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Wo sind wir? Das ist das erste, dass Alucard fragt. In meiner Erinnerung und in dem alten Schloss, dass mein Meister bewohnt hat, ehe ich ihn umgebracht habe. Wir sind beide in meinem Körper und ich muss nichts tun. Schließlich ist das eine Erinnerung und meine Erinnerung läuft von selbst ab. Ich bin in einem Zimmer. Die Wände sind aus dunklen Steinen. Die Fenster sind vergittert. Kein Glas ist davor. Eine einzelne Fackel hängt neben der Tür, die rechts von dem Bett ist. Sie ist groß und dunkelbraun. Kratzer meiner Fingernägel sind dort zu sehen. Zeichen meiner Fluchtversuche.

Du hast versucht zu fliehen... warum bist du nicht durch die Wände? Ich seufze. Weil ich damals, zu den anfängen, noch keine Ahnung hatte wie das funktioniert. Er hat mich ausversehen erschaffen und ich bin eine Missgeburt, wenn man seinen Worten glauben schenkt. Ich habe es nicht verdient, dass mir irgendetwas beigebracht wird. Meine Antwort lässt Alucard für eine Zeit verstummen. Ich habe mir mehr als einmal die Nägel abgerissen bei dem Versuch, mich durch die Tür zu kratzen. Die Schmerzen waren mir damals egal. Ich wollte nur fliehen. Weg von ihm. Du wirst es verstehen, wenn er auftaucht. Mehr sage ich nicht mehr.

Mein Erinnerungs-Ich sitzt auf einem großen und weichen Himmelbett. Davor ist eine große hölzerne Truhe, in denen immer viele Dinge steckten. Meistens Fesseln, um mich gehorsam zu machen. Ein großer und ebenfalls hölzerner dunkelbrauner Kleiderschrank steht links neben dem Bett und hat viele verschnörkelungen drinn. Er sieht wunderbar von aussen aus, aber von innen ist er leer. Ansonsten ist das Zimmer leer. Ich trage nur ein Korsett und eine Unterhose. Ich spüre dass dir kalt ist. Wieso ziehst du dir nicht was an? Wenn er es sehen könnte, würde ich gern die Augen verdrehen. Aber stattdessen zucke ich nur mit den Mundwinkeln.

Mein Meister hat mich nur so rumlaufen lassen. Ich bin eine Schande für die Gesellschaft der Vampire. Und wenn ich schon nichts kann, dann soll ich wenigstens schön für ihn aussehen. Du warst ein Dekostück? Er fasst es ziemlich gut zusammen. M-hm. Mehr war ich nicht. Obwohl... Doch ich war ein- "Mieses wehrhaftes Mistück! Komm her!" brüllt plötzlich eine Stimme und ich zucke nicht nur in meinen Erinnerungen, sondern wahrscheinlich auch in der Gegenwart zusammen. Die Tür fliegt auf und mein alter Meister kommt rein. Sein langer ungepflegter Rauschebart hängt ihm bis über seine Plautze und er stinkt nach Alkohol.

"Ich will endlich meinen Spaß!" knurrt er und wankt auf mich zu. Ekel überkommt mich und ich habe die gleichen Emotionen wie damals. Aber neben dem Ekel kommt auch Angst, Wut und Panik. "Such dir endlich selbst ein Weib! Ich werde dir nie geben, was du willst!" rufe ich zurück und rutsche auf dem Bett zurück. Doch seine Augen glühen rot und seine Zähne sind ausgefahren. "Du bist eine Schande für alles!" meint er und krabbelt auf das Bett. Mein Erinnerungs-Ich zittert, richtet sich aber auf. "DU hast mich erschaffen! DU bist die Schande!" knurre ich zurück.

Im nächsten moment werde ich unter ihm begraben. "Halt endlich dein Maul, Weib! Du gehörst mir und ich befehle dir, dich nicht zu wehren!" Zwar merken wir beide, wie sich in meinem Erinnerungs-Ich etwas regt, aber nicht zum Ausbruch kommt. Ich bin nur ein Halb-Vampir und den Drang den Befehlen meines Meisters zu gehorchen habe ich nicht, beziehungsweise nur sehr schwach. "Ich... gehöre dir nicht!" zische ich und winde mich so gut es geht. Seine Hände gehen zu dem Korsett, reissen es auf und er packt mich grob an meinen Brüsten. "Sei still! Du gehörst mir! Ich habe dich verbessert!" Seine Zähne vergräbt er plötzlich in einer meiner Brüste und ich muss mich zusammenreissen im hier und jetzt nicht schmerzerfüllt zu schreien. Was meint er mit verbessern?

Das war der Zeitpunkt, als er mir meine Fähigkeit gab. Sie ist erst vor zwei Jahren zum Ausbruch gekommen, aber damals hat er sie mir gegeben. Beantworte ich seine Frage und bin kurz abgelenkt. Aber gleich wieder zurück in der Erinnerung. Ich schaffe es, mich dank meiner noch unkontrollierten Vampirfähigkeiten loszureißen. Meine linke Brust blutet von seinem Biss und seine Abdrücke sind deutlich zu erkennen. Als ich von dem Bett will, werde ich zurückgerissen. Er packt mich an meinen Handgelenken und grinst mich hämisch an. "Niemals! Du wirst mir niemals entkommen! Ich werde dich irgendwann brechen und dann wird es für die Ewigkeit so sein!" Er lacht teuflisch.

Ich löse dir Verbindunge und die Erinnerung auf und bin mit ein paar blinzlern wieder in der Realität. Das lachen ist immer noch in meinem Kopf und ich weiß, dass es die nächsten Stunden auch noch darin verbleiben wird. Vorsichtig sehe ich zu Alucard hoch, der nur auf den Boden sieht. Seine schwarzen Haare verdecken seine Augen teilweise aber ich traue mich zu behaupten, dass er fassungslos, nachdenklich und gleichzeitig wütend ist. Sonst würden seine Augen nicht glühen, als wären es zwei Kohlestücke in der Dunkelheit der Nacht.

"Ich... Ich habe viel von ihm gehalten. Und ich habe die Person gehasst, die ihn umgebracht hat. Er war ein guter Freund." fängt er an und ich sinke ein wenig in mich zusammen. Jap... ich habe ihn ja getötet. Dann hebt er seinen Kopf und sieht zu mir. "Aber ich habe meine Meinung geändert. Ich kann es nicht verzeihen, was er dir angetan hat und ich unterstütze dich wenn irgendjemand sagt, dass du ihn einfach so getötet hast." Verblüfft drehe ich meinen Kopf zu ihm. "Alucard...?" Doch in seinen Augen kann ich nun puren Hass sehen. "Wie kann man nur so werden? Nur so sein?"

Die schwarzen ungekämmten Haare fallen ihm ins Gesicht und er rückt von mir weg. "Tut mir leid. Ich werde in Zukunft aufpassen." Warte... DER Alucard hat sich gerade entschuldigt?! Was ist denn jetzt mit der Welt kaputt... Hab ich doch den Virus abgekriegt und der schlägt sich auf meine Gehörgänge? "Und ich werde meinen Abstand halten." fügt er hinzu und will aufstehen, als ich ihn diesmal am Handgelenk packe. Eher eine Spontanreaktion, als durchgedacht. Mit gerunzelter Stirn sieht er mich an und wartet auf eine Erklärung. "Ich... Du..." Ich lasse die Luft entweichen und sehe auf den Boden. "Bleib... Du bist neben Walter der einzige, der mich beruhigt..." Dann sehe ich zu ihm hoch. Bitte...

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