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„Hey, was ist los? Jamie, rede mit mir", ruft Charlie und kniet sich neben mich. „Was hast du?", fragt Miriam laut. Ich halte mir den Rücken. „Sie hat was am Rücken. Schau mal nach", sagt meine Mutter. Ich sehe, dass Hannah aufwacht. Sie kommt auch dazu und kniet sich zu uns. „Hannah, kannst du bitte mal Alex anrufen? Der soll rüberkommen", sagt Charlotte. Moment mal, wer und was ist Alex?

„Natürlich. Soll ich auch gleich einen RTW anfordern?", fragt sie. „Noch nicht, wir schauen selbst erstmal", sagt Mama. „Ich kann nichts sehen", sagt Mariam. „Dann brauchen wir einen Zugang", sagt Tabea. Ich drehe mich ein Stück. „Wie stark sind die Schmerzen?", fragt Charlie. „Sehr ... stark", keuche ich mit aller Mühe. „Nicht erschrecken, jetzt legen wir dir einen Zugang, damit die Schmerzen gleich besser werden", sagt Miriam und schon spüre ich einen Stich am Handrücken. Kurze Zeit später werden die Schmerzen urplötzlich besser. Das waren Medikamente, darauf schwöre ich. „Ist es jetzt besser?", fragt Tabea. Ich nicke und setze mich vorsichtig ein Stück auf. „Jetzt nochmal, wo tut es weh?", fragt Miriam. „Mein Rücken. Im Lendenwirbelbereich", sage ich. „Stell dich mal hin", sagt Mama. Ich will mich gerade hinstellen, als ich unterbrochen werde.

„Was ist passiert?", stürmt plötzlich ein Mann herein. „Jamie hat Schmerzen bekommen und ist umgefallen. Sie hatte einen Schmerzkrampf", sagt Charlotte. „Aua, das tut weh", meint er. „Tat es auch", murmele ich. „Tat es? Tut es jetzt nicht mehr weh?", fragt er. „Wir haben ihr was gegeben", sagt Miriam. „Na dann zeig mal her, ich schaue mir das an. Ich bin Spezialist", sagt Alex. „Nein", sage ich und rutsche näher zu meiner Mutter hin. „Und dafür habt ihr mich aus dem Bett geklingelt? Schöner Notfall", mault er und zieht wieder ab. Hannah sitzt inzwischen wieder bei uns. „Du hast ne Sozialphobie gegen Männer, oder?", fragt Miriam vorsichtig. „Sozialphobie? Ne, nur gegen Männer", sage ich. „Darf ich mir das mal ansehen?", fragt Charlotte. Ich nicke. Sie darf das. „Okay, dann bringen wir dich aber lieber mal in unseren Behandlungsraum", sagt sie. Ich schlucke. Die haben einen Behandlungsraum?

Tabea und Miriam packen mich rechts und links und bringen mich ins Behandlungszimmer. Ich setze mich auf die Liege und warte ab. „So, dann schaue ich mal nach. Okay?", fragt Charlie. Ich nicke und beobachte jeden Schritt von ihr. Zuerst drückt und klopft sie herum. Routinemäßig (laut ihrer Angabe) hört sie mich auch ab. „Du bist ein bisschen tachykard", stellt Charlotte fest. „Was heißt das? Ihr sollt Deutsch mit mir reden", beschwere ich mich. „Herzrasen", sagt Tabea knapp. „Oh", sage ich leise. „Wir beobachten das mal ein paar Tage. Okay. Tut es weh, wenn ich drücke oder klopfe?", fragt sie. Ich nicke. „Was hast du nur wieder angestellt?", murmelt meine Mutter. „Nichts", maule ich. „Aber wie konnte das dann passieren?", fragt sie. „Weiß ich nicht", seufze ich.

„Wir behalten das im Auge. Falls das nochmal auftritt, fahren wir in die Klinik", sagt Miriam. Die drei Ärztinnen und Hannah stehen im Halbkreis um mich herum und begutachten meine Reaktion. „Gute Nacht", sage ich und hüpfe von der Trage. Mir ist leicht schwummrig, ich kippe fast um. „Hoppla, immer schön langsam", sagt Miriam. Tabea und Charlie packen mich an den Armen. „Ich glaube, wir bringen dich lieber ins Bett", meint meine Mutter und nickt ihrer Kollegin und Freundin zu. Sie bringen mich die Treppe hoch und in mein Bett. Ich liege noch eine Weile im Bett und überlege, woher die Schmerzen kommen. Vielleicht noch von der Operation? Oder vielleicht auch von der Beinahe-Entführung?

„Jamie, du bist ja noch wach", höre ich plötzlich jemanden. Ich schaue zur Tür und sehe Tabea. „Ich denke nach. Ich überlege, woher die Schmerzen kamen", erkläre ich ihr. „Aha, da kann ich dir aber leider nicht helfen. Ich weiß nicht, was du alles gemacht hast", sagt sie. „Ich auch nicht", murmele ich. „Schlaf jetzt, du siehst echt fertig aus", sagt Tabea und geht wieder. Ich drehe mich zur Seite und taste selbst mal meinen Rücken ab. Dort klebt ein sehr großes Pflaster. Ich schließe meine Augen und kuschele mich in die Kissen ein.

Am nächsten Morgen habe ich ein bisschen Schmerzen. Ich gehe mich duschen und ziehe mir meine neuen Sachen an. Mit Absicht wähle ich ein Oberteil aus, auf dem ein Einhorn ist, dass einen Regenbogen kotzt. Dann marschiere ich nach unten und setze mich zu Miriam und Hannah an den Tisch. „Guten Morgen", sage ich gut gelaunt. „Moin. Deine Mutter ist arbeiten", sagt Hannah gleich. „Okay", sage ich und gieße mir ein Glas Saft ein. Wir sitzen stumm am Tisch und schauen uns an. Keiner sagt was. Ich schaue Hannah eine Zeit lang an. Irgendwann schaue ich dann zu Miriam. Als ich sie sehe, muss ich lachen. Ich kann einfach nicht mehr anders. Nach einiger Zeit klingelt es an der Tür. Hannah erhebt sich und verschwindet im Flur. Ich grinse Miriam weiterhin einfach nur an. „Leute, Paula und Alex sind da", sagt Hannah, als sie wieder zurückkommt. Ich schaue auf. Der Typ von gestern Abend steht vor mir. „Das ist Jamie, die Tochter von Charlie", sagt Hannah. „Schön dich kennenzulernen", sagt die Frau lächelnd. „Paula und Alex sind unsere Nachbarn und auch Ärzte", erklärt Miriam. „Morgen zusammen", begrüßt Tabea uns, als sie hereinkommt. „Ach, du bist ja auch da", sage ich überrascht. „Ja, ich nutze meinen freien Tag. Was steht heute an?", fragt sie. „Nichts. Noch nicht", sagt Hannah. „Also ich habe Spätschicht", sagt Miriam. „Und ich gehe jetzt schlafen", sagt plötzlich jemand hinter uns. Ich schaue mich um und sehe Constanze, die ziemlich müde aussieht. „Ist gut, schlaf schön", sagt Hannah. Damit ist die Ärztin weg und Paula und Alex setzen sich zu uns an den Tisch.

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