Tirl war schwanger. Das Paar lebte zu zweit in der Wildnis. Nach einigen Monaten wurde Fenir von Orks erschlagen. Tirl schlug sich alleine durch. Doch sie war schwach. Als ich sie fand, war sie kurz vor der Geburt. Sie brachte ihre Tochter zur Welt. Aber es war schnell klar, dass ich ihr nicht mehr helfen konnte, und so bat sie mich, das Kind nach Bruchtal zu bringen, wo Fenirs Schwester noch lebte. Denn ihr Vater war auf der Flucht gestorben. Lyrann wurde hier von ihrer Tante aufgezogen. Aber sie hat viel von dem Zwergenblut ihrer Mutter geerbt."

Thorin schnaubte, „Sie ist ein verdammter Bastard!" Damit stapfte er seinen Männern hinterher ins Tal.

Sie folgten dem Pfad den Berghang hinab und zum Fluss hinunter. Hier führte der Pfad an eine Brücke. Hinter der Brücke befand sich ein kleiner Platz vor einer Treppe. Die Treppe wurde von zwei Statuen flankiert und führte hinauf zu einem der Häuser. Misstrauisch blickte Thorin sich um, während seine Männer sich auf dem Vorplatz versammelten. Einige von ihnen hatten ihre Waffen gepackt, andere, unter ihnen Bilbo, sahen sich voller Staunen in dem Tal um.

Doch Thorin brachte hier nichts zum Staunen. Die Umgebung sah zu sehr nach Elben aus, als dass er in Bewunderung hätte ausbrechen können. Er misstraute den Elben. Es gab in seinem Volk zu viele Überlieferungen von Streit zwischen Elben und Zwergen. Zudem hatte er nicht vergessen, wie Thranduil seinem Volk die Hilfe verwehrt hatte.

BastardkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt