10. Gefühlschaos und Erklärungen

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Nachdem du gefühlt eine Ewigkeit tatenlos vor dem Hotel standst, schleppst du dich mit letzter verbliebener Kraft die Treppen des Hoshis hoch und findest dich kurz darauf irgendwie in deinem Bett wieder. 

Du hast gar nicht realisiert, die Tür aufgeschlossen und dir die Schuhe sowie Jacke ausgezogen zu haben. Die ganze Welt wirkt verschwommen und es fühlt sich wie ein unwirklicher Traum an – ironischerweise ähnelt es der Situation nach Ryugas Verschwinden mit einer großen Ausnahme: diesmal wird dir niemand einen Kakao bringen, dir dein Lieblingsessen kochen und versichern, dass alles wieder gut werden würde. Andererseits musst du für niemanden stark sein. 

Es wäre angebracht und sinnvoll, dich mit jemandem darüber zu unterhalten und die Angelegenheit nicht alleine mit dir selbst auszumachen. Aber an wen solltest du dich wenden? 

Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass dein ehemals bester Freund seinen Vater umgebracht hat, sollst du Gingka nun danach beichten, dass dein Vater mit Doji zusammenarbeitet und indirekt dafür verantwortlich ist? Das würde dieser sich bestimmt liebend gerne anhören.
Dasselbe gilt für Ryuto, den es eindeutig nicht mit Freude erfüllen würde, zu erfahren, dass die Person, die wie ein Onkel für ihn ist, an Ryugas Verschwinden beteiligt war und all das damit verbundene Leid verursacht hat. 

Das kannst du keinem von den zwei antun, sie mussten genug durchstehen und du wirst kein Salz in die Wunden streuen. 

Davon abgesehen, dass du den essentiellsten Teil dann sogar ausgelassen hättest: Du könntest gefährlich sein. Was wenn er tatsächlich damit recht behält?
All seine anderen Aussagen haben sich bewahrheitet, warum sollte er mit ihr also falsch liegen?

Gewisse Anzeichen unterstützen seine These. Noch nie zuvor hast du derart die Beherrschung verloren und dich von deiner Wut und deinem Hass, den du zu unterdrücken versuchst, leiten lassen. Niemand kann garantieren, dass das nicht fortan öfter passiert.
Nach jedem Treffen mit Doji wird dein Zorn größer und größer, irgendwann ist es eventuell nicht mehr möglich, ihn zurückzuhalten und das Licht unterliegt der Dunkelheit. 

Diese komische Aura, die plötzlich von deinem Beyblade ausging, hast du noch nie gespürt und doch kam sie dir damals bei Ryuga seltsam vertraut vor. Hast du sie indirekt wahrgenommen und all die Zeit einfach verdrängt oder hat Doji sie auf irgendeine Art und Weise ausgelöst?
Vision Hippogryph könnte dich seit Jahren manipulieren und du genauso blind wie Ryuga sein – ihr habt wohl wirklich deutlich mehr gemeinsam als dir lieb wäre.

Frustriert stöhnst du auf und fährst dir durchs unordentliche Haar. Das ist einfach zum Verrücktwerden, du hast tausend Fragen und auf keine eine vernünftige Antwort! Dir bleibt nicht anderes übrig, als zu vermuten und das macht alles nur noch schlimmer. 

Dein Körper verlangt nach Schlaf und Erholung, der Tag hat dich physisch und psychisch ausgelaugt, aber dein Geist will keine Ruhe geben. Doji hat sich in deinen Kopf genistet und du wirst ihn nicht mehr los.
Abermals hat er das erreicht, was er wollte. Du bist vollkommen verunsichert und traust dir selbst nicht mehr über den Weg. Warum überkommt dich jedes Mal aufs Neue die Naivität und du denkst, dass du eines seiner Spielchen gewinnen könntest? Wie bei einer kaputten Schalplatte, wiederholt es sich immer wieder, du verlierst und verlierst und verlierst. Doji ist dir um mindestens zehn Schritte voraus und alles, was du tust, begünstigt sein Vorhaben. 

Wie konntest du nie in Erwägung ziehen, dass Doji es damals auf Ryuga und dich abgesehen hatte? Die Zeichen waren eindeutig. Wie er gesagt hat, er hätte ohne Probleme euch beide mitnehmen können und hat sich die perfekte Chance entgehen lassen.
Das ist absolut untypisch für ihn und hätte dir auffallen müssen. Dann wärst du auf Dauer zu dem Schluss gekommen, dass Doji Unterstützung hatte und dir wäre das komische Verhalten deines Vaters aufgefallen. Jenes wiederum hätte dazu geführt, dass du Ryuga rechtzeitig hättest finden können, bevor er zum aktuellen Arschloch geworden wäre und deinem Lieblingsmensch Doji wäre längst das Handwerk gelegt worden.

Tja, dafür müsste man denken können und das ist anscheinend nicht deine Stärke.


Aufgewühlt seufzt du und bringst dich abrupt in eine aufrechte Position. Du bist unfassbar wütend – auf Doji, auf deinen Vater und vor allem auf dich selbst – und gleichzeitig zutiefst verletzt. Wie kann Seishin seine eigene Tochter ausnutzen, seinen besten Freunden den Sohn entreißen und danach noch in den Spiegel sehen? 

Jeder schöne Moment mit ihm fühlt sich plötzlich falsch an, als wäre er nur eine weitere Lüge in seinem Konstrukt der Unwahrheiten. Ein Mensch, der jemanden beabsichtigt einen solchen Schaden zufügt, kann die Person nicht aufrichtig lieben, sonst wäre er dazu nicht in der Lage. 

Ein winziger Teil in dir kämpft gegen diese Erkenntnis an, will das Ganze nicht akzeptieren und versucht verzweifelt, irgendwelche logischen Gründe, die das erklären könnten, zu finden, obwohl es hoffnungslos ist. Alles spricht gegen ihn und für einen Verrat. 

Er hat sich wenige Tage vor der vermeintlichen Entführung mit Doji nachts unterhalten, die Tatsache vor der Polizei verheimlicht und dich angelogen. Des Weiteren belastet das Foto, das Doji dir gegeben hat, ihn zusätzlich. Auf dem Bild sind zweifelslos er und Doji in jungen Jahren abgebildet – das zu dem Thema, er würde den Mann nicht kennen.
Nicht zu vergessen, dass Seishin von Doji dazu gebracht wurde, dich morgen, beziehungsweise mittlerweile heute, ohne Ankündigung zu besuchen. Das genügt für einen Schuldspruch. 

Am liebsten würdest du einfach deine Sachen packen und dich vor dem Treffen drücken. Du willst ihn nicht sehen, vorzugsweise nie wieder in deinem ganzen Leben.
Höchstwahrscheinlich wirst du ihn anschreien, beleidigen und irgendwelche Gegenstände nach ihm werfen, bis du ihm sagen wirst, dass er für dich seit gestern gestorben sei, dass du ihm nicht in einer Millionen Jahren verzeihen würdest und dass er dich nächstes Mal richtig kennenlernen würde, sollte er nicht aufhören, dich zu belästigen. 

Ein ersticktes Lachen entfährt dir. Nun planst du schon, deinem Vater zu drohen. Was kommt als nächstes? Vielleicht ziehst du während des Gespräches erneut deinen Launcher inklusive Bey und überlegst, ob es das wert wäre – verwundern würde dich nichts mehr. 

„Scheiße!", fluchst du leise und fegst in einem Anfall von Bitterkeit, Enttäuschung und Ärger die Kissen und dein niedliches Kuscheltier vom Bett. 

Für wenige Sekunden verleiht dir das Genugtuung, die so schnell verblasst wie sie gekommen ist. Alle anderen Gefühle außer der Schmerz und der unbändige Zorn rücken schlagartig in den Hintergrund, selbst die Erschöpfung und der Selbsthass sind vorläufig wie weggeblasen. 

Wie gerne würdest du jetzt dein Hotelzimmer Stück für Stück auseinandernehmen, nach und nach jede einzelne Seite aus den Büchern reißen, die Holzstühle zerschlagen und den Spiegel in tausend kleine Scherben zerlegen – sieben Jahre Pech machen keinen Unterschied mehr – allerdings kannst du dich zum Glück beherrschen. 

Grundsätzlich greifst du meistens in solchen Momenten nach deinem Bey, fällst ein paar Bäume, übst deine Special Moves und lädst deine überschüssige Energie und schlechte Laune ab, ehe du dich kaum mehr auf den Beinen halten kannst.
Aktuell wäre das Vorgehen wohl eher kontraproduktiv, du könntest dich in deine Wut hineinsteigern, würdest vor Kraftlosigkeit irgendwann umkippen und in eine angenehme Bewusstlosigkeit driften – vergessen wären in dem Augenblick all die niederschmetternden Gedanken und Sorgen und keine erdrückende Leere würde dir beinahe den Atem rauben.

Unvorhergesehen gewinnt der Einfall deutlich an Attraktivität und du bist der Überlegung nicht abgeneigt, das Risiko einzugehen.
Ein leises Klopfen an der Tür bringt dich rechtzeitig von dem Vorhaben ab und du erhebst dich zögerlich. Es ist mitten in der Nacht, welcher Gestörte kommt auf die glorreiche Idee, dich zu einer so unchristlichen Stunde zu besuchen? 

Sollte das Doji sein, wirst du deine Drohung in die Tat umsetzen und ihn mit irgendetwas erschlagen – das würde sicherlich als Notwehr durchgehen.
Zu deinem Erstaunen und deinem Glück – oder Pech, das ist Ansichtssache – steht nicht Doji vor dir, als du die Tür öffnest, sondern dein Vater.
Den Plan, vor eurem Gespräch abzuhauen und dem Ganzen aus dem Weg zu gehen, kannst du nun ebenfalls vergessen. 

„Hi, Star", begrüßt er dich heiser und nach einer unangenehmen Stille, in der er das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagert, fragt er fast schüchtern: „Kann ich reinkommen?"

Da du deiner Stimme nicht traust, trittst du schweigend einen Schritt zurück und deutest mit einer Handbewegung hinein. Seishin folgt deiner Anweisung und nimmt auf einen der Holzstühle Platz, die du gerade lieber denn je zerschlagen würdest.
Für einen angemessenen Abstand bevorzugst du den Couchsessel, der wahllos im Raum herumsteht und dessen einziger Zweck es ist, die Ecke nicht leer wirken zu lassen.


„Doji hat dich erst für morgens angekündigt, sonst hätte ich aufgeräumt." Dein bissiger Unterton gibt das indirekte und stillschweigende Mitgemeinte „Du hast mich verraten und er hat mir alles erzählt" perfekt wieder. 

Seufzend sackt dein Vater auf dem Stuhl zusammen und fährt sich mit den Händen durchs Gesicht. „Du hast allen Grund, sauer zu sein. Doji", er spricht den Namen wie eine Beleidigung aus, „hat mich angerufen und deshalb bin ich hier. Ich kenne ihn und weiß, wie manipulativ er ist und wie oft er lügt." 

„Lustig, dass gerade du das sagst." 

„Lass mich bitte ausreden", übergeht Seishin deine Bemerkung und schaut dich fast flehend an, so dass du nachgibst. „Du hast jedes Recht, wütend auf mich zu sein und ich erwarte nicht, dass sich das in nächster Zeit ändern wird. Aber ich bin nicht hier, weil Doji mich herbeizitiert hat, sondern um dir die Wahrheit zu sagen, denn er hat das definitiv nicht getan und du hast sie verdient."

Dein Zorn ist vorübergehend vergessen und ist Enttäuschung und Verletzbarkeit gewichten, erneut fühlst du dich einfach müde und kraftlos. „Das hätte ich schon damals." 

Seishin verzieht das Gesicht als hättest du ihn geschlagen und schaut danach wie ein getretener Welpe drein. „Ja, das hättest du und es tut mir ehrlich leid. Ich habe viele falsche Entscheidungen getroffen und hätte das niemals vor dir verheimlichen sollen." Plötzlich kehrt Entschlossenheit in sein Gesicht zurück. „Damit ist jetzt endgültig Schluss. Doji wird keinen von uns mehr manipulieren, das verspreche ich." 

In einer anderen Situation hättest du gelacht; wie der Vater, so die Tochter. Wie oft hast du dir geschworen, dich nicht mehr von ihm beeinflussen zu lassen und seine Spielchen gegen ihn zu verwenden?
Ehrlich gesagt, hast du aufgehört zu zählen. Bis jetzt ist es dir nie gelungen, euer letztes Gespräch dient als perfektes Negativbeispiel. Jedes verfluchte Mal gewinnt er die Oberhand, bevor du überhaupt gemerkt hast, dass du ihm direkt in die Falle gelaufen bist. 

Derweilen dreht Seishin das Bild von sich und Doji nachdenklich hin und her und scheint für einen kurzen Moment in alten Erinnerungen zu schweben.
„Er war mein bester Freund, wir waren unzertrennlich wie Ryuga und du", schildert er mit einem melancholischen Lächeln, „Irgendwann hat sich Doji verändert, bis ich ihn nicht mehr wiedererkannt habe. Er war wie besessen von einem verbotenen Beyblade und hat von einer neuen Welt geträumt, in der er über alle herrschen würde. Das war der Punkt, an dem unsere Freundschaft zerbrach." 

Die Geschichte kommt dir schrecklich bekannt vor und du kannst dich mit ihr besser identifizieren als dir lieb ist, in gewisser Weise trifft die Beschreibung genau auf Ryuga und dich zu. Wenn du bedenkst, wie viele Male du mittlerweile Ryuto zu seinem eigenen Schutz – zumindest redest du dir dies stets ein, vielleicht möchtest du eher dich selbst schonen – angelogen hast, sind die Parallelen nicht von der Hand zu weisen. 

Der einzige wesentliche Unterschied ist, dass du nicht mit dem Feind zusammenarbeitest – noch nicht, in gewissem Maße hast du es schließlich in Erwägung gezogen und Doji scheint aus dir unbekannten Gründen überzeugt davon zu sein, dass du deine Meinung ändern und seiner Organisation beitreten wirst.
Bevor du wieder in Selbstmitleid versinken und alles und jeden hinterfragen kannst, richtest du deine Aufmerksamkeit zurück auf die Worte deines Vaters. 

„Wir hatten jahrelang keinen Kontakt, bis er mich in der Nacht kurz vor Ryugas Verschwinden aufgesucht hat." Von einer Sekunde auf die nächste verändert sich die Mimik deines Vaters, sie wird kühl und angespannt, er presst die Lippen zusammen und zieht die Augenbrauen zusammen. „Er hat behauptet, er hätte endlich den Aufenthaltsort des verbotenen Beys gefunden und den perfekten Plan entwickelt. Ryuga wäre die optimale Wahl, um LDrago zu führen und dafür würde er meine Hilfe benötigen. Natürlich habe ich sofort abgelehnt." 

„Aber Doji ist keine Person, die ein ‚Nein' akzeptiert."

Seishin muss nicht weitersprechen, du kannst dir mühelos vorstellen, welche Richtung die Schilderung der damaligen Ereignisse einschlagen wird. Doji hat mehrmals gezeigt, wozu er fähig ist und dass er vor nichts zurückschreckt. Er weiß, wie er Leute dazu bringt, das zu tun, was er will und eine Familie bietet ihm den idealen Angriffspunkt.


„Ich kenne ihn und mir war von Anfang an klar, dass er keine leeren Drohungen macht. Das Risiko, dass dir meinetwegen etwas passiert, konnte ich nicht eingehen, also habe ich mit ihm verhandelt." Seishin schielt an dir vorbei und scheint das etwas schiefe Bild an der Wand plötzlich wahnsinnig interessant zu finden. „Ich würde ihm eine Chance verschaffen, mit Ryuga zu reden und ihn für die Dark Nebula zu gewinnen – wohlgemerkt, freiwillig. Im Gegenzug würde er dich aus seinen Plänen heraushalten."

Zum wiederholten Mal verdrehst du verständnislos die Augen und kannst dir einen sarkastischen Kommentar nicht verkneifen: „Wow, das hat ja grandios geklappt."

„Das ist mir nicht entgangen." Sein Tonfall wird etwas schnippischer und sein Blick tadelnd. „Wie war das mit dem Thema ‚Ausreden-lassen'?"

Unschuldig hebst du deine Hände und schiebst deine Unterlippe schmollend etwas vor wie du es als kleines Kind immer getan hast. Für wenige Sekunden wirkt alles harmonisch und du würdest den Moment ohne Sorgen gerne einfrieren.
Es kommt dir wie eine Ewigkeit vor als alles noch leicht und unbeschwert wie vor einigen Jahren war. 

Was würdest du alles dafür geben, damit du die Zeit zurückdrehen und Ryugas Entführung verhindern könntest? Leider entzieht sich dies deinen Möglichkeiten und dir bleibt nichts anderes übrig als das Beste aus der Situation zu machen.

Der Moment verfliegt so schnell wie er gekommen ist und die angespannte Stimmung kehrt zurück, als Seishin weiterspricht: „Mir war nicht bewusst, was ich damit ausgelöst habe. Ich war mir sicher, dass Ryuga sein Angebot ablehnen würde." Unschlüssig zuckt er mit den Schultern. „Vielleicht hat er das auch und Doji hat zu anderen Mitteln gegriffen, das kann ich dir nicht beantworten, zuzutrauen wäre es ihm." 

Unzufrieden seufzt du und lehnst dich in deinem Sessel etwas vor. Wie ironisch ist es, dass du dir ausgerechnet zu jener Frage eine klare Antwort wünschst und dafür tausend andere bekommst, von denen du gar nicht erfahren wolltest?
Du hattest gehofft, dass Seishin dir in dem Punkt endlich die Wahrheit hätte liefern können. Ob er aus freiem Willen mitgekommen ist oder nicht, könnte einen wesentlichen Unterschied machen. 

Dein Vater lässt sich von deiner Reaktion nicht irritieren und setzt seine Erläuterung fort: „Nach der besagten Nacht habe ich Doji noch einmal aufgesucht, weil er sich eben nicht an die Abmachungen gehalten hat. Danach hatte ich bis gestern keinerlei Kontakt mehr zu ihm. Gestern hat er mich dann angerufen und sein Vorhaben erklärt, dir alles zu erzählen und von seinem eigentlichen Plan berichtet."

Er holt kurz Luft und gibt dir Zeit, irgendetwas zu entgegnen. Wie so oft in letzter Zeit scheinst du der Sprache nicht mehr mächtig zu sein und nickst stattdessen nur knapp. 

„Die eventuelle Entführung von Ryuga und das Verschweigen dieser ist mein Verschulden, mit dem Rest hatte ich nichts zu tun. Ich war von seinem Vorhaben ebenso überrascht wie du." Seishin sucht deinen Blick und du kannst im Ausdruck seiner blauen Augen das schlechte Gewissen und einen Funken Angst sowie ein leichtes Aufblitzen von Hoffnung erkennen, bis sie sich erneut voller Bitterkeit verdunkeln. „Dabei sollte ich Doji inzwischen gut und lange genug kennen, um ihn einschätzen zu können; anscheinend funktioniert dies aber nur in die andere Richtung."

Erneut fühlst du dich an Ryuga und dich erinnert, die Ähnlichkeit ist erschreckend. Vor wenigen Stunden hast du noch frustriert genau dasselbe über Ryuga gedacht. 

Es ist unklug und unlogisch, jedes Mal den Vergleich zu ziehen und mit halbem Ohr zuzuhören. Du wolltest die Wahrheit und jetzt konzentrierst du dich eher auf unwichtige Kleinigkeiten als auf wesentliche Fakten. 

Ja, dein Vater war zu einem gewissen Anteil an Dojis Machenschaften beteiligt, allerdings nicht einmal ansatzweise so, wie Doji behauptet hat. Prinzipiell steht es zwar Aussage gegen Aussage, da Doji aber ein notorischer Lügner ist, der andere rund um die Uhr manipuliert und stets auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, ist seine Glaubwürdigkeit definitiv anzuzweifeln.
 
Eventuell musst du zusätzlich dein eigenes Urteilsvermögen infrage stellen, da du logischerweise eindeutig parteiisch bist. Die Situation wäre zwar weiterhin schlimm, schließlich trägt dein Vater gemeinsam mit Doji die Hauptschuld daran, dass es überhaupt soweit kommen und Ryuga eventuell entführt werden konnte und dennoch überkommt dich eine Art Erleichterung und du fühlst dich ein bisschen weniger schlecht.

„Danke für deine Ehrlichkeit", bringst du irgendwann heraus und zwingst dich zu einem minimalen Lächeln, das Seishin erwidert. 

Du hoffst inständig, dass es diesmal wirklich die Wahrheit ist, denn sie ist der letzte essentielle Punkt, der dich zu einer finalen Entscheidung bezüglich Dojis Angebotes bringt: 

„Ich werde der Dark Nebula beitreten."


Kindheitsträume - I. Versprochen ist versprochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt