Ein Fest und eine Erkenntnis

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Thorin bemühte sich nach außen hin ruhig zu erscheinen. Aber innerlich war er in Aufruhr. Was würde nun passieren? Die Soldaten hatten jemanden los geschickt, um den Bürgermeister zu holen. Sie konnten sich keine weitere Verspätung mehr erlauben. In zwei Tagen war Durinstag. Schon bald würden sie aufbrechen müssen. Was aber, wenn man sie fest hielt? Er wollte sich sicher nicht seinen Weg durch die Stadt kämpfen müssen. Aber wenn man ihn von dem Arkenstein, seinem Geburtsrecht, abhielt.....

Ein Stöhnen Kilis lenkte ihn ab. Zumindest seinem Neffen zuliebe würde er verhandeln müssen. Der Junge brauchte dringend Medizin. Es wäre vielleicht sogar besser, ihn hier zurück zu lassen. Er schloss gequält die Augen. Kili würde nicht verstehen.

Im aufkommenden Schneegestöber stand der Zwergenkönig da und hing seinen Gedanken nach. Das aufgeregte Gemurmel der ihn umgebenden Menschen ignorierte er. Da öffnete sich die Tür des Rathauses. Thorin straffte sich. Jetzt musste er alles auf eine Karte setzten. Auf ihn kamen zwei Menschen zu. Der eine war dick und in aufwändige Kleidung gekleidet. Er machte sofort den Eindruck eines Menschen, der Essen und Trinken mehr zu schätzen wusste als seine Regierungsgeschäfte. Ein Stück hinter ihm lief ein schmaler, fahl gesichtiger Mann in dunkler Kleidung.

Der Bürgermeister stemmte seine Hände in die Hüfte und blieb oberhalb der Treppen stehen. „Was haben wir denn hier?", fragte er. „Eine Gruppe Zwerge, die sich in die Stadt schleichen und mich bestehlen?" Thorin sah ihn abschätzend an. Dieser Mensch war ihm auf Anhieb unsympathisch. Sorgsam wog er seine Worte ab. Wie leicht war der Mann vor ihm zu beeinflussen? „Wir mussten uns für unsere Weiterreise ausrüsten.", antwortete er. Eben wollte er weitersprechen, da fiel ihm der Bürgermeister ins Wort.

„Was ich nicht lache! Ihr wurdet auf den Gängen in der Nähe unserer Schatzkammer erwischt! Die paar Waffen, die entwendet wurden, waren nur ein Ablenkungsmanöver!", erklärte er. Triumphierend hielt er einen Finger in die Höhe und lachte Thorin hämisch an. „Ihr habt es auf das Gold dieser Stadt abgesehen!" Langsam kam in Thorin Wut hoch. Was bildete sich dieser Mensch nur ein? Ihm kamen ein paar sehr unschöne Beleidigungen auf Khuzdul in den Sinn. Doch er hütete seine Zunge und zwang sich an Kili zu denken.

Doch bevor er etwas sagen konnte, rief Balin erzürnt: „Hütet eure Zunge! Ihr wisst nicht, mit wem ihr sprecht! Wir sind keine einfachen Diebe!" Thorin wollte ihn schon zurück halten, doch sein alter Mentor trat vor und stellte sich neben ihn. „Das ist Thorin Eichenschild, Sohn des Thrain, Sohn des Thror! Er ist der Erbe des Thron vom Erebor!"

Schlagartig war es still. Thorin seufzte innerlich. Eigentlich hatte er sich nicht so früh offenbaren wollen. Aber vielleicht konnte er die Situation noch zu seinem Vorteil nutzen. Er sah zum Bürgermeister empor. „Das ist wahr.", erklärte er mit fester Stimme. „Wir sind gekommen, um unsere Heimat zurück zu erobern!"

Noch immer war der Bürgermeister still. Zu überrascht, um zu sprechen, starrte er den Zwerg an. Das würde Thorin nutzen. Er trat auf die untersten Stufen des Rathauses und wandte sich an die Bevölkerung Seestadts. „Der Drache hat lange genug im Berg gelebt!", begann er, „Wir sind gekommen, unser Reich zurück zu fordern und den Drachen zu töten. Dann werden wir den Erebor wieder aufbauen. Und alle, alle werden an dem Reichtum im Berg teil haben! Ich erinnere mich an diese Stadt, wie sie blühte und wuchs. Sie war ein Knotenpunkt des Handels und reich. Ihr könnt eure Stadt wieder zu dem machen, was sie einst war! Thal kann wieder aufgebaut werden! Doch dafür müsst ihr uns nun helfen."

Begeistert begannen die Menschen zu klatschen und zu jubeln. Thorin konnte sich ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Kurz fiel sein Blick auf seine Gefährten. Sie alle sahen wieder zuversichtlicher um, nun da die Menschen derart mitgerissen von Thorins Worten waren. Balin glühte förmlich vor Stolz. Und Lyrann.... Sie strahlte Thorin an und das wärmte sein Herz.

BastardkindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt