Vampirpest

21

"Du musstest unbedingt die Schuld auf dich nehmen, oder?" brummt Alucard und ich bleibe stehen, ehe ich meinen Kopf drehe. "Was dagegen? War ja meine Schuld dass ich zugesagt habe, oder nicht?" erwiedere ich und spüre im nächsten moment, wie er hinter mir steht. "Du... Wieso machst du so etwas? Das ist komplett unlogisch!" Ich seufze und schließe meine Augen. "Schieb es auf meinen menschlichen Teil. Ich habe eben meine weichen seiten." Ich öffne meine Augen wieder einen Spalt und sehe auf den Boden. Die weiche seite... Ich wollte einfach nicht, dass er in die Schussbahn gerät. Mehr nicht.

"Und wenn du einen Anschiss bekommen hättest, dann wärst du wieder mies gelaunt und ich bin mit dir noch ein paar Stunden eingesperrt. Das bedeutet, dass ich deine miese Laune dann auch abbgekomme." Das ist das einzige, was mir sonst noch eingefallen ist. "Ausserdem war es mein Leben, dass ich auf das Spiel gesetzt habe. Und ich entscheide, was mit meinem Körper geschieht. Ob ich ihn jetzt opfere oder behalte..." Ich sehe zu ihm hoch. "Das obliegt meiner eigenen freien Entscheidung und da hat nicht einmal Walter das recht, mir irgendeine Entscheidung abzunehmen, oder irgendetwas für mich zu entscheiden."

Alucard's Augen flackern kurz, aber er dreht sich wieder weg. "Im moment habe ich keine Lust, mich gegen deine Sturheit zu stellen." brummt er nur und geht in Richtung Bett, ehe ich in das Bad gehe, meine Zähne putze und meine morgendliche Routine mache. Es ist irgendwie beruhigend, wenigstens das zu können. Zähne putzen. Sich Wasser in das Gesicht zu spritzen. Auf die Toilette gehen. Ein wenig frischer gehe ich wieder raus und sehe, das irgendwas fehlt. Und als ich merke was, bleibt mir kurz das Herz stehen und ich drehe meine Kopf hin und her. Wo zur hölle ist dieser Dämlack von Vampir?!

Alucard! Wo zur Hölle bist du? Ich richte mich direkt an ihn, bekomme aber keine Antwort. Wären wir nicht mit dem Virus in Kontakt gekommen, hätte ich ja kein Problem gehabt, dass er abgehauen wäre. Klar wäre ich sauer, aber verdammt... er könnte... der Virus... Alucard, verdammte Scheiße! Komm her! Ich warte unruhig und fange an, im Kreis zu gehen. Wenn er infiziert ist, bin ich am Arsch... niemand kommt gegen ihn an. Auf Lady Integra wird er auch nicht wirklich hören! Hat er dann seine volle Macht? Wird er kontrolliert? Wie können wir uns um einen unsterblichen kümmern?

Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe herum und spiele gleichzeitig mit meinen Fingern. Nicht einmal der Lolli hilft, den ich mir geholt habe. Mein Hirn rattert jede möglichkeit durch und versucht für alles irgendwie passende Lösungen zu finden, was bei einem unsterblichem Vampir mit einer theoretischen Vampirseuche und ohne heilmittel verdammt problematisch wird! Zehn Minuten vergehen... Zwanzig Minuten vergehen... Eine halbe stunde vergeht... Eine Stunde vergeht. Und ich laufe immer noch im Kreis und habe keine Ahnung, was los ist. Er antwortet mir gedanklich nicht und langsam aber sicher mache ich mir mehr sorgen als ich mir wahrscheinlich machen sollte!

"Irgendwann hast du einen Kreis reingestampft, Prinzesschen." ertönt plötzlich eine bekannte Stimme und ich bleibe abrupt stehen. Ich drehe meinen Kopf und sehe Alucard mit einem fetten grinsen halb aus der Wand ragen. Er tritt in das Isolierzimmer und ich sinke vor erleichterung auf den Boden. Ein mehr als erleichtertes lächeln auf den Lippen und ihn ansehend. Es geht ihm gut... Etwas verwirrt sieht mich der schwarzhaarige an und kommt zu mir. "Alles in Ordnung?" fragt er misstrauisch und ich nicke, ehe ich mich nach hinten fallen lasse und nun flach auf dem Boden liege. Ich kann nicht ausdrücken wie erleichtert ich bin!

"Bist du dir da auch ganz sicher...?" fragt Alucard sicherheitshalber und beugt sich ein wenig über mich. "Jag mir nur nie wieder so einen Schrecken ein... Ich musste mir eine Stunde lang darüber gedanken machen wie man dich am besten töten könnte, wenn du infiziert gewesen wärst!" erwiedere ich und der schwarzhaarige zieht eine Augenbraue hoch. "Und du bist davon ausgegangen dass ich infiziert bin, weil...?" Ich setze mich auf und stehe dann auch auf, ehe ich mir den dreck abklopfe. "Weil du plötzlich verschwunden warst und der Virus mit der Ausbruchszeit noch variiert! Was, wenn du infiziert worden wärest?"

Doch Alucard winkt grinsend ab. "Ich verrate dir ein kleines Geheimniss, Prinzesschen." meint er und beugt sich zu mir hinunter. "Ich hätte gar nicht isoliert werden müssen. Ich habe nicht einen Blutspritzer abbgekommen." Mit gerunzelter Stirn starre ich ihn an. "Und... Wieso... Warum bist du dann...?" murmle ich und Alucard richtet sich wieder auf. Seine Augen immer noch auf mich fixiert. "Weil ich Spaß daran habe dich ein wenig auf die Schippe zu nehmen und weil irgendjemand auf dich aufpassen muss. Man kann dich hier ja nicht alleine lassen. Wir haben im Flugzeug gesehen, wohin das fü-" Überrascht unterbricht er und redet auch nicht weiter.

Ich konnte nicht anders und habe ihn umarmt. Einerseits weil er ein kleiner Walter-Ersatz ist und andererseits, weil er mir immer wieder hilft und sich selbst dabei sogar Ketten anlegt. Ich brauche einen moment, ehe ich mein, in seinem weißen Oberteil vergrabenem Gesicht auf die Seite drehe. "Du bist ein dummer Kerl... Wer lässt sich freiwillig einsperren..." brumme ich, bin aber mehr als nur froh, dass er das auf sich genommen hat. Er wird immer mehr zu einem Kerl, den ich gern um mich habe und ich habe gemerkt was passiert, wenn ich es nicht tue. Ich sterbe oder breche in Panik aus.

Seufzend legt Alucard eine Hand auf meinen Kopf. "Als ob ich jemanden alleine lassen könnte der mehr über mich weiß, als ich selbst und der mir erklärt, wie ich funktioniere." Ich schlucke und sehe zu ihm hoch. Die Anspielung auf heute Nacht ist deutlich gewesen und ich hoffe, dass er mir das nicht übel nimmt! Aber sein Ausdruck zeigt nur ein wenig trauer und nachdenklichkeit. "Irgendwas muss ich doch können." Ich zwinkere ihm zu und lächle leicht. "Wenn ich es schon nicht schaffe, mich für eine Rasse zu entscheiden. Meinst du nicht?" frage ich und auch seine Mundwinkel heben sich.