Kapitel 12

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Mit unsicheren Schritten tritt Kyle durch meine Tür und schließt sie sanft.
Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich ihn reingelassen habe. Dass ich ihm die Erlaubnis erteilt habe. Bin ich jetzt total durchgedreht? Ich hätte ihm doch einfach die Tür vor der Nase zuknallen können. Stattdessen siegt die dunkle Seite. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
"Wenn du ... reden willst ... Mein Esstisch ist, äh, hier." Mit langsamen Schritten führe ich ihn zum Tisch und lasse mich auf einen Stuhl nieder. Mit dem Finger deute ich ihm an sich zu setzen. Er kommt meiner Aufforderung nach und setzt sich gegenüber von mir.
Meine nassen Haare hängen mir im Gesicht und tropfen den ganzen Boden voll. Mein verschmiertes Makeup vom Vortag lässt mich nach dem Baden aussehen, als hätte ich geheult. Und meine Klamottenwahl fiel nicht gerade gut aus. Ich trage ein lockeres weißes Shirt, ohne BH, mit einer schwarzen, engen Leggins.
Aber es kümmert mich nicht, wie ich für Kyle aussehe, da er schon alles von mir gesehen hat und es somit keine Überraschung mehr für ihn gibt. Er hat mich verdammt nochmal meiner Privatsphäre geraubt und schlimmeres. Ich versuche die Gedanken zu verdängen und atme kontrolliert ein und aus.
Es herrscht eine unbehagliche Stille und Kyle starrt mich nur mit großen Augen an, während sich seine Pupillen weiten.
Ich weiß nicht was er von mir möchte und konfrontiere ihn daher mit der Situation: "Was, was willst du überhaupt von mir? Wenn du wegen einer Entschuldigung gekommen bist, kannst du das gleich knicken!"
Ich sehe ihn dabei zornig an und warte kopfschüttelnd auf eine Antwort. Meine Emotionen leiten mich und haben mich gerade voll und ganz im Griff. Die Logik hat mich längst verlassen. Sonst hätte ich ihn nicht in meine Wohnung gelassen.
Anstatt mir in die Augen zu schauen, wandert Kyles Blick durch meine unordentliche Wohnung.
"Du hast es wirklich schön hier.", murmelt er schwer atmend und lenkt offensichtlich vom Thema ab. Ist das ein ernst? Will er mich auf den Arm nehmen?
Sein Blick wandert weiter, bis er bei mir stehen bleibt. Er schaut mir so tief in die Augen, sodass ich ein leichtes Bedauern in seinen sehen kann.
Sein Blick drückt aus, wie sehr er seine Tat bereut und es am liebsten rückgängig machen würde.
"Ich weiß. Ich habe Scheiße gebaut. Große Scheiße! Aber ich möchte dich wissen lassen, dass ich nicht so bin, wie du denkst. Ich weiß nicht, was an diesem Abend in mich gefahren ist, jedoch möchte ich versuchen dir zu zeigen, dass ich auch anders kann. Ich wollte in keinster Weise deine Würde oder gar deine Seele verletzen. Ich fand dich an unserem letzten Treffen so heiß, sodass ich dir nicht widerstehen konnte. Und du konntest es doch auch nicht, oder? Es schien dir doch zu gefallen. Gibst du mir eine zweite Chance?"
Nun schaut er mich mit großen Augen an und seine Stimme klingt so unschuldig wie nie zuvor.
"Es schien mir zu gefallen.", wiederhole ich murmelnd seine Worte. Gefallen? Ich war erstarrt und konnte mich nicht bewegen. Das hatte nichts mit Entzücken zutun. Und plötzlich wird mir Einiges klar: Ich scheine bei ihm ein falsches Bild vermittelt zu haben. Er dachte es gefalle mir. Mir wird schlagartig schlecht und ich habe das Gefühl, mein Frühstück wandere mir wieder die Speiseröhre hoch.
"Es tut mir leid.", wiederholt Kyle.
Er entschuldigt sich bei mir und bereut seine Tat? Das hätte ich niemals von ihm erwartet.
Normalerweise ist es so, dass sich Täter einen Dreck um das Opfer scheren und es Leiden lassen.
Aber Kyle nicht. Er ist anders.
Er fühlt Reue und zeigt doch etwas Menschliches in seiner schlechten Seite.
Es war bestimmt nur ein Ausrutscher und ich glaube ihm voll und ganz, dass er es nicht so wollte. Aber warum tat er es dennoch?
Vielleicht sollte ich ihm wirklich eine zweite Chance geben und all das, was vorher zwischen uns geschah, vergessen oder zumindest herausfinden, warum es so geschah.
Wir halten unsere Blicke immer noch fest und eine angenehme Wärme durchfährt meinen Körper. Ich versuche dieses Gefühl nicht zuzulassen, aber diese Wärme erfasst meine ganzen Fasern in Windeseile, sodass ich keine Chance habe mich dagegen zu wehren.
So wie Kyle sich verlegen in seine Unterlippe beißt und dabei die Finger über seinen Bart gleiten lässt und ab und zu Haare nimmt und diese zwirbelt.
"Du meinst also, dass ich deine Tat einfach so vergessen soll, damit wir einen Neustart machen können?" Ich sehe ihn kritisch an und runzle die Stirn.
"Na ja, ungefähr so meinte ich das. Du ... du musst nicht, wenn du nicht möchtest. Ich meine, ich kann es verstehen, dass du schlecht über mich denkst. Aber ich meinte es nicht so. Ich wollte-"
Bevor er seinen Satz beenden kann funke ich ihm dazwischen: "Ist schon gut, Kyle. Hör auf zu reden. Du hast mir das Leben zur Hölle gemacht. Ist dir das eigentlich klar?"
Er senkt den Blick. "Und das tut mir verdammt leid ..."
"Die letzten Tage waren beschissen! Und jetzt kommst du auf einmal an? Deine Taten bedürfen mehr als nur eine Entschuldigung. Denn es ist schwer dieses Ereignis zu verkraften."  Mein Herz pocht wie wild in meiner Brust. "Aber ... ich gebe dir noch eine zweite Chance. Denn die hat jeder verdient. Ich weiß, dass du gute Seiten hast. Jeder Mensch besitzt sie. Du- du musst sie mir nur deutlich zeigen."
Er stößt einen erleichterten Seufzer aus und ein dezentes Lächeln schleicht sich auf seine Lippen.
Auch ich muss leicht schmunzeln, aber versuche es krampfhaft zu unterdrücken. Was tut mein Körper gerade? Ich handle definitiv nicht aus Vernunft, sondern aus reiner Emotionalität.
Warum ich das tue? Warum ich ihm eine zweite Chance gebe? Ich weiß es selbst nicht. Irgendetwas in meinem Körper kann ihm nicht widerstehen. Genauso wenig kann ich ihn anschauen, ohne an den schlimmen Abend zu denken.
Ich bin in einem Zwiespalt voller Hoffnung und Enttäuschung.
Nur ich selbst kann wählen, ob ich mich für ihn entscheide oder ihm eine Abfuhr erteile.
"Danke.", haucht Kyle.
"Wofür?" Meine Stimme ist ebenso dünn wie Kyles.
"Dafür, dass du mir verzeihst." Erleichterung liegt in seinen Augen, als er zu mir aufblickt.
"Ich werde es zumindest versuchen." Ja, das werde ich. Ich werde versuchen dir zu verzeihen, Kyle.
"Wie kann ich das jemals wieder gutmachen?" Kyle legt den Kopf schräg und beißt sich auf die Unterlippe.
"Ich weiß es nicht ...", flüstere ich kopfschüttelnd.
"Vielleicht ..." Plötzlich steht er auf und umrundet den Tisch. Was hat er vor?
Er kniet sich neben mich und ergreift unerwarteterweise meine Hand.
Ich ziehe die Luft ein, während sich meine Augen weiten.
"Ganz ruhig, ich will dir nichts tun.", versucht er mich zu beruhigen. Seine Hand löst sich und begibt sich abrupt auf Wanderschaft.
"Was tust du da?", wispere ich und beobachte seine Finger.
Stumm fährt er die Innenseite meines Oberschenkels entlang und lässt seine Hand immer höher wandern. Ich zucke zusammen und fixiere meinen Blick weiterhin auf das, was er da gerade macht. Mittlerweile ist seine heiße Hand so nah an meiner intimsten Region, dass es sich dort unkontrolliert zusammenzieht.
"Gefällt dir das?", raunt er an meinem Ohr und stoppt für einen kurzen Moment, um meine Antwort abzuwarten.
In meinem Kopf stelle ich mir erneut die Frage: Gefällt dir das? Da mein Körper auf diese Berührung reagiert, ja. Ob mein Verstand hingegen genauso antworten würde? Vermutlich nicht.
Und obwohl ich weiß, dass es eine falsche Entscheidung ist, kann ich nicht anders. "Ja.", entgegne ich im Gleichtakt meines Ausatmens.
Mein Verlangen ist viel zu groß und ich entscheide mich für ihn.
Mit einem Mal ist da dieses Gefühl der Lust und Neugier, welches mich ihn spüren und mit all meinen Sinnen wahrnehmen lassen will. Ich möchte jede einzelne Stelle seines Körpers erforschen und seine Wärme spüren.
Mein Körper regiert den Geist und wer weißt, wohin mich das führen wird.

Mein Körper regiert den Geist und wer weißt, wohin mich das führen wird

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Right or Wrong? (WIRD ÜBERARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt