12. Der Plan

160 6 0
                                    

Die Nacht ist viel zu kurz, um neun Uhr klingelt dich dein Wecker aus deinem Schlaf und am liebsten würdest du ihn gegen die nächstbeste Wand werfen oder erschlagen. Da er allerdings gleichzeitig dein Smartphone ist, kannst du dich noch knapp beherrschen und schaltest den nervigen Ton daher schnell aus. 

Du fühlst dich wie gerädert und könntest dich auf der Stelle umdrehen, um die Augen zu schließen und wieder wegzudämmern. Es ist viel zu früh, nach dem gestrigen Tag hättest du es mehr als verdient, heute im Bett liegen zu bleiben und dich zu erholen. 

Das Leben ist aber nicht fair, also musst du nun aufstehen, ob du willst oder nicht. Anders funktioniert dein Plan nicht, Doji wird dir nicht viel Zeit lassen und es ist wichtig, dass du vorher mit Ryuto und Gingka sprichst.
In der Dark Nebula wirst du nicht mehr die Möglichkeit dazu haben, Doji wird dich zu einhundert Prozent überwachen lassen und dann Bescheid wissen. Das darf nicht passieren. 

Aus diesem Grund hast du deinen Vater nicht eingeweiht. Du möchtest ihm wirklich glauben, dennoch kannst du dir bei der Faktenlage nicht sicher sein. Seishin könnte für Doji arbeiten und dir eine Lüge nach der anderen aufgetischt haben.
Ihm blind zu vertrauen, könnte ein Fehler sein und du musst die Entscheidung sorgsam treffen. 

Doji ist ein Meister der Manipulation, du darfst darauf nicht hereinfallen und musst auf der Hut sein.
Bis jetzt hat er jedes Spiel gewonnen und du es all die Male aufs Neue bereut, dich überhaupt darauf eingelassen zu haben. Das ist sein Spezialgebiet, er ist beinahe unschlagbar darin und genau das ist deine Chance. 

Er rechnet damit, dass er gewinnt und wenn er davon ausgeht, dass er dich geschlagen hat, wird er nachlässiger werden. Du wirst ihm genau das geben, was er will und dann irgendwann aus dem Hinterhalt angreifen.
Es interessiert dich längst nicht mehr, dass jenes nicht die feine Art ist. Anders kannst du ihn nicht besiegen und er hätte sehr viel Schlimmeres verdient. Deine Idee ist fast zu nett für ihn. 

Da Gingka, Ryuto und höchstwahrscheinlich Seishin ein Mitspracherecht haben, wirst du sie von einer anderen Methode aber nicht überzeugen können. Sie werden dich davon abhalten, Dummheiten zu begehen – wie zum Beispiel Doji mit einem beliebigen Gegenstand zu erschlagen, mit einem Special Move aus dem Fenster zu werfen oder ähnliches.
Die Optionen hältst du dir lieber für den Notfall offen. 

Gähnend verlässt du schließlich dein Bett und streckst dich erst einmal ausgiebig, dass dein angespannter Nacken knackt, ehe du die dunklen Vorhänge zur Seite ziehst und dein Zimmer mit Licht geflutet wird.
Die Sonne steht so am Himmelszelt, dass sie dir direkt ins Gesicht scheint und du kneifst aus Reflex die Augen zusammen. Sie blendet dich und du hast dich noch nicht an die Helligkeit gewöhnt, trotzdem ist die Wärme, die sie hinterlässt, angenehm und du gönnst dir wenige Sekunden, um sie zu genießen.
Tatsächlich fühlst du dich danach ein kleines bisschen besser und irgendwie etwas gestärkt.

Ryuto und Gingka wirst du zu solch einer frühen Stunde nicht erreichen können, sie werden entweder noch schlafen oder ein ordentliches Frühstück wortwörtlich in sich hineinschaufeln.
Dennoch wirfst du als nächstes einen neugierigen Blick auf dein Handy und entdeckst mehrere unbeantwortete Anrufe und Nachrichten – die meisten selbstverständlich von Seishin und Doji. 

Grob überfliegst du die Mitteilungen, bis du bei einer von einer unbekannten Nummer ankommst und direkt innehältst. „Was hast du vor?", lautet der Inhalt, keinerlei Informationen lassen auf den Absender schließen.
Könnte das eventuell Ryuga sein? Wer sollte dir ansonsten so etwas schreiben und ohne Probleme deine Nummer herausfinden? 

Obwohl du dir nicht sicher bist und derjenige prinzipiell jeder sein könnte, hakst du nicht weiter nach und antwortest ein schlichtes „Was glaubst du denn, was ich vorhabe?".

Bevor du dein Smartphone weglegen und das Bad ansteuern kannst, leuchtet das Display erneut auf und eine neue Nachricht von Doji erscheint: „Einer meiner Mitarbeiter wird dich heute Mittag abholen und zur Dark Nebula begleiten."

Du sparst dir eine Erwiderung, einerseits, um ihn zu ärgern und andererseits würde er eh kein „Nein" akzeptieren. Also schmeißt du dein Handy einfach zurück aufs Bett und verschwindest zum Fertigmachen im Badezimmer.


Nach einer langen Dusche und einer kleinen Mahlzeit – viel bekommst du nach all dem Stress nicht herunter – klingt die Müdigkeit langsam ab und Nervosität befällt dich. 

Wie willst du Ryuto alles erzählen und wie wird er vor allem reagieren? Logischerweise wird es ihn nicht erfreuen, dass du ihn angelogen, beziehungsweise ihm manche Informationen bewusst verschwiegen hast.
Wird er dir nach allem dem noch vertrauen können oder hast du euer Verhältnis damit für ewig zerstört? 

Ryuto ist wie ein Bruder für dich, er ist ein Teil von dir und du würdest es nicht überstehen, ihn zu verlieren. Nicht erneut.
All die Jahre hast du es ignoriert und abgetan, aber du bist immer noch nicht ganz über den Verlust von Ryuga hinweg. Das Versprechen, das du Ryuto und Hitomi gegeben hast, ist nur ein kleiner Grund für all deine Bemühungen. 

Die Schuld treibt dich an, nun, wo du weißt, was dein Vater getan hat, noch viel mehr als zuvor. Sein komisches Verhalten hätte dir auffallen müssen und du hättest Ryuga niemals mit einer fremden Person in der Dunkelheit alleine lassen sollen.
Wären die Rollen vertauscht gewesen, hätte er dich niemals im Stich gelassen. Ryuga war mutiger, intelligenter und stärker als du, ihm wäre ein Weg eingefallen und er hätte nie aufgegeben, bis du zurück wärst. 

Während du irgendwann verzweifelt versucht hast, alles zu verdrängen und dir einzureden, dass alles in Ordnung wäre. Es würde dir gutgehen und du hättest alles verarbeitet. Ryuga würde das schaffen und ihr euch eines Tages wiedersehen.
Zumindest mit dem letzten Teil lagst du richtig, euer Treffen hast du dir damals in deiner kindlichen Naivität allerdings komplett anders vorgestellt.
Alles wäre wie früher gewesen, ihr drei gegen den Rest der Welt, nichts hätte euch jemals erneut trennen können. 

Mittlerweile fragst du dich eher, ob es noch irgendetwas gibt, dass euch alle verbindet.
Jeder von euch hat sich verändert, vor allem Ryuga und du. Ihr seid keine kleinen Kinder mehr, die sich nachts zum Sternebeobachten heimlich rausschleichen und einander versprechen, für immer Freunde zu bleiben.
Diese Personen gibt es nicht mehr, sie sind erwachsen geworden.

Ein melancholisches Lächeln ziert deine Lippen. Der Gedanke schmerzt mehr als er sollte.
Mit der Vergangenheit abzuschließen, bedeutet zusätzlich, es zu akzeptieren, dass die Zeiten vorbei sind und die Beziehung, die dich geprägt hat und bei der du geglaubt hast, ohne sie nicht leben zu können, zu begraben.
Dazu bist du noch nicht in der Lage, du hast Ryuga geliebt und du kannst nicht alles, was mit ihm zusammenhängt, loslassen. Ohne ihn wärst du ein anderer Mensch. 

Gestern hat dir gezeigt, wie sehr du noch an ihm und dem Vergangenen hängst, sonst hätte es dir nicht derart wehgetan und dein Herz wäre kein kleines bisschen mehr gebrochen.
Sämtliche Hoffnungen, an die du dich wie einen rettenden Anker geklammert hast, wurden in dem Moment zerstört und die Wahrheit hat dich eiskalt getroffen.

Er hat Ryuto und deiner Familie gedroht und du im Gegenzug Doji, beides waren keine leeren Worte, ihr habt das vollkommen ernst gemeint. Das offenbart eindeutig, wie ihr euch entwickelt habt. 

Wie willst du jemanden helfen, der nicht gerettet werden will und zufrieden mit seinem neuen Leben ist? Der sogar seinen eigenen Eltern, seinem Bruder und seiner besten Freundin den Rücken gekehrt hat, die einst für ihn die Welt bedeutet haben?
Kann LDrago wirklich so einen Sinneswandel hervorrufen oder stecken dort andere Dinge, die du nicht beeinflussen kannst, hinter? Feststeht, dass es sicherlich nicht damit vorbei sein wird, die Dark Nebula aufzuhalten.
Das ist nur der erste Schritt von vielen weiteren und der mögliche Ausgang bleibt ungewiss. Es könnte alles umsonst sein, das muss dir bewusst sein.
 
In der Dark Nebula werdet ihr abermals aufeinanderstoßen und du kannst dir nicht leisten, wiederholt verletzt zu werden. Den Luxus dieser menschlichen Schwäche darfst du dir nicht erlauben, denn sie würde definitiv gegen dich verwendet werden. 

Deshalb schützt dein Vorhaben Gingka und Ryuto indirekt, Doji wird glauben, dass sie deine Taten nicht gutheißen und ihr euch zerstritten habt. Das sollte ihn davon abhalten, deinetwegen auf sie loszugehen. Andernfalls würde er euer Verhältnis eindeutig gegen euch benutzten.


Ein Blick auf die Uhr verrät dir, dass du die Anrufe nicht weiter aufschieben kannst und du trinkst eilig die letzten Schlucke deines Kaffees auf. Nach deiner Schwarzmalerei und Negativität ist deine Nervosität nicht abgeklungen und hat sich dadurch noch verstärkt.
Deswegen beschließt du, zuerst Gingka zu erreichen, dieses Gespräch bereitet dir weniger Angst und fällt dir leichter. Ihm musst du nicht beichten, dass du ihn belogen hast und eine schlechte Reaktion würde dir weniger ausmachen. 

Trotzdem kostet es dich viel Überwindung, die Nummer zu wählen und deine Hände werden direkt schwitzig, während sich deine Wangen rot verfärben. Es wäre wohl einfacher, ihn um ein Date zu bieten, als ihm nun von den aktuellen Ereignissen zu berichten. 

„Hey, Star", meldet sich Gingka sofort fröhlich, er hat Ryutos Spitznamen für dich übernommen. 

„Hallo, Gingka." Deine Stimme zittert ein wenig und die Aufregung kannst du nicht verstecken. „Doji hat mich gestern vor meinem Hotel abgefangen." 

Unverzüglich schlägt seine gute Stimmung um und er holt scharf Luft, diesmal überwiegt die Sorge und nicht die Wut bei ihm: „Ist alles in Ordnung? Geht es dir gut?" 

Für einen Moment schweigst du einfach, ein „Nein" will deine Lippen nicht verlassen. Das würde ihn beunruhigen und ihn beschäftigen aktuell genügend andere Probleme, die deutlich wichtiger sind.
Außerdem würde er deinem Plan dann eventuell nicht zustimmen, weil du zu aufgewühlt wärst, um klare Gedanken zu fassen. 

„Ich komme klar." Das ist die ehrlichste Aussage, die du treffen kannst. Du gibst ihm keine Möglichkeit, näher nachzuhaken und kommst direkt zum Punkt: „Ich muss dir einiges erzählen, das passiert ist oder ich erfahren habe. Lass mich bitte erst ausreden, bevor du dich dazu äußerst, okay?" 

Gingka zögert eine Weile, bis er schließlich nachgibt: „Okay." 

„Gut. Wo soll ich am besten anfangen?" Mehrmals atmest du tief durch und nimmst derweil auf deinen Sessel Platz, von wo aus du das Fenster fixierst. „Mein Vater hat mehr oder weniger freiwillig mit Doji zusammengearbeitet."

Sogleich übergeht Gingka deine vorherige Anweisung, ihm entweicht ein geschocktes „Was?!" und du musst sein Gesicht nicht sehen können, damit du seine Mimik, die deiner ähneln wird, erahnen kannst. 

„Meine Reaktion war dieselbe." In einer anderen Situation hättest du lauthals gelacht, nun bleibt dir dein Lachen im Halse stecken und du hebst müde die Mundwinkel, bevor du zu einer Erklärung ansetzt: „Doji und mein Vater waren mal beste Freunde, bis aufgrund seiner Besessenheit nach Macht ihre Freundschaft zerbrochen ist. Kurz vor Ryugas Verschwinden kam Doji auf meinen Vater zu und hat ihn um Hilfe gebeten. Zwar hat er abgelehnt, aber du kennst Doji: Er hatte überzeugende Argumente." Unschlüssig, was du davon halten sollst, zuckst du mit den Schultern. „Schlussendlich hat mein Vater eingewilligt, Doji eine Chance zu verschaffen, sich mit Ryuga zu unterhalten. Den Ausgang kennst du."

Vorübergehend herrscht absolute Stille am anderen Ende der Leitung und wüsstest du es nicht besser, hättest du Gingka gefragt, ob er noch am Telefon wäre und gehört hätte, was du gesagt hättest. Es liegt auf der Hand, dass die Verbindung nicht abgebrochen und Gingka einfach nur sprachlos ist. 

„Doji lügt bestimmt und will dich so manipulieren", bringt er irgendwann zwischen zusammengepressten Zähnen heraus. 

Du wünschtest sehnlichst, diese Annahme von ihm wäre wahr. Leider weißt du es mittlerweile besser. Trotzdem fällt es dir schwer, das auszusprechen und du musst den Kloß in deinem Hals herunterschlucken, ehe du seiner Aussage widersprechen kannst: „Mein Vater hat die Geschichte bestätigt."

„Gut, dann hat er einen Fehler gemacht, und?" Diesmal kommt zu deiner Überraschung kein Schweigen zwischen euch auf und Gingka verwundert dich mit seiner absoluten Gelassenheit und Ruhe gleich noch mehr. „Dein Vater wollte seine Familie beschützen, das entschuldigt nichts, ist allerdings verständlich."

Bevor du irgendetwas entgegnen kannst, fällt Gingka dir ins Wort – deine vorherige Bitte, dich aussprechen zu lassen, scheint er getrost zu ignorieren: „Ich habe es dir schon mal gesagt: Es ist nicht deine Schuld und Doji hätte andere, deutlich schlimmere Wege gefunden. Du bist nicht dein Vater und nicht für seine Taten verantwortlich." 

„Das ist mir klar", meinst du daraufhin etwas genervt und kannst dabei nicht verhindern, dass dein Tonfall zickig wird. 

Eigentlich ist es Schwachsinn, dass du wütend wirst und es gibt keinerlei logische Gründe dafür, dennoch kannst du den leichten Zorn nicht unterdrücken und beißt dir frustriert auf die Lippe.
Er hat recht und das stört dich. Bei ihm klingt das so einfach, aber das ist es nicht. Gingka hat nicht den Hauch einer Ahnung, wie du dich fühlst und wie sehr dich der Verrat verletzt hat. 

Dir ist herzlich egal, was sein und dein Verstand dir sagt, du denkst aktuell nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen. Jahrelang wurdest du belogen und die Taten Seishins haben dich deinen besten Freund und ihn seinen Vater gekostet.
Warum ist er nicht ebenfalls sauer und kann mit der Tatsache so entspannt umgehen?


„Was würdest du alles auf dich nehmen, damit Ryutos Sicherheit gewährt ist?", fragt Gingka dich plötzlich ohne auf deinen kleinen Anfall einzugehen. 

Für wenige Sekunden irritiert dich der Themenwechsel, bis dir auffällt, worauf er hinauswill: Er möchte dir vor Augen führen, dass du wahrscheinlich nicht anders gehandelt hättest, da sein Wohlergehen zu deinen obersten Prioritäten gehört.
Das abzustreiten, wäre zwecklos und eine dreiste Lüge, trotzdem hättest du alles probiert, um einen anderen Weg zu finden und die Wahrheit nicht verschwiegen. 

Du stehst zu deinen begangenen Fehlern und willst die Konsequenzen dieser tragen, genau deshalb hast du Gingka überhaupt angerufen und wirst noch mit Ryuto sprechen.

„Vieles", du brauchst einen kurzen Moment, ehe du zum Fortfahren genügend Mut aufbringen kannst, „zum Beispiel der Dark Nebula beitreten." 

Gingka seufzt am anderen Ende der Leitung laut auf. „Warum bin ich mir sicher, dass das kein schlechter Scherz ist und du es ernst meinst?"

Erst jetzt, wo du erleichtert ausatmest, realisierst du, dass du bis gerade angespannt den Atem angehalten hast und für wenige Sekunden heben sich deine Mundwinkel. „Weil meine Witze großartig sind." 

Sein Verhalten ist bemerkenswert, er zeigt keinerlei negative Gefühle wie Zorn oder Traurigkeit und reagiert vollkommen gefasst auf die Neuigkeiten – du könntest das nicht. Gingka unterstellt dir nichts, gibt dir die Möglichkeit, dich zu erklären und erwartet trotzdem keine Rechtfertigung.
Deine Angst vor dem Telefonat war eindeutig unbegründet.
Er geht mit dem ganzen Thema deutlich besser als du um und du beneidest ihn dafür. Warum kannst du nicht so locker sein und eine solche positive Grundeinstellung haben? 

„Eher, weil deine Ideen bescheuert sind und das ganz nach dir klingt." Obwohl er lacht, kannst du die indirekte Sorge in seiner Stimme heraushören. 

Gerne würdest du ihn davon überzeugen, dass jene unberechtigt wäre, aber du würdest dir diese Behauptung nicht einmal selbst glauben. Doji und LDrago sind gefährlich und du darfst sie nicht unterschätzen.
Bald begibst du dich in die Höhle des Löwens und du musst aufpassen, dass du nicht gefressen wirst. 

„Mein Plan ist alles andere als bescheuert, ich würde ihn ganz bescheiden als genial bezeichnen." 

Deine Worte zählen wahrscheinlich zu den Übertreibungen des Jahrhunderts, allerdings hilft es dir nicht, deine Unsicherheit zu zeigen. Wenn du nicht davon überzeugt bist, was sollen dann erst andere denken? 

Gingkas „Dann schieß los" lässt du dir nicht zweimal sagen: 

„Ich werde Doji in den Glauben lassen, dass sein Vorhaben funktioniert hat. Er wird davon ausgehen, dass mich das Gespräch mit meinem Vater und ihm aufgewühlt und eingeschüchtert hätte. Ich sei verwirrt und würde Antworten suchen, die anscheinend nur er mir geben könnte", schilderst du ihm die Kurzfassung deines Einfalls. 

„Trifft es das denn nicht genau auf den Punkt?" Du siehst seinen skeptischen Blick vor dir und kannst dir das Schimmern in seinen Augen genau vorstellen. 

Obwohl keine Antwort ebenfalls eine Antwort ist, gehst du gar nicht erst auf den Kommentar ein. „Es ist wichtig, dass er in mir keine Bedrohung mehr sieht, denn das schützt vorerst die Leute, die mir nahestehen."

„Und setzt dir förmlich eine Zielscheibe auf den Rücken", ergänzt Gingka freundlicherweise und trägt seine Begeisterung zutrage. 

„Seit mein Vater Doji unterstützt hat, bin ich so oder so angezielt, das macht keinen Unterschied mehr." Für wenige Sekunden schließt du die Augen und knibbelst an deinen Nägeln herum, eine Angewohnheit, die dich seit Jahren verfolgt – ebenso wie die Vergangenheit und die damit verbundene Schuld. „Ich will nicht mehr weglaufen, Ginkga. Das habe ich lange genug getan. Ryuga und ich müssen miteinander reden, vielleicht kann ich ihn dazu bringen, aufzuhören und es steckt in ihm doch noch etwas von dem alten Ryuga. Ich will es immerhin versuchen, bevor es zu spät ist und LDrago die Kontrolle über ihn erlangt."

„Was machst du, wenn du ihn nicht umstimmen kannst?"

Uninteressiert hebst du die Schultern. „Dann probiere ich es bei anderen Mitgliedern der Dark Nebula, leite Informationen an dich weiter und hetze Doji und Ryuga gegeneinander auf. Notfalls schmeiße ich Doji einfach vom Dach und das Problem wäre ein für alle Male geregelt." Bei der letzten Bemerkung kannst du dir ein Grinsen nicht verkneifen. 

Gingka scheint deinen Vorschlag leider nicht ganz so witzig zu finden wie du, zumindest beachtet er ihn nicht, als er seine Bedenken äußert: „Deine Idee ist vollkommen bescheuert und löchrig, das kann man nicht als Plan bezeichnen." 

„Ich könnte deine Hilfe gebrauchen. Bist du nun dabei oder nicht?", fragst du ihn unmittelbar, da dir nicht mehr viel Zeit bleibt, bis Doji einen seiner Handlanger vorbeischicken wird. 

„Das fragst du noch? Natürlich!"


Kindheitsträume - I. Versprochen ist versprochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt