03. Antworten

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Obwohl dir der Felsbrock von Anfang an komisch vorgekommen ist, hättest du nie vermutet, dass sich unter ihm ein Geheimgang verbirgt, der nach Koma Village führt, wie es sonst nur in vielen Filmen der Fall ist.

Einerseits ehrt es dich, dass Gingka dir anscheinend so viel Vertrauen schenkt, dir jenen zu zeigen, andererseits erfüllt es dich wegen seiner extremen Reaktion im Zug auf dein Ziel mit Überraschung.
Eventuell schenkst du dem Ganzen zu viel Aufmerksamkeit und vielleicht gibt es gar keinen anderen Weg oder er ist sich sicher, dass du ihn ohne seine Hilfe eh niemals finden würdest. 

Was auch immer es gewesen ist, spielt keine Rolle mehr, denn ihr seid endlich nach zwei Fast-Herzinfarkten deinerseits – als du die wacklige Hängebrücke gesehen hast, wärst du beinahe gestorben – in Koma Village angekommen und du schaust dich neugierig um. 

Das Dorf ist größer als du vermutet hättest, pure Natur umgibt es und neben den überwiegend weißen oder beigen Häusern, welche wie der Dreck und die Bauweise vermuten lässt eindeutig mehrere Jahre auf den Buckel haben, mit den hellbraunen Kacheldächern sticht besonders das viele Grüne – Bäume, Büsche, etc. – heraus.
Nebenbei sind das auffällige Gebäude mit den Säulen und der dort vor stehende Brunnen ebenfalls nicht zu übersehen.
Das, was du gehört hast, ist wahr, Koma Village ist wirklich schön und absolut ruhig. 

„Gingka!", ruft eine dir unbekannte Person plötzlich freudig, die lächelnd und winkend auf euch zurennt.
„Hyoma!" Gingka erwidert das Strahlen des anderen und hebt ebenfalls zur Begrüßung die Hand.
Der Jungen mit den hellvioletten Haaren und den funkelnden blauen Iriden betrachtet dich für den Hauch einer Sekunde skeptisch, ehe er Gingka in eine Umarmung zieht.
„Lange nicht gesehen, Kumpel."

„Wer ist das?", ertönt es kühl von der Seite neben dir und unterbricht das freundschaftliche Zusammentreffen. „Du weißt, dass Fremde nicht ins Dorf dürfen. Sie muss es sofort verlassen oder es wird Konsequenzen mit sich bringen."
Du drehst leicht deinen Kopf in die Richtung der zweiten, überaus freundlichen Stimme und entdeckst einen weißen Hund mit einem gräulichen Stirnband, der dich böse anstarrt. Durch seine geringe Größe und seinen großen Glubschäuglein wirkt das allerdings nur süß und keineswegs bedrohlich. Am liebsten würdest du ihn direkt streicheln und hinter den Ohren kraulen. 

Gingka seufzt derweil leise. „Du musst ihr nicht drohen, Hokuto. Sie ist hier, weil sie Antworten über einen verschwundenen Freund sucht, der Gerüchten nach zuletzt in Koma gesichtet wurde. Du kannst ihr vertrauen, sie hat nichts Böses im Sinn." 

Der Köter knurrt unzufrieden und du starrst Gingka irritiert an, weil er sich mit einem Hund unterhält. Ist er verrückt geworden?
„Du hast wohl vergessen, was beim letzten Besuch von Fremden passiert ist, Gingka", kläfft Hokuto abweisend. 

Dir entgleisen sämtliche Gesichtszüge, du guckst wie ein Auto und dein Mund steht vor Sprachlosigkeit ein kleines Stückchen offen. Der Köter kann sprechen! Wie ist das möglich? Bist du nun völlig durchgeknallt oder ist das Ganze ein schräger Traum? Das kann nicht sein, redende Tiere gibt es nur im Märchen!
Aufgrund deiner Überraschung und Empörung entgeht dir, wie Gingka den Kopf und die Schultern hängen lässt und seine Hände krampfhaft in sein Oberteil gräbt. Tränen sammeln sich in seinen Augen, die er eilig wegblinzelt, bevor sie seine Wangen herunterlaufen können.
Wie könnte er jemals vergessen, was damals Schreckliches geschehen ist?

„Hokuto, das reicht!", meldet sich eine weitere Fremde zu Wort und weist ihn zurecht. „Wo sind deine Manieren geblieben?"
Erschrocken über das blitzartige Auftauchen der Frau fährst du zu ihr herum – die Menschen in Koma werden zu Ninjas ausgebildet, anders kannst du dir ihr lautloses, abruptes Erscheinen nicht erklären – Gingka, welcher ebenso in seinen Gedanken vertieft gewesen ist, tut es dir gleich. 

Kindheitsträume - I. Versprochen ist versprochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt