Kapitel 24

366 11 7
                                    

Triggerwarnung! Häusliche Gewalt, Missbrauch

"Störe ich?", fragt Kyle mit boshafter Stimme und drängt mich mit großen Schritten weiter in den Flur.
"Was möchtest du hier, Kyle?" Meine Stimme zittert dabei mehr als sie sollte.
"Ach, nur schauen wie es dir so geht. Aber dir scheint es ja blendend ohne mich zu gehen." Er umfasst den Saum meines ... Damians Jacketts und zieht mich an sich.
"Wo warst du und wem gehört das übergroße Jackett?" Seine Augen verengen sich.
Gibt es überhaupt eine plausible Lügengeschichte auf diese Frage? Vermutlich nicht. Wage ich es dennoch? Verdammt, ja. "Das ist mein Sakko."
Kyle lacht auf. "Ja klar. Und das ist dein Parfumgeruch."
Scheiße. Daran habe ich nicht gedacht. Kann ich mich überhaupt aus der Situation retten? Ich entscheide mich lieber zu schweigen, was Kyle bemerkt. "Gut. Du willst also nicht reden. Komm mit!" Er umfasst nun den Kragen des Jacketts mit beiden Händen und zerrt mich Richtung Schlafzimmer.
"Lass mich los!", kreische ich und fuchtel wild mit meinen Armen umher.
"Halt dein Maul!", brüllt er und drängt mich durch den Türrahmen. Ich knicke aufgrund der hohen Schuhe zusammen und falle schließlich auf mein Bett und bin genau dort, wo er mich wahrscheinlich haben will.
"Das brauchst du jetzt wohl nicht mehr." Kyle reißt mir gewaltsam das Jackett vom Leib und wirft es auf den Boden.
Ich weiß, was nun passieren wird und versuche erst recht nicht mich dagegen zu wehren, da es sinnlos ist.
Ich schließe die Augen, greife nach meiner Kette am Hals und bete zu Gott, dass irgendein Wunder geschehen soll. Es ist mir vollkommen egal was für ein Wunder. Hauptsache es reißt mich aus diesen schrecklichen Moment.
Als Kyle den Bund meiner Hose greift, nehme ich all meinen Mut zusammen und schaffe es tatsächlich, mich zu wehren. "Lass mich in Ruhe!", schreie ich plötzlich und greife blind nach einem nächst gelegenen Kissen, welches ich ihm mit meiner ganzen Kraft in sein Gesicht schlage.
Kyle fasst sich an seine Wange und lacht energisch auf. "So läuft das jetzt also.", faucht er, "Nur schade, dass es dir nichts bringen wird. Denn dein ach so toller Damian ist schon ins Auto eingestiegen, als ich ankam. Ich hab ihn nämlich gesehen, wie er aus deinem Wohnkomplex kam. Du Miststück lügst mich auch noch an."
Auf einmal packt er meine Haare, was mich aufkreischen lässt. Ein stechender Schmerz breitet sich aus, was mich reflexartig die Augen zusammenkneifen lässt.
"Wer nicht hört muss fühlen." Mit dieser Aussage schleudert mich Kyle weiter aufs Bett, wodurch ich mit meinem Hinterkopf gegen die Bettkante knalle und mir schwindelig wird. In Windesweile erfasst mich der Flashback vom schlimmen Abend in der Lagerhalle. Das Eisenregal. Der Knall. Nicht schon wieder. Nicht hier und jetzt. Dränge die Bilder zurück, Chloe!
Ich fasse mir voller Schmerz an den Hinterkopf, doch Kyle nimmt meine Handgelenke und reißt sie weg. Erneut durchzieht mich ein Schmerz. Doch diesmal an meinen Handgelenken, welche Kyle abdrückt. Irgendwann ist garkein Blut mehr vorhanden und meine Hände können amputiert werden. Panisch trete ich um mich. Doch wie zu erwarten verstärkt sich sein Griff.
"Halt still!", brüllt er und lässt meine Gelenke endlich los. Doch nun wandern seine Hände zu meiner Hose. Er öffnet dessen Knopf samt Reißverschluss und zieht sie mir gewaltsam vom Leib.
Auch wenn ich weiß, dass es womöglich nichts bringen wird, schreie ich um Hilfe, bis Kyle diese Rufe mit einem aggressiven Kuss erstickt, wodurch ich panisch nach Luft ringe. Seine Zunge versucht sich dabei einen Weg in meinen Mund zu bahnen, doch ich versuche meinen ihn geschlossen zu halten und presse somit meine Lippen fest aufeinander. Meine Luft wird immer weniger und ich merke, wie mir heißer wird und sich diese Hitze zunehmend in meinem Kopf staut.
Doch plötzlich klingelt es an der Tür, was Kyle aufschrecken lässt. Er löst sich endlich von mir und ich schnappe nach Luft. Meine Atmung ist unkontrolliert und schnell.
Kyle lässt seinen verwunderten Blick in den Flur schweifen.
"Mal schauen, wer uns einen Besuch abstatten will. Vielleicht ist es ja Damian. Und wehe du schreist weiter so nach Hilfe, ansonsten waren es heute deine letzten Atemzüge." Er springt vom Bett und stampft zur Tür. Das erdrückende Gefühl von seinem schweren Körper auf meinem, verschwindet endlich.
Ich höre das Öffnen der Tür und vernehme kurz darauf die Stimme meines Nachbars. "Oh. Wer sind sie denn? Wo ist Mrs. Bennett? Geht es ihr gut? Ist alles in Ordnung? Ich habe Schreie gehört.", fragt er besorgt.
"Nein, es ist alles in Ordnung. Mrs. Bennett hat eine Spinne entdeckt. Wissen Sie, sie hat große Angst vor diesen Tieren. Ich bin zu Besuch da und konnte das kleine Monster zum Glück entfernen. Sie müssen sich keine Sorgen machen.", entgegnet Kyle ungeduldig.
"Oh okay. Wo ist Mrs. Bennett denn jetzt?" Gefangen in meiner eigenen Wohnung mit einem Psychopathen, der mir mit dem Tod droht, wenn ich einen Mucks von mir gebe.
"Sie ist gerade beschäftigt. Der Abwasch.", erfindet Kyle.
"Alles klar. Bestellen Sie ihr bitte schöne Grüße von mir." Ich kann sie hören. Verdammt!
"Werde ich. Schönen Abend noch." Mit diesen Worten schließt Kyle die Tür und kann seine Schritte hören.
Fuck! Warum hast du nichts gesagt, Chloe? Ich hätte theoretisch einfach nach Hilfe schreien können. Aber anderseits könnte ich Kyle durchaus zutrauen, dass er mir weitaus schlimmeres antun würde. In seiner Stimme lag so viel Ernsthaftigkeit. Vermutlich konnte ich deswegen kein Wort über die Lippen bringen.
Mein Hinterkopf meldet sich immer wieder mit einem stechenden Schmerz, welcher sich sogar bis zur Stirn ausbreitet. Mein leichter Schwindel sorgt außerdem für eine etwas verschwommene Sicht. Panisch fasse ich an meinen Hinterkopf und stelle erleichtert fest, dass die Stelle nicht blutet. Ansonsten müsste sie erneut genäht werden.
Kyles Schritte werden immer lauter. Es könnte sich um Sekunden handeln, bis er das Zimmer betritt. Mein Handy! Wo ist mein Handy? Ich suche es verzweifelt und kann es unglücklicherweise nicht auffinden. Ansonsten hätte ich irgendjemanden um Hilfe gebeten.
Nein! Nicht irgendjemand ... Damian!
Ich hätte Damian informiert ... ganz sicher. Er würde alles stehen und liegen lassen und direkt zu mir kommen, wenn er wüsste, was gerade hier abgeht. Doch das kann er nicht, da er es verdammt nochmal nicht weiß!
Nach einer Weile erreicht Kyle wieder das Zimmer und grinst boshaftig. "Es ist alles in bester Ordnung, nicht wahr?" Er kniet sich wieder über mich und zieht hektisch sein Oberteil aus.
Für einen kurzen Moment versuche ich mich erneut zu wehren, indem ich mit den Fäusten gegen seine Brust trommle.
"Du bist schwach, Chloe. Lass es einfach." In seiner Stimme liegt Belustigung.
Blitzschnell fällt mir eine Idee ein, wie ich die Situation für mich "erträglicher" machen könnte.
Ich muss einfach so tun, als wenn mir seine Berührungen gefallen würden, um ihn zufriedenzustellen. Mir fällt kein anderer Ausweg ein. Wenn ich flüchten oder mich gar wehren würde, will ich nicht wissen, was Kyle mit mir anstellen würde. Mein pochender Kopf und die schmerzenden Handgelenke wären nur der Anfang.
Somit biete ich ihm all das, was er von mir wünscht.
Nur schwer schaffe ich es, meine Hände über seinen Rücken gleiten zu lassen.
Kyles Miene wird mit einem Mal weicher. "Was wird das?"
Ich gebe mein Bestes, meine Stimme nicht zittern zu lassen. "Ich will dich." Eigentlich will ich dich aus meinem beschissenen Bett und noch besser aus meiner Wohnung haben.
Ein zufriedenes Lächeln umspielt seine Lippen. "Geht doch."
Somit gebe ich ihm meine zärtlichen Berührungen und stöhnenden Laute, welcher er bei unserem ersten Mal so liebte und merke schnell, dass es etwas bewirkt und Kyles Aggressionen nachlassen. Jedoch verhindert es nicht das Leid, welches ich jedes Mal aufs Neue ertragen muss, wenn Kyle sauer wird und seinen Willen durchsetzt. Wie ist es möglich, dass Menschen von 0 auf 100 sein können? Und wie halten das andere aus? Es ist wie ein unendlicher Kreislauf. Werde ich ein Leben lang darin gefangen sein oder gibt es eine Möglichkeit auszubrechen?
Ich denke, das liegt allein in meiner eigenen Hand. Ich muss mich doch einfach nur entscheiden ... oder ist das wirklich so schwer?

 oder ist das wirklich so schwer?

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.
Right or Wrong? (WIRD ÜBERARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt