21. Gute alte Zeit

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Der recht kurze Flug vergeht schnell und ohne weitere große Ereignisse und ihr findet euch schneller, als es dir lieb ist, vor deinem Zuhause wieder. Für dich hat sich nichts verändert, das Weiß der Haustür ist maximal etwas dreckiger geworden, für Ryuga ist wiederum alles anders.

Fünf Jahre sind eine verdammt lange Zeit und viele Dinge werden für ihn mittlerweile komplett neu sein. Das muss sicherlich komisch für ihn sein und dennoch lässt Ryuga sich nichts dergleichen anmerken. 
Er sieht sich nicht einmal großartig um und richtet seinen Blick stur geradeaus, während deiner auf ihm liegt.

Sein Kiefer ist angespannt, seine Augen sind zu Schlitzen verengt und seine rechte Hand umklammert seinen Launcher, die andere liegt auf der Halterung von LDrago. 
Dass er furchtbar wütend ist, ist nicht zu übersehen und du fürchtest, dass er eure Tür sprengt – zutrauen würdest du es ihm.

„Ich besitze zufällig so etwas Tolles wie einen Schlüssel", informierst du Ryuga daher und klimperst demonstrativ mit dem Schlüsselbund in deiner Hand. „Könntest du also bitte unsere Tür leben lassen?"

Ohne eine Antwort abzuwarten, quetschst du dich an ihm vorbei und schließt möglichst leise die Haustür auf. Seishin soll nicht erfahren, dass du nicht allein hergekommen bist, dann würdet ihr keinerlei Informationen von ihm erhalten.

Flüsternd erinnerst du ihn vorsichtshalber erneut an euren Plan: „Halt dich an unsere Abmachung, die ist auch in deinem Interesse. Ich rede erst mit ihm und du hörst nur zu. Danach gehört er dir."

Ehe du eintreten kannst, hält er dich am Arm zurück, jetzt liegt seine Aufmerksamkeit nur auf dir und er betrachtet dich eingehend. „Sollte irgendetwas Unvorhergesehenes passieren, greife ich ein."

„Darauf setze ich", entgegnest du zwinkernd und gehst danach in den Flur hinein.

Im Wohnzimmer brennt Licht, dein Vater wird also in diesem sein, da deine Mutter zu solch einer Uhrzeit noch arbeiten ist. Ryuga schließt inzwischen die Tür hinter sich und nickt dir als Zeichen zu. 
Während du mit Seishin redest, wird er sich in die Küche schleichen, die an den Flur und das Wohnzimmer angrenzt. Von dort aus bekommt er die Unterhaltung mit und kann bei Bedarf jederzeit tätig werden.

Seine Präsenz übt eine beruhigende Wirkung auf dich aus – egal, was passiert, du bist nicht allein, Ryuga ist an deiner Seite. Gemeinsam könnt ihr die Angelegenheit regeln. 
Ein letztes Mal siehst du zu ihm, erwiderst das Nicken und gesellst dich danach zu Seishin ins Wohnzimmer.

Als du ihn mit einer Zeitung auf dem Sessel sitzend erblickst, werden deine Hände etwas schwitzig und du vergräbst sie in der Jackentasche. Für einen Moment sagst du gar nichts und wartest darauf, dass er auf deine Anwesenheit reagiert. 
Ryutos Worte kommen dir wieder in den Sinn, seine Verzweiflung, seine Trauer und sein Zorn und du krallst deine Hände feste in den Stoff. Deine eigene Wut darfst du nicht unterschätzen.

Seishin schaut über seine Zeitung zu dir herüber, faltet diese daraufhin elendig langsam zusammen und legt sie inklusive seiner Lesebrille auf den Tisch vor sich ab. „Ich hätte er mit dir gerechnet", begrüßt er dich und stützt seine Arme auf der Lehne ab.

„Ich war auf einem Turnier zum Punktesammeln." Verärgert machst du einen großen Schritt auf ihn zu und hebst die Stimme. „Ist das ein Witz für dich? Du hast ihn ernsthaft verletzt und es hätte sonst was passieren können!"

Er versucht gar nicht erst, es abzustreiten: „Es war nötig und ich habe darauf geachtet, dass sich direkt um ihn gekümmert wird." In aller Gemütlichkeit erhebt sich Seishin und lehnt sich gegen die Fensterbank, während er sich aufmerksam umguckt. „Weiß Doji von deinem Besuch und bist du allein gekommen?"

Kindheitsträume - I. Versprochen ist versprochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt