Kapitel 25

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Der nächste Tag ...

"Heute um 15 Uhr haben wir noch einen Termin frei", schallt es aus dem Hörer.
"Okay, vielen Dank. Den nehme ich. Auf Wiedersehen." Ich lege das Telefon zurück in die Aufladestation und seufze laut auf.
Ich kann es nicht fassen, dass ich mir freiwillig einen weiteren Termin beim Psychologen gemacht habe.
Nach dem gestrigen Abend habe ich realisiert, dass es mir sehr schlecht geht und ich es doch nicht ohne Hilfe schaffe. Und, ich habe auch bemerkt, dass es mit Kyle nicht so weitergehen kann.
Er ist glücklicherweise nicht geblieben, sondern nach dem eigentlichen Akt direkt abgehauen. Als er die Tür mit einem lauten Knall schloss, realisierte ich das alles erst und die Emotionen übermannten mich. Wieder musste ich mich in den Schlaf weinen und verzweifelt versuchen, in der Dusche seine Berührungen aggressiv abzuwaschen, oder eher gesagt abzurubbeln. Und wieder sind Stellen meines Körpers blau. Aufgrund der höllischen Kopfschmerzen musste ich mir eine Tablette einschmeißen. Doch diese linderte leider nicht meine seelische Qual. Ich wünschte, das würde es. Eine Tablette, die einen alles vergessen ließ, was geschah.
Ich habe ausdrücklich betont, dass ich nur mit Mr. Owen sprechen möchte.
Damian wird mich mit Sicherheit verstehen, da er zum einen sehr einfühlsam ist, aber zum anderen auch von meiner Situation schon weiß. Zumindest weiß er, was Kyle beziehungsweise der Lieferant mir in der Lagerhalle angetan hat. Ich weiß nicht, wie ich ihm mitteilen soll, dass der Lieferant und mein Freund ein und dieselbe Person sind. Freund ... Dieses Wort klingt nicht richtig.
Ich blicke auf meine Armbanduhr und bemerke, dass ich in einer Stunde schon los muss.
Ich verdrehe die Augen und seufze dabei laut auf.
In der Zwischenzeit bereite ich mir eine schnelle Mahlzeit zu, da ich seit geraumer Zeit ein unregelmäßiges und schlechtes Essverhalten habe und ich dem unbedingt Abhilfe schaffen muss. Es ist jedes Mal erfolglos, wenn ich versuche, regelmäßig zu essen. Oftmals vergeht mir der Hunger, sobald mir der Duft des Gerichtes in die Nase steigt. Dennoch bereite ich mir eine kleine Mahlzeit zu. Ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen, weshalb sich mein Magen mittlerweile mit einem lauten Knurren bemerkbar macht.
Ich drehe das Radio auf, welches auf der Küchenzeile steht. Vielleicht lenkt mich die Musik ein wenig von meinen Gedanken ab. Und tatsächlich, es wirkt. Reflexartig bewege ich meine Hüften zur Musik und vergesse für einen kurzen Moment das Chaos in meinem Hirn. Mit schwungvollen Bewegungen beschmiere ich mein Toast mit Marmelade und singe den Lyrics von Watermelon Sugar. Das Lied könnte meine Stimmung nicht weniger widerspiegeln. Aber es lässt mich hoffen, dass alles irgendwann wieder beim Alten sein wird. Ich denke, dass vielleicht ein klitzekleiner Funken Hoffnung in der Ferne liegt und ich ihn nur erreichen muss. Ich weiß es einfach, dass ich ihn erreichen werde, wenn ich nur fest daran glaube. Aber oftmals ist sowas leider immer einfacher gesagt als getan. Zu schnell packen mich Zweifel, Angst und Panik und schicken mich wieder hinter die Startlinie. Das Ziel rückt dabei immer wieder in weite Ferne.

Nach einer kleinen Stärkung mache ich mich schnell frisch und fahre anschließend los.
Ich freue mich Damian zu sehen, weil er mich versteht und ich ihm vertrauen kann. Außerdem bin ich umso gespannter, wie sehr ich mich heute öffnen kann oder ob ich es überhaupt schaffen werde. Ich will es so sehr, aber es ist wirklich verdammt schwer diesen Schritt zu wagen und einer anderen Person deine Sorgen und Probleme anzuvertrauen. Oftmals entsteht eine Blockade, die mich verstummen lässt. Aber Damian macht mir Mut. Seine gestrigen Worte haben mich berührt und mir Kraft gegeben. Er meint, dass ich gute Fortschritte mache und er außerdem stolz auf mich sei. Jetzt muss nurnoch ich es sein. Denn den Stolz verspüre ich nicht. Immer noch Scham und Angst. Und die Albträume häufen sich.
Heute Morgen habe ich mit Amy telefoniert. Ihre Stimme hat mich fast zum Weinen gebracht, weil ich sie nicht mehr regelmäßig höre. Aber gleichzeitig beruhigte sie mich. Wir redeten über ihr Leben in New York und nur ganz kurz über meine Gefühle. Ich wollte nicht, dass unser Telefonat nur über mein chaotisches und frustrierendes Leben geht. Hauptsächlich brauchte ich eine Ablenkung davon, und es hat für eine kurze Zeit gewirkt.

Right or Wrong? (WIRD ÜBERARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt