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Ich hole tief Luft und entspanne mich. Dann lasse ich den Atem wieder raus und die Luft wird plötzlich so kalt um uns herum, dass mein langer Hauch eine Eiswolke ist. Sogleich richte ich mich auf und sehe ihn an. Mein rechtes Auge ist zu, sodass nur mein linkes braunes Auge sichtbar ist. "Gib. Es. Mir." sage ich und spreche es langsam und vor allem bedrohlich aus. Doch der Kerl grinst nur weiter. "Erst kommst du mit mir und wir haben Spaß!" ruft er amüsiert und ich nehme die Kapuze herunter. "Du hast es so gewollt." Und ich öffne mein zweites Auge.

Der Kerl erstarrt. Sein grinsen versteinert und seine Mundwinkel gehen langsam nach unten. Seine Augen werden panisch und immer größer. Macht durchströmt mich. Und Hunger. "Was... Was bist du?!" ruft er Angsterfüllt und ich öffne meinen Mund zu einem breiten lächeln, ehe ich den Lolli einfach zerbeisse, ihn schlucke und das Plastikstück in meine Tasche packe. "Etwas, aus deinen Albträumen, mein lieber!" knurre ich und lecke mir über die nun spitzen Zähne. Das eine Auge leuchtet bedrohlich und ich springe nach vorn. Der Mann, der noch zu fliehen versucht, hat keine Chance. Ich lande auf seinem Rücken und drücke ihn so zu Boden. Pinne ihn richtiggehend fest und grinse wie verrückt. Lache sogar leise.

"Es steht sogar auf meinem Top!" kichere ich und lege dann eine Hand auf den Mund des Mannes, der um Hilfe schreit. Sofort wird es gedämpft und er versucht, mir in meine Finger zu beissen. Doch mir ist das egal. Und als er auf meinen Fingerknochen trifft, lache ich nur noch. "Das nützt nichts!" rufe ich amüsiert und sehe ihn mit beiden Augen an. "Und jetzt halt die Schnauze, Wurm!" Ohne Gnade zu zeigen, ramme ich ihm meine Zähne in seinen Hals und beisse noch einmal richtig zu. Das Blut schmeckt köstlich. Erfrischt meine Zellen und als der Mann aufgibt zu kämpfen und das Bewusstsein verliert, regeneriert es meine Finger.

Ich lasse erst von ihm ab, als er Tod ist und richte mich dann auf. Lecke mir den rest seines Blutes von meinen Lippen und nehme meine Augenklappe aus seiner verkrampften Hand. Dann stehe ich auf und die Temperatur geht wieder auf Normaltemperatur hoch. Mit einem letzten Blick auf den Mann, richte ich meine Kleidung und lege meine Augenklappe an, ehe ich mich umdrehe und wieder ganz gelassen und ruhig weiter gehe, um endlich zu dem Abholungspunkt zu kommen.

Natürlich greife ich in meine Tasche und suche nach einem weiteren Lolli! Kann aber keinen finden und schnaube wütend. Aber es ist alles gut und ich komme bei dem Ort an, an dem ich mich abholen lassen soll. Gelangweilt lehne ich mich gegen einen Laternenmasten und warte mit geschlossenen Augen auf den Wagen. Minute um Minute vergeht und ich werde langsam ungeduldig. Doch da kommt schon der Wagen mit dem Zeichen meiner Organisation angefahren und ich stoße mich von dem Masten ab. Der Wagen hält direkt vor mir und ein mir sehr bekannter Mann steigt aus dem Wagen und hält mir die hintere Tür auf.

"Wenn ich bitten dürfte, Irbis?" fragt er und ich nicke. "Hat ein bischen gedauert, nicht wahr, Walter?" erwiedere ich und er neigt entschuldigend seinen Kopf. "Es tut mir leid. Aber es scheint einen Mord gegeben zu haben, weswegen die Straße gesperrt ist. Eine junge Frau." Ich nicke und steige in die Limousine ein. Walter folgt mir und schon fährt der Wagen los. "Wie ich sehe, hast du noch eine Zusatzaufgabe geleistet." stellt der Monokelträger fest und ich lehne mich in den Sitz. "Der Kerl hat mir meine Augenklappe geklaut. Da bin ich ausgeflippt." Kurz und knapp.

Walter seufzt und hält mir etwas hin. Ich sehe zu ihm und fange an zu grinsen wie ein kleines Kind. "Danke!" Und schon habe ich mir den Lolli geschnappt, ihn ausgepackt und in meinen Mund gesteckt. Walter lacht leise und schüttelt den Kopf. "Niemals würde ich darauf kommen, dass du schon 256 Jahre alt bist." meint er und ich zucke mit den Schulter. "257. Ich hatte vor einer Woche Geburtstag." erwiedere ich und Walter nickt. "Tut mir leid, Irbis. Du hast recht." Ich strecke mich und sehe aus dem Fenster. "Wäre doch langweilig, wenn man so wird wie der alte."

Der Alte. Alurcard. Der No-Life-King. Der einzig wahre Vampir und der älteste, den es gibt. Der Reinrassigste. Nicht so wie ich. Ich bin nur ein halber. Bei meiner Wandlung muss irgendetwas schiefgelaufen sein. Ich habe die Fähigkeiten eines Vampires erhalten, als ich gebissen wurde. Ich habe alle Vorteile. Bessere Sicht. Hörfähigkeit. Besseres Riechen. Schnelle Reflexe. Aber ich habe eben auch meine menschlichen Züge behalten. Ich kann ohne Problem in das Sonnenlicht gehen. Habe kein Problem mit Kirchen, Knoblauch, Weihwasser, Kreuzen und so weiter. Meine einzigen Schwachpunkte sind der Kopf und mein Herz. Seras hat mich gefunden und mich trotz Alucards bestreben dagegen, zu Lady Integra gebracht.

Und seit ein paar Jahren bin ich Mitglied der Hellsing-Organisation. Von Alucard werde ich nur gnädigerweise geduldet und er ärgert mich gern, aber das ist mir egal. Seras hilft mir wo sie kann und auf Walter und Lady Integra kann ich mich verlassen, falls Alucard zu heftig wird. Und Pip ist auch ein guter Freund geworden. "Du kannst dich im Anwesen gleich zu Bett legen. Ich glaube, du bist ein bischen erschöpft, nicht wahr?" Walter weiß eben alles und ihm kann ich mich nicht entziehen, was meine aktuelle Stimmung angeht. Also nicke ich. "Ein bischen..." murmle ich und muss gähnen. Typisch.

Walter lächelt mir zu. "Keine Sorge. Du kannst schon ein wenig im Auto schlafen. Du bist hier her mit dem Hubschrauber gebracht worden. Mit dem Auto dauert das noch länger. Ich schätze, auf jeden fall zwei oder drei Stunden." meint der Butler und ich will nicken, als Walter schon auf die Seite rutscht und neben sich klopft. Das ist ein kleines Ritual zwischen uns beiden. Immer wenn es zu so einer Situation kommt, darf ich das. Also stehe ich auf und setze mich neben ihn, ehe ich mich auf die Seite lege und meinen Kopf auf Walter's Schoß bette. Er ist so etwas wie mein Ersatzvater, wenn ich jemals einen gehabt haben sollte. Und deswegen ist es auch kein Wunder, dass ich ziemlich schnell eingeschlafen bin.

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