Ich erwiedere seinen Blick und schüttle den Kopf. "Nicht wirklich. Ich habe mich nie emotional an jemanden gebunden weil mir von anfang an klar war, dass ich lange lebe und sie nicht." entgegne ich leise und Alucard nickt. "Verständlich... du hattest vorwissen von anderen." Er sieht nach vorn. "Ich nicht. Mich traf alles unvorbereitet. Ich alterte nicht mehr. Ich veränderte mich nur, wenn ich es selbst wollte oder wenn es mir von Lady Integra oder ihrem Vater befohlen wurde. Alles leben verging und vergeht immer noch so schnell und das, ohne mich in betracht zu ziehen. Das leben ignoriert mich völlig."
Wieder sehe ich zu ihm hoch und rücke ihm ein wenig auf die Pelle. "Aufstehen." brumme ich und Alucard runzelt die Stirn. "Wa-" "Aufstehen." wiederhole ich und er tut wie geheißen. Ich rücke in die mitte und mache dann einen Schneidersitz. Mit einem aufforderndem Blick sehe ich zu dem nun stehenden Alucard hoch und klopfe auf meinen Schoß. "Und jetzt wieder hinlegen. Ist gemütlicher." Der schwarzhaarige runzelt die Stirn, versteht dann aber und legt sich mit dem Rücken auf das Bett und legt seinen Kopf in meinen Schoß. "Zufrieden?" fragt er und ich nicke. "Jetzt kannst du weitermachen."
Erst ist es still und vor lauter 'ich-weiß-nicht-was-ich-sonst-machen-soll' beginne ich, ihm durch die Haare zu streichen. Sie sind weich und erinnern mich an Katzenfell. Zuerst verspannt er sich, entspannt sich aber relativ schnell wieder. "Aber du hast doch wenigstens Seras, die dich auf ewig begleiten wird. Ihr zwei habt wenigstens eine relativ gute Meister-Untergebenen-Beziehung und ich glaube, dass das bei euch wirklich eine ewigkeit hält." Irgendwer muss ja den Monolog wieder in Schwung bringen. Und diesmal bin es halt ich. "Und was, wenn nicht? Was ist, wenn Seras sich auch irgendwann einfach so verabschiedet?" Oho... da scheint jemand extreme Verlustängste zu haben...!
"Und wenn schon. Du musst das so sehen, wie eine Vater-Kind-Beziehung! Auch ein Vater muss seine Tochter irgendwann los lassen. Aber sie ist nicht verschwunden oder vom Erdboden verschluckt. Sie ist immer noch da und nicht von der Bildfläche verschwunden. Ihr steht dann immer noch in Kontakt und könnt euch treffen und reden, wann ihr wollt. Und so wie ich Seras kenne, wird sie dich eh nicht so schnell verlassen. Sie hängt viel zu sehr an dir!" Ich fange an zu lächeln und beuge mich ein wenig vor, um ihn anzusehen. "Wie eine kleine Familie, Alucard. Du hast mit allen ein Familienähnliches Band."
Seine Stirn runzelt sich. "Aber nicht mit dir." Autsch... das tat jetzt weh. Doch ich lächle weiter. "Natürlich nicht. Du hast dich nie für mich interessiert und das wird wahrscheinlich auch wieder so sein, wenn wir zurückkehren. Aber dann bin ich halt die Groß-Groß-Cousine 24sten Grades oder so." Ich zucke mit den Schultern. "Oder adoptiert. Such dir eines aus." Das bringt ihn irgendwie zum schmunzeln. "Die werte Frau Doktorin spendiert mir gerade eine Stunde auf dem berühmten Sofa, oder wie?" fragt er nun und ich brauche einen moment, um den Witz zu verstehen und dann leise zu lachen.
"Gehst du mit all deinen Patienten so um?" fügt er hinzu und sein grinsen wird schelmisch. "Ich glaube ich hätte ein Problem, wenn ich alle auf meinem Schoß liegen lassen würde, oder?" erwiedere ich und er nickt ernst. "Und wie." Kurz stocke ich, ehe ich wieder lache und Alucard mit einstimmt. Alucard wird aber schnell wieder ernst und sieht mich an. "Das wäre aber tatsächlich ein Problem. Sexuelle Belästigung der Schüler." meint er und zwinkert mir zu. Ich schüttle kichernd den Kopf und lehne mich wieder mit dem Rücken gegen die Wand. "Nur gut, dass du keiner meiner Schüler bist, nicht wahr?"
Ich spüre, wie er nickt und sich wieder still hält, damit ich wieder langsam durch seine Haare fahren kann. Es ist irgendwie beruhigend. "Du bist etwas besonderes... weißt du das, Alucard?" frage ich leise und ich kann seine Verwirrung spüren. "Wieso dass den. Ich töte Leute und lache sie aus." erwiedert er mit einer brummigen Stimme und ich nicke. "Ja, ich weiß. Aber trotz alldem was du durchgemacht hast, vertraust du Leuten. Leuten wie Seras, Walter, Lady Integra und auch mir. Du hast keine Angst weil du weißt, dass du dieses Problem einfach aus der Welt schaffen kannst."
Alucard legt den Kopf in den Nacken und sieht mich an. "Wie meinst du das? Ganz verstehen... tu ich es nicht." gibt er zu und ich nicke. "Du... hast einfach die Macht die Dinge aus dem Weg zu räumen, die dir und den Leuten die dir etwas bedeuten, weh tun könnten oder Angst bereiten. Du hast deine Wege, wie du dich an den Problemen vorbeiwinden kannst und kommst später mit einer geeigneten Lösung wieder zurück, um es zu beseitigen. Du hast die Erfahrung, das wissen dazu. Das Wissen, die Macht und das können. Die Geschicklichkeit und die Ausdauer..." Ich seufze und schüttle meinen Kopf.
"Tut mir leid. Ich rede viel, wenn man mich lässt." murmle ich und sehe auf die Seite. Das reden hilft mir in der Universität, aber nicht hier. Plötzlich spüre ich, wie Alucard meine Hand nimmt. Misstrauisch lasse ich es zu, beobachte es aber. "Jeder hat so etwas. Nur ich trage es offen zur Schau. Andere, wie du, sind eher still was so etwas angeht. Denk nur an deine Titel." Er hält meine Hand über sein Gesicht und fährt wie ein kleines Kind mit seinen Fingern über meine Handinnenfläche. "Mit diesen Händen hast du so viel erreicht. Du lehrst und rettest leben."
Ich... Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Mir wird bewusst, dass ich immer nur die Erfolge der anderen gesehen habe. Nie meine eigenen. "Hey... Alucard." Der schwarzhaarige sieht mich so gut es geht an. "Du hast gesagt, dass du deine Form ändern kannst." Er nickt etwas misstrauisch und ich entziehe ihm meine Hand. "Kannst du mir zeigen wie du damals aussahst?" Ich weiß, dass diese Frage riskant ist, aber ich bin neugierig. Er runzelt die Stirn und richtet sich auf, ehe er sich zu mir dreht. "Willst du das wirklich wissen, oder ist das nur eine Ablenkung von dir, um nicht über dich reden zu müssen?" Ich hole Luft und lege meinen Kopf mal nach rechts und mal nach links. "Mehr Neugierde. Aber zweiteres ist auch dabei, wenn ich ehrlich bin."
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Vampirpest
FanfictionAlexandra, Codename Irbis. Ein Mischling aus Vampir und Mensch. Weder die eine Seite ist ihr vollständig zugänglich, noch die andere Seite. Sie wird ewig leben. Aber ob das in einer Gesellschaft so gut ist? Vor zwei Jahren in einer Organisation aufg...