Vampirpest

1

Mit einem rückziehen des Hahn's hebe ich die Waffe und sehe mit einem gelangweiltem Blick auf meinen gegenüber. Die dunkle Gasse in der wir stehen wird nur manchmal von vorbeifahrenden Auto's erhellt. Passanten kommen hier nie vorbei. Zumindest nicht zufällig. Polizeisirenen sind in der ferne zu hören, doch ich bleibe ruhig. Lutsche an meinem Lolli und sehe nach vorn. "I-Ich gebe dir alles was du willst! ALLES! Ich schwöre!" ruft er, doch mir ist das egal. Was ich will, habe ich schon. Und Auftrag ist Auftrag. Ohne ein Wort zu verlieren, drücke ich zwei mal ab. Das Mündungsfeuer erhellt die dunkle Gasse zwei mal.

Das dröhnen des Schusses hallt in der Gasse wieder und lässt die Vögel erschrocken abheben, die sich am Rande der Gebäude niedergelassen haben. Der Körper des Mannes, den ich umbringen sollte, kippt nach vorn. Das erschrockene und zugleich flehende Gesicht verschwindet, als es mit einem dumpfen klatschen auf dem dreckigen Asphalt neben großen Müllcontainern aufkommt. Mein Auge verfolgt, wie das Blut sich immer weiter auf dem Boden ausbreitet und im Scheinwerferlicht glänzt, wenn wieder ein Auto vorbei fährt. Ich hebe die beiden Patronenhülsen auf und lasse sie in meiner Hand, während ich mich umdrehe und in die andere Richtung gehe.

"Zentrale an Irbis. Zentrale an Irbis." ertönt es plötzlich in meinem Ohr und ich seufze, während ich die Waffe wegstecke und um die nächste Ecke biege. Dann nehme ich den Lolli aus meinem Mund und besehe ihn mir traurig. Er ist bald aufgebraucht. Erst dann drücke ich in mein Ohr, um eine Antwort zu geben. "Hier Irbis. Was gibt's?" frage ich und gehe eine weitere Gasse entlang. "Zentrale an Irbis. Ist der Auftrag ausgeführt?" Mit meinem einen Auge sehe ich mich um und laufe noch zwei weitere Blocks, ehe ich wieder antworte. "Irbis an Zentrale. Auftrag wie immer ausgeführt. Erbitte Rückholung."

Ein knacken im Ohr erklingt und ich bleibe stehen. Die Dinger sind störunempfindlich. Ausser, man hat einen Störsender. Und dann hat man ihn wissentlich dabei! Mit einem leichten verziehen meines Gesichtes zeige ich meinen unmut, bin aber nicht beunruhigt. Das hier ist eine scheiß gegend. Morde stehen an der Tagesordnung. Vergewaltigungen sind allgegenwärtig. Raubüberfälle. Drogen. Was man sonst noch alles in diesem dunklen Teil der Gesellschaft findet. Die schwarzen Stiefel geben keinen Laut von sich, als ich auf die Hauptstraße zugehe und dort auf dem Gehweg meinen Weg aus diesem Teil der Stadt suche. Mein Kopfhörer ist im moment sinnlos.

Als ich merke, dass mein Lolli zuende ist, nehme ich den Plastikstängel aus dem Mund und schmeiße ihn einfach in den nächsten Container, ehe ich aus meinem langen schwarzen Umhang einen neuen hole, ihn auspacke und in den Mund stecke. Meine Zunge prickelt. Zitrone. Das Papier stecke ich zurück in den Mantel, der mir bis zu meinen Unterschenkeln geht und eine Kapuze besitzt, die ich mir nun über meine kurzen gefärbten blauen Haare ziehe. In der Innenseite meines Mantels habe ich verschiedene Nahkampfwaffen und Wurfwaffen. Zwar sind wir hier in Großbritannien, aber ich mag das japanische, weswegen ich Wurfsterne und Kunais habe.

Meine linke Hand stecke ich in meine lange, schwarze und enganliegende Hose. Ich sehe auf mein Top hinunter. Nur um zu überprüfen, ob ich Blutflecken darauf hätte. Aber zum Glück nichts auf dem ebenfalls schwarzen Top, dass ein Maul voller spitzer und weißer Zähne darauf hat, an dessen langen Eckzähnen das Blut herunter tropft. Erinnert an einen Vampir. Darunter der Schriftzug: 'Achtung, Bissig!' Plötzlich knackt der Knopf wieder und ich höre die Stimme der Zentrale. Seufzend gehe ich wieder in eine Gasse und halte meinen Finger darauf. "Irbis an Zentrale. Störsender war in der Nähe. Bitte um Rücktransport." brumme ich und warte auf eine Anwort.

"Zentrale an Irbis. Transport bestellt. Drei Blocks Süd-Östlich. Schwarze Limousine mit unserem Kennzeichen." knackt es durch den Knopf und ich verziehe mein Gesicht. Da wird man noch irgendwann taub! "Irbis an Zentrale. Verstanden." Und schon gehe ich in besagte Richtung. Über die Hautpstraße, auf der um diese Uhrzeit immer weniger Auto's herumfahren. Durch weitere Gassen. An Containern mit Müll, Essen und Leichen vorbei. Hier in dieser Gegend dauert es lange, bis eine Leiche gefunden und auch identifiziert wird. Deswegen ist es relativ praktisch, hier jemanden zu erledigen. Ausser man ist so dumm und macht es auf der Hauptstraße. Aber dann kann der Person auch nicht mehr geholfen werden.

Als ich um eine Ecke biege, um dem Abholplatz näher zu kommen, kommt mir unter einer Straßenlaterne ein schmieriger Typ entgegen. Ich kann an seinem Gang und seinem grinsen schon erkennen, dass er sich für etwas besonderes hält. Jemand, der jeden abschleppen kann. "Hey, Mädchen!" ruft er und stellt sich vor mich. Ohne ihn auch nur anzusehen, will ich an ihm vorbei gehen, doch er stellt sich wieder in meinen Weg. "Oh, nein nein nein. DU bleibst bei mir und wir machen uns einen schönen Abend, ist das klar? Oder ich puste dir deinen Schädel weg!"

Er holt eine Pistole heraus und ich sehe sie mir gelangweilt mit meinem einen Auge an. Eine Glock 19. Nicht schlecht. "Lass mich vorbei, oder ich töte dich." sage ich emotionslos und zuerst wirkt der Mann eingeschüchtert, ehe er anfängt zu lachen. "Du? Mich töten? Mit was den? Deinem Handy dass du mir an meinen Kopf schmeißt?" fragt er lachend und kommt mit einer Hand sehr nah an mein rechtes Auge, dass ich mit einer weißen Augenklappe abgedeckt habe. "Zeig mir doch, was du darunter versteckst!" Doch ehe er auch nur einen Finger an meine Augenklappe legen kann, habe ich mir seinen Arm geschnappt.

Er versucht seinen Arm zu befreien, aber wird leicht panisch als er es nicht schafft. "L-Lass mich los!" zischt er und hält mir die Waffe an die Schläfe. Doch ich sehe ihn nur unbeeindruckt an. "Schieß doch." murmle ich und warte darauf, dass er den Abzug drückt. Aber das macht er nicht. "Schwächling." sage ich und wische die Waffe einfach mit meiner Hand weg. Plötzlich und auch für mich ziemlich unerwartet, reisst er mir meine Augenklappe herunter und hält sie lachend in der Hand. "Wenn du sie willst, dann komm mit!"