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Ich lasse mich flach auf den Bauch fallen, als Schüsse die Heckscheibe zersplittern lassen und dann knapp an mir vorbei sausen. Aber diese Eröffnung werde ICH mir gönnen. Ich spanne meine Arme an und drehe mich auf dem Kofferraum so, dass meine Füße in den Wagen gehen, ehe ich mich hinein gleiten lasse. Sofort werden Waffen auf mich gerichtet und ich grinse. "Guten Tag und auf Wiedersehen." sage ich nur und verschwinde im Schatten des Wagens, ehe ich wieder Schüsse höre. Jetzt darin zu bleiben wäre reiner Selbstmord! Und ich bin vielleicht verrückt, aber nicht dumm. Stattdessen werde ich ein bischen fies.

Durch meine Fähigkeit im Schatten zu verschwinden und die Temperatur zumindest in den Minusgraden manipulieren zu können, begebe ich mich ungesehen nach vorn zum Motor und lasse diesen trotz der Hitze die dort ist, einfrieren. Sofort werden Riemen spröde, reissen und selbst das Kühlwasser gefriert. Ich bleibe noch einen Augenblick und trete ausserhalb des Wagens wieder aus dem Schatten. Dort muss ich mich abrollen und merke, wie der ein oder andere Knochen sich so biegt, dass er bricht. Hauptsächlich Rippen und Arm. Ich lasse mich ausrollen und stehe dann sofort auf. Während sich mein Körper wieder von selbst regeneriert, grinse ich.

Die Explosion ist wahrscheinlich weithin hörbar, als der Motor überhitzt und somit den gesamten Wagen in einem Feuerball aufgehen lässt. Tja. Was soll ich sagen? Benzin brennt nun einmal verdammt gut. Und nicht umsonst ist Rauchen bei Tankstellen nur in den ausgeschriebenen Plätzen erlaubt. Trotz noch einiger angeknackster Rippen und des gebrochenen Armes, laufe ich mit den Impulsen zu dem Auto, dass nicht wirklich weit gekommen ist. Während des laufens ertönen mehrere Knackgeräusche die darauf hinweisen, dass meine Knochen wieder an ihren angestammten Plätzen und auch wieder voll belastbar sind. Zwar geht mein Hunger wieder hoch, aber immerhin bin ich wieder heil.

Der Feuerball hat sich zwar gelegt, aber überall brennt es. Der Geruch von verbranntem Fleisch steigt in meine Nase und treibt meinen Hunger noch ein wenig an. Ich lösche das Feuer mithilfe des Eises und lasse es wieder verschwinden, ehe ich mich durch die Trümmerhaufen wühle. Meine Sinne spielen wegen dem Hunger gerade etwas verrückt, also muss ich mich auf meine Augen und mein Gehör verlassen, die davon relativ unbeeindruckt sind. Ich kann fast alle beteiligten finden, die ich in den Sekunden gesehen habe, als ich im Wagen war, ehe ich den Abgang in den Schatten gemacht habe.

Aber eine Person fehlt. Die wichtigste. Ich steige von dem Wrack herunter und sehe mich um. Ich habe niemanden fliehen sehen. Wo kann das Miststück nur sein? Meine Zähne fahren sich aus und der Hunger wird wieder schlimm. Ein riesen Problem, dass ich einfach nicht in den Griff kriege. Wenn ich hunger habe, kann ich mich nur noch auf mein menschliches Auge und mein menschliches Gehör verlassen. Die vampirische Seite ist dann komplett ausser gefecht gesetzt. Das noch viel größere Problem? Meine Reaktionsgeschwindigkeit und meine Fähigkeit sind... nun ja. Wie soll ich es anders ausdrücken als: Komplett auf Eis gelegt.

Ein klicken ertönt hinter mir. Ein Schuß löst sich. Ich drehe mich um, werde aber nicht getroffen. Und ich reisse meine Augen auf als ich sehe, wieso nicht. Alucard steht vor mir. Still. Ohne Bewegung. Wie... Wie ist er so schnell...? Und wieso? Ein weibliches lachen ertönt. "Versuchst du gerade, deiner Herrin ein letztes mal zu dienen?" ruft sie und ich sehe, wie Alucard beginnt, sich zu bewegen. Ich entspanne mich und trete neben ihn. Mein Blick auf die Frau gerichtet. Sie sieht aus wie ein Topmodel. Groß, Blond, blaue Augen, große Brüste, schlanker Bauch, wenn man ihrem Oberteil glauben darf. Und geschminkt, als würde sie vom Karneval kommen.

"Du denkst, dass er mir dient?" frage ich ruhig und schüttle leicht den Kopf. "Den Mann, den du gerade angeschossen hast..." Die blauen Augen der Frau werden groß, als die Kugel aus Alucard's Stirn herausgedrängt wird und in seine offene Hand fällt. "Er ist der Urvater aller Vampire. Alucard. Damals Vlad der Pfähler genannt. Mehr als 500 Jahre alt und gefährlicher, als du ihn dir vorgestellt hast. Und...!" Ich ziehe einen Mundwinkel hoch. "Mitglied einer Organisation, die sich auf die Jagd von Vampiren wie dich spezialisiert hat." Ein wenig Kraft kommt zurück und ich lasse mein rotes Auge aufleuchten.

"Und ganz zufällig hast du meinen Arbeitskollegen versucht zu töten." Ich kann sehen, wie Alucard erst ein wenig überrascht zu mir hinüber sieht, dann aber nickt. "Wie wahr, Irbis." Ja, ich werde zurückkehren. Alleine deswegen, weil ich Seras helfen muss. Und ich vermisse Walter. Und ich sehe, dass ich ohne Alucard mal wieder am Arsch wäre. "Eiskönigin? Irbis? Was ist jetzt dein wahrer Name?" Ich ziehe meine Augenbrauen hoch. "Du hast keine anderen Probleme als das wissen wollen meines richtigen Namens?" frage ich leicht verwirrt, schüttle dann aber den Kopf. "Was für eine sinnlose vergeudung von Luft."

Die Waffe zittert in ihrer Hand und sie hebt sie wieder, um sie abzufeuern! Doch Alucard zuckt nich einmal, sondern lässt etwas erscheinen, was ich ewigkeiten nicht mehr gesehen habe. Seinen Höllenhund. Die Frau lässt vor Schreck die Waffe fallen und ein Schuss löst sich. Aber er verschwindet im Wald und bleibt vielleicht in einem Baum stecken. Wer weiß. "Wie naiv und dumm die Jungspunde doch sind. Denken, dass sie gegen den alten eine Chance haben..." Ein lachen entkommt mir, ehe ich mich aber schnell wieder beruhige.

Ich streiche mir meine Haare aus dem Gesicht, ehe ich zu dem schwarzhaarigen sehe. "Ich überlasse dir gern den Vortritt. Als kleine entschuldigung für die sieben Jahre." sage ich ruhig und er setzt die orangene Brille ab, während er grinst. "Mit dem größten Vergnügen. Aber wegen der entschuldigen dürfen wir noch reden, Prinzessin." Ich zucke bei dem Namen zusammen, lächle aber leicht und nicke. "Kann ich dir das überlassen? Ich will in die Wohnung. Bring Lady Integra zu mir, es gibt einiges zu besprechen." Ich drehe meinen Rücken zu ihm, sehe ihn aber noch kurz an. "Also nur, wenn du so lieb wärst und mir den Gefallen tun könntest." füge ich hinzu und laufe wieder in Richtung Stadt.

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