Vampirpest

40

Die restliche Fahrt hat uns Walter über das geschehene aufgeklärt. Seras geht es immer schlechter. Der Beginn der Symptome sind 35 Stunden. Scheinbar ist das Virus mutiert, oder Seras ist so stark, dass sie das Virus besser bekämpfen kann. Es gab keinen Angriff auf das Anwesen und Pip ist auf dem Weg der Besserung. Er selbst hat keine Ahnung, dass ich ihn angegriffen habe, sondern er verflucht diesen einen 'Drecksvampir', wie er mich genannt hat. Immer und immer wieder. Und er verflucht sich selbst, dass er nicht an die möglichkeit eines Vampires gedacht, sondern die Mission auf die leichter Schulter genommen hat.

"Da kann er froh sein, dass Irbis ihn bekämpft hat. Wäre es ein anderer Vampir gewesen, wäre er tot. So wie seine gesamte Mannschaft." meint Lady Integra und Walter nickt. "Auf jeden fall. Es wäre um einiges Problematischer gewesen." Wir fahren die Auffahrt zum Anwesen entlang und ich sehe es mir aus der ferne an. Es hat sich nichts geändert. Immer noch der gleiche Charme wie damals. Immer noch so imposant und Ehrfurchtsgebietend wie eh und je. "Hast du es vermisst?" fragt Walter und ich nicke. Es ist was anderes, in einer kleinen Wohnung zu leben, in der man nicht einmal Bücher hat.

"Dein Zimmer ist das gleiche wie früher. Wir haben nichts angefasst und die Kisten dürften noch zu sein." Wieder nicke ich und freu mich irgendwie. Zuhause. Das ist etwas, was mir bei der kleinen Wohnung in Japan nich auch nur eingefallen ist. Es war... ein Schlaf- und Arbeitsplatz. Mehr nicht. Der Wagen hält und zuerst steigt Walter aus, um die Tür aufzuhalten. Dann Lady Integra, gefolgt von Alucard und schlussendlich mir. Sofort atme ich die reine Luft ein. Ich rieche Gras. Altbekannte Gerüche wie Schießpulver und Schweiß der Männer, wenn sie wieder trainiert haben. Wunderbar...

"Trautes Heim, Glück allein." meint Alucard, als er neben mir steht und ich sehe zu ihm hoch. Brauche einen moment, ehe ich verstehe. "Ja..." erwiedere ich und sehe lächelnd nach vorn. "Zuhause." Anscheinend von den Motorengeräuschen angelockt, kommt ein leicht lädierter Pip aus dem Gebäude. "Lady Integra! Alucard! Willkommen zurück? Habt ihr das Schwein gefunden, dass den Auftrag ruiniert hat?" fragt er und scheint mich nicht wirklich wahr zu nehmen. Nun gut. Lady Integra steht vor mir und ich bin nicht die größte. "Das Schwein haben wir gefunden, ja." erwiedert Lady Integra und Pip grinst. "Und? Zur strecke gebracht?" "Nein. Mitgebracht." "Hä...?"

Pip's Gesichtsausdruck ist mehr als nur verwirrt und ich kann ihn verstehen. Alucard legt mir eine Hand auf den Rücken und schiebt mich vor sich. Ich will protestieren, als Pip mich sieht und seine Kinnlade nochmal runterklappt. Doppelt hält besser, findet ihr nicht? "Irbis? Was machst DU denn hier? Ich dachte..." Ich hebe eine Hand und nicke lächelnd. "Naja... Ich als 'Drecksvampir' bin halt überall und nirgends." erwiedere ich und er runzelt die Stirn, ehe er einen erschrockenen Ausdruck aufsetzt. "Du?" fragt er und ich lege unschuldig den Kopf schief. "Was soll ich denn gemacht haben?" frage ich stattdessen und grinse breit.

"Hast DU mich angegriffen und den Auftrag versaut?" fragt er und ich denke kurz nach, ehe ich nicke und mit den Schultern zucke. "Ich hatte meinen eigenen Auftrag. Und wenn ich mein Geld haben wollte, musste der Geldhai sterben. So einfach ist das." Pip lässt seinen Kopf hängen. "Danke, dass du mich nicht umgebracht hast... das hätten nämlich alle anderen Vampire wahrscheinlich." Dann kommt er näher und legt seine Arme um mich. "Willkommen daheim." flüstert er und ich lege vorsichtig meine Arme auf seinen Rücken. "Sag, wenn es weh tut." murmle ich und er lacht kurz, ehe er sich wieder aufrichtet.

"Das einzige was im moment weh tut ist mein Stolz und meine dummheit. Ansonsten wird alles wieder!" erwiedert er und ich nicke erleichtert. Gut zu wissen, dass es ihm einigermaßen gut geht. Dann wende ich mich Lady Integra zu. "Wäre es möglich, dass ich..." Sie nickt. "Pip. Führ sie zu Seras. Unser kleiner ausreißer hat sich in der Urlaubszeit ein bischen Gedanken gemacht." Pip runzelt die Stirn, nickt dann aber. "Irbis?" Ehe ich ihm hinterher kann, sehe ich noch einmal zurück zu Lady Integra. "Ich werde dir zwei Räume Einrichten lassen. Ein Labor und eines für deine Tafeln und Studien. Liste mir alles auf, was du brauchst."

Ich neige meinen Kopf. "Das werde ich, Lady Integra." sage ich, drehe mich um und laufe dann zu Pip, der mir noch einmal die Haare durchwuschelt. "Blau und kurz steht die besser als braun und lang, muss ich zugeben." brummt er und grinst, ehe er sich eine Zigarette holt und diese in seinem Mund anzündet. "Und ohne Zigarette würdest du auch besser aussehen." erwiedere ich in dem gleichen Ton und der Raucher sieht mich groß an, ehe er die Zigarette wieder löscht und weg packt. "Aber nur, weil du wieder zurück bist und wiel ich dir was schulde!"

Pip bringt mich in den Keller des Anwesens. Dort, hinter zwei schweren Türen versteckt, ist ein kleiner Raum. Keine Fenster. Nur eine Tür. Ein Bett. Und eine halb bewusstlose Seras, die mit dunklen Augenringen an die Decke starrt und anscheindend aufgegeben hat. Ich gehe hinein und lasse Pip draussen. Noch weiß ich nicht, wie sich das neue mutierte Virus überträgt, aber ich nehme Basishygiene. Mundschutz. Augenschutz. Handschuhe. Kittel. Langsam gehe ich zu Seras an das Bett und setze mich an die Bettkante. "Hey, kleiner Sonnenschein." sage ich leise und es braucht einen langen moment, ehe Seras reagiert.

Ihre Augen wandern langsam zu mir und nach einem Augenblick gehen ihre Mundwinkel nach oben. "Irbis..." flüstert sie und ihre aufgesprungenen Lippen scheinen ihr das reden zu erschweren. "Ich bin da und ich werde ein Mittel finden, klar?" Es ist eine Feststellung. Ich MUSS ein Mittel finden, ansonsten stirbt Seras. Und das lasse ich nicht zu. Ihre Augen sind ein wenig eingetrübt und ich nicke. "Also kämpfe, klar? Ich will dich nicht sterben sehen!" Seras lächelt und nickt leicht. "In Ordnung. Ich mach mich an's Werk. Und versprich mir, nicht zu sterben! Also... kein zweites mal." Seras nickt wieder und ich stehe auf. Plötzlich holt sie tief Luft und alarmiert sehe ich zurück. "Er hat... dich auch vermisst." murmelt sie und ihre Augen gehen zu. Als ich ihren Puls prüfe, bin ich aber erleichtert. Er ist da. "Schlaf..." flüstere ich und schmeiße die Einmal-Schutzkleidung in den Eimer, ehe ich aus dem Raum gehe.