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„Was ist los?", fragt er. Ich breche einfach weinend in seinen Armen zusammen. Meine Mutter hat mich einfach angeschrien, weil ich entführt und vergewaltigt wurde. Es gibt ja sogar ein Sextape als Beweis. „Jamie, schaffst du es zum Auto? Ich bringe dich zu meinem Chef, der kann dir helfen", bietet mir Tekin an. Ich schleppe mich zusammen mit ihm zum Auto und sinke kraftlos auf den Beifahrersitz. „Was war da drin los?", fragt er vorsichtig. „Sie ... hat mich beschimpft und gefragt, ob es Spaß gemacht hat", weine ich. „Spaß? Ernsthaft jetzt?", fragt er. Ich nicke und wische mir meine Tränen weg. „Das wird wieder, ich helfe dir. Und mein Chef ist Anwalt, der bekommt das wieder hin", verspricht er mir. Ich nicke.

Wir fahren zu dieser Kanzlei. Tekin hilft mir ins Büro und erklärt seinem Chef, was passiert ist. Dann lässt er das Video laufen. „Jetzt kommt es mir erst: auf dem anderen Video sieht man nicht, dass es nicht freiwillig ist. Deshalb denkt deine Mutter ...", sagt er. „Aber sie hat mich nicht mal ausreden lassen, sie hat mich direkt angeschrien", sage ich. „Also hören Sie ... oder darf ich du sagen?", erkundigt der Anwalt sich. Ich nicke. „Okay. Jamie, wir helfen dir und werden das alles mit deiner Mutter und dieser Geschichte aufklären. Allerdings solltest du dich erstmal ärztlich untersuchen lassen, um schlimmeres auszuschließen und alles attestieren zu lassen", erklärt mir der Anwalt. Sein Name ist Ingo Lenßen.

„Ich ... will aber nicht untersucht werden", sage ich. „Das verstehen wir auch, aber es ist notwendig. Bitte, lass dich untersuchen", sagt Tekin. „Aber nur von einer einzigen Person. Von niemand anderen", sage ich sofort. „Okay. Sollen wir für dich anrufen?", fragt der Anwalt. Ich nicke und schreibe ihm Name und Telefonnummer auf. Ich will nur von Tabea untersucht werden, zu den anderen habe ich kein Vertrauen mehr aktuell. Einige Momente später legt er auf. „Sie kommt mal vorbei und schaut sich das alles an", sagt er. Ich nicke. „Darf ich dir was zu trinken bringen?", fragt Ingo Lenßen. Ich schüttele mit dem Kopf. Dazu habe ich gerade keine Nerven. „Kennst du diese Frau persönlich?", fragt Tekin. „Sie wohnt bei mir und meiner Mutter. Wir haben so ne Art Wohngemeinschaft. Vier Ärztinnen und eine Polizistin. Und ich", erkläre ich.

Etwa zehn Minuten später klingelt es an der Tür und Herr Lenßen verlässt den Raum. Wenige Minuten später kehrt er zurück. Hinter ihm ist Tabea. „Hallo Mäuschen. Ich darf mir das mal ansehen?", fragt sie. Ich nicke vorsichtig. „Okay. Zeig mal her", sagt sie und nimmt meine Hände in ihre. „Mit einer Salbe ist das getan. Hast du sonst noch Verletzungen?", erkundigt sie sich. Ich schaue zu Tekin. Sie schaut ebenfalls zu ihm. „Er hat sich an ihr vergangen. Hier", sagt er und zeigt ihr das Video. „Ach du ...", murmelt sie. „Jamie, das tut mir so leid. Aber warum bist du hier und was ist mit Charlie?", fragt sie. „Hat mich angeschrien und gefragt, ob es Spaß gemacht hat", murmele ich. „Spaß? Ist sie noch von Sinnen?", fragt Tabea fassungslos. „Ich weiß es nicht, ich will da gerade nicht mehr hin", sage ich. „Okay, nicht so schnell. Bitte komm mit mir nach Hause", sagt Tabea. „Aber ...", sage ich leise. „Komm mit, Jamie", sagt sie nochmal. Ich schaue zu Tekin. „Geh mit, heute läuft hier nichts mehr", sagt er. Ich nicke. „Morgen kommen wir mal vorbei",  verspricht Herr Lenßen. Ich stehe auf und gehe mit Tabea.

Ich steige ins Auto ein und schnalle mich mit zittrigen Händen an. „Ganz ruhig", sagt sie und fährt los. Daheim angekommen laufe ich sofort auf mein Zimmer und gehe duschen. Danach lege ich mich ins Bett und weine mir die Seele aus dem Leibe. Alles, was ich zurückgehalten habe, lasse ich jetzt raus. „Jamie? Mach die Tür auf", ruft jemand vor der Tür. „Jetzt mach auf." Es ist Charlie. Ich rühre mich nicht von der Stelle. „Jamie, jetzt mach endlich auf", brüllt sie und hämmert gegen die Tür. Ich bleibe weiterhin liegen. „Jamie, mach auf", brüllt Charlie wieder. „Charlie, hör auf. Lass sie mal", höre ich Hannah. Dann ist es endlich still und ich kann mir die Seele vollends aus dem Körper weinen. Es tut gut, endlich alles rauszulassen.

Am nächsten Morgen sind meine Augen rot und verquollen. Ich wasche mir das Gesicht und lege mich wieder hin. „Jamie? Machst du bitte mal auf?", höre ich. Ich stehe auf und gehe zur Tür. Langsam mache ich auf und sehe Tabea. Ich ziehe sie rein und schließe sofort wieder ab. „Ich habe dir was zu trinken mitgebracht. Ich habe dich die ganze Nacht weinen gehört", sagt sie. „Und wenn schon ...", murmele ich. „Es tut mir so leid für dich", sagt sie. „Schon gut. Wenn später jemand für mich kommt ... schick sie bitte hoch", sage ich. „Jemand und sie? Wieviele kommen denn?", fragt Tabea. „Zwei oder drei?", sage ich vorsichtig. „Na schön, dann mache ich das. Wir sind übrigens allein daheim. Alle anderen sind arbeiten. Und deine Mutter ist ziemlich down", meint sie. „Down? Was soll ich denn dann sagen?", frage ich. „Habe ich ihr auch gesagt", antwortet die Ärztin. „Ich lasse dich mal wieder alleine. Bis später", sagt Tabea und geht nach unten. Ich schließe sofort wieder ab, damit bloß niemand auf die Idee kommt, hier reinzukommen.

Etwa eine Stunde später klopft es wieder. „Jamie? Hier ist Tekin", höre ich eine männliche Stimme. Ich öffne die Tür und lasse ihn herein. Ihm folgt Herr Lenßen und eine Frau. „Das ist meine Kollegin, Katja", stellt er sie vor. Ich biete ihnen das Sofa an, während ich mich auf meinen Bürostuhl setze. „Also wir haben noch nichts neues aber würden gerne mit deiner Mutter reden", sagt Herr Lenßen. „Sie ist anscheinend nicht da. Ich war noch nicht unten", sage ich. „Hast du die ganze Nacht ...?", beginnt Tekin. Ich nicke.

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