Also tapse ich leise in die Küche und bewaffne mich mit einem Messer. Nur um sicherzugehen. Ich laufe zitternd zurück ins Wohnzimmer. Dort verkrieche ich mich wieder unter die Decke. Wieder höre ich Geräusche. Dann öffnet sie die Wohnzimmertür langsam. Ich stelle mich hin und halte das Messer eine Armlänge von mir weg. Bereit zum Angriff. Ich kreische los, als die Tür ganz auf ist und das Licht angeht. „Jamie, hey. Hör auf, ich bin es nur", höre ich eine vertraute Stimme. Ich höre auf zu kreischen und schaue genauer hin. Es ist nur Hannah, die eine Tüte voller Einkäufe auf dem Arm hat. „Was willst du denn mit dem Messer?", fragt sie erstaunt. „Jemand hat mich auf dem Heimweg verfolgt. Und es hat mehrmals geklopft. Ich hatte einfach nur Angst", sage ich und lasse das Messer fallen. „Wärst du mit mir gefahren, hättest du dir das alles ersparen können", sagt Hannah. Stimmt schon, aber wer konnte denn wissen, was noch alles passiert? Hannah schleift die Taschen in die Küche, während ich wie angewurzelt stehen bleibe. „Jamie, was ist los?", höre ich eine weitere Stimme. Ich sehe Miriam und Constanze. „Sie hat Angst", erklärt Hannah ihnen. „Ich sehe es kommen: Charlie bekommt den Schock des Lebens", murmelt Miriam. „Setz dich, Jamie", sagt Constanze und bugsiert mich zur Couch. „Schlaf ein bisschen, du siehst echt fertig aus", sagt Miriam. „Ich bin auch fertig. Mit den Nerven", sage ich und ziehe mir die Decke über den Kopf. „Lass das sein, du bekommst doch keine Luft mehr", sagt Hannah dann.
„Hannah, warum liegt hier ein Messer auf dem Boden? Kann uns mal einer aufklären, was Sache ist?", fragt Constanze. „Ja. Wir haben jemanden überführen können. Damit Jamie nicht enttarnt wird, haben Lara und Bora sie auch festgenommen. Seit sie aus dem Auto ausgestiegen sind, zittert sie anscheinend. Im Büro saß sie zittrig und ängstlich. Und dann haben wir sie nur kurz allein gelassen. Ich wollte Jamie gleich mitnehmen, damit sie sich ausruhen kann. Aber sie war weg. Sie hat einen Zettel geschrieben, dass sie nach Hause ist. Ich bin noch schnell einkaufen gefahren und als ich kam, waren alle Rollläden unten und sie stand mitten im Wohnzimmer mit einem Messer. Ich habe auch schon gefragt. Sie fühlte sich auf dem Heimweh verfolgt und hatte Angst alleine daheim", fasst Hannah die Ereignisse zusammen.
„Jamie, du legst dich lieber ins Bett, damit Charlie keinen Verdacht schöpft. Wir geben dir was zur Beruhigung und zum Schlafen, dann hast du deine Ruhe", sagt Miriam. Ich nicke und schwanke nach oben in mein Zimmer. Dort lege ich mich direkt ins Bett und warte auf meine Ärztinnen. Die beiden sind echt super lieb und sehr sehr verständnisvoll. „Okay, wir legen dir schnell einen Zugang. Nur die beiden Medikamente, dann ziehen wir ihn wieder", verspricht Constanze. Ich nicke und beobachte, wie sie erst meine Hand desinfizieren, dann die Nadel unter die Haut schieben und dann zwei Spritzen reindrücken. Nach einigen Sekunden merke ich schon, dass ich ruhiger und leicht müde werde. „Schlaf jetzt, wie sagen Charlie nichts", sagt Constanze und Miriam zieht den Zugang raus und klebt ein Pflaster darüber. Die beiden Ärztinnen bleiben noch da, bis ich vollends wegdämmere. Ich bin echt froh, dass ich jetzt schlafen kann. Ich musste nichtmal etwas essen. Und ich muss meiner Mutter nicht Rede und Antwort stehen, wie ich es schon befürchtet habe. So spare ich mir eventuell auch einen Besuch beim Psychiater, falls meine Mutter denkt, dass ich jetzt vollends durchdrehe oder verrückt werde. Ich werde nicht verrückt. Ich bin mir nur sehr sicher, dass mich jemand verfolgt.
Sichtwechsel Hannah:
Miriam und Constanze bringen Jamie ins Bett und kommen zehn Minuten später wieder. „Wir sagen Charlie, dass sie sich hingelegt hat weil sie müde und erschöpft war. Nicht mehr und nicht weniger. Und lass sie auf keinen Fall zu ihr. Wenn sie fragt: wir haben fünf Minuten vorher erst nach ihr geschaut", sagt Miriam. „Okay, wird gemacht. Wenn sie die Wahrheit erfährt, köpft sie mich", sage ich und schlucke. „Mir gefällt Jamies Verhalten überhaupt nicht", meint Constanze. „Denkst du, mir vielleicht? Ich habe nicht gut genug aufgepasst, ich mache mir die größten Vorwürfe", jammere ich. „Lass dir nichts anmerken, sie ist gerade auf den Hof gefahren", sagt Miriam streng. Ich nicke und atme nochmal tief durch. Ich höre, wie sich der Schlüssel in der Tür dreht. Dann geht sie auf um fällt Sekunden später wieder zu. Charlie kommt um die Ecke und betrachtet uns misstrauisch.„Wo ist Jamie?", fragt sie skeptisch. „Im Bett?", sage ich. „Wieso im Bett? Fehlt ihr was? Ist sie krank?", sofort hängt die besorgte Mutter durch. „Nein, alles bestens. Sie ist nur müde gewesen, war ein anstrengender Tag", sage ich schnell. „Aha. Hat sie schon was gegessen?", fragt sie weiter. „Sicher, wir haben vorhin gemeinsam einen Salat gegessen", lügt Miriam schnell für mich. „Was habt ihr denn? Irgendwas stimmt hier nicht", stellt Charlotte fest. „Blödsinn, alles ist super", sagt Constanze. „Okay. Dann sehe ich mal nach meiner Tochter", meint Charlie und dreht sich um. „Nein, wir haben gerade erst geschaut. Sie schläft gerade so friedlich. Lass sie weiterschlafen", sagt Miriam. „Du siehst müde aus. Erzähl uns von deiner Schicht", wechsele ich schnell das Thema und bugsiere sie unauffällig in die Küche. „Ja, heute war es vielleicht anstrengend. Ein Chaos in der Notaufnahme", seufzt sie und lässt sich auf einen Stuhl fallen. Anscheinend funktioniert es. Miriam und Constanze kommen nach. Nach einiger Zeit kommt Tabea noch dazu. Ich schaue alle 30 Minuten nach Jamie aber wie nicht anders zu erwarten, schläft sie friedlich in ihrem Bett. Mein Bericht an Charlie fällt also immer gleich aus. Ich bin nur froh, dass sie nicht persönlich nach ihr sieht. Dann wären wir nämlich geliefert. Also hauptsächlich ich bin dann geliefert. Schließlich war ich ja für Jamie verantwortlich während sie für uns den Lockvogel spielt. Ich habe sie alleine gelassen, als es ihr schlecht ging. Alles meine Schuld. Meine ganz allein.
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Help me, so I help you
FanfictionJamie ist 16 Jahre alt und lebt mit ihrem Vater in Köln. Die Mutter ist vor einigen Jahren abgehauen. ------------------------- „Dieses Halsband wirst du tragen, sobald du das Haus betrittst. Und wag es bloß nicht, es abzunehmen", brüllt der Vater...