Kapitel 1

190 14 44
                                    

Die Dreiergruppe verbrachte noch ein paar Tage in Auris, um die Stadt zu betrachten, die Magierläden aufzusuchen und die Essensvorräte zu plündern. Erst dann setzten sie ihre Reise in Richtung der Hauptstadt fort.

Sobald sie die Tore der Stadt hinter sich gelassen hatten, seufzte Haru auf. „Es war wirklich schön hier, vielen Dank Akira für die Tage in deiner Residenz und für das gute Essen", bedankte er sich bei dem schwarzhaarigen Prinzen, der lächelte. Akira hatte sie jeden Tag zum Essen eingeladen und hatten dabei einige verschiedene Restaurants unsicher gemacht.

Nun waren ihre Rucksäcke gut gefüllt, nicht nur mit Essen, sondern auch mit mehr Kleidung, denn Akira hatte ihnen gesagt, dass es in den Bergen kalt sein würde und es besser wäre, dafür vorbereitet zu sein.

Der Prinz hatte sogar einen extra Rucksack gekauft, den Haru ihm verzauberte, dass auch er viele Dinge mit sich tragen konnte, falls sie mal getrennt werden sollten.

Akira hoffte es nicht, doch er schätzte Harus und Sezunas Weitsicht in dieser Situation.

„Nun ist es nicht mehr weit bis nach Hause", trällerte Akira fast, der sich darauf freute seine Frau wieder zu sehen. Doch sie hatten noch ein paar Städte und Dörfer vor sich.

Haru hielt sich die Ohren zu. „Verschone uns mit deinem Gesang! Das hat uns schon am Morgen gereicht!", beschwerte er sich. Akira hatte nämlich jeden Morgen im Badezimmer gesungen, solange er gebadet oder geduscht hatte.

Allerdings war es sehr weit entfernt von einem richtigen Gesang gewesen. Treffend hatte Haru zu Sezuna gesagt, dass der Prinz eher wie eine Kröte klang, die beinahe ertrank.

Was auch Sezunas erster Impuls bestätigt hatte, diese hatte ihn retten wollen, weil sie glaubte, er steckte in Schwierigkeiten und würde um Hilfe rufen.

„Ihr seid die Einzigen, die sich darüber beschweren!", protestierte Akira grinsend und meinte, dass seine Frau es immer sehr genoss, wenn er sang.

„Das täuscht sie bestimmt nur vor, in der Hoffnung, dass du bald wieder aufhörst" bemerkte Haru trocken.

Sezuna lachte leise. „Ich kann euch was vorsingen, wenn ihr Wanderlieder möchtet", bot sie mit einem Grinsen an.

„NEIN!", riefen beide entsetzt. Sie waren alle keine begnadeten Sänger und es war wohl besser, wenn sie ihr Glück nicht überstrapazierten.

Sezuna verzog den Mund. „Ihr habt mich doch noch nie singen gehört", murmelte sie, wobei das nicht stimmte. Ganz am Anfang hatte sie Akira mit einem Schlafzauber besungen.

„Hast du nicht damals unter der Dusche in der Schule gesungen?", erinnerte sich Haru, wobei er sich nicht sicher war.

„Nein, nicht dass ich wüsste. Ich habe geschrien, als das Wasser kalt war", bemerkte sie nüchtern.

„Ach und ich dachte, eine Sirene sei damals ertrunken", grinste Haru frech, brachte sich aber gleichzeitig hinter Akira in Schutz, da er davon ausging, dass Sezuna ihn wieder schlagen würde. In der letzten Zeit tat sie das nur allzu gern, wenn er sie neckte.

Sezuna verzog den Mund. „Gut, dann singe ich eben nicht", gab sie eingeschnappt von sich.

„Sei nicht beleidigt, Sezuna", bat Akira, der in guter Laune fleißig voranschritt. „Haru neckt dich nur. Ich fand deinen einen Gesang eigentlich recht hübsch, wobei ich glaube, dass wir wohl dabei einschlafen würden und letztendlich nicht weiterreisen könnten", fuhr er fort und schob Haru wieder zurück zu dem rothaarigen Mädchen.

„Das war damals ja auch ein Schlafzauber. Ich wollte testen wie gut es geht, wenn man die singt", erklärte sie und war noch immer beleidigt.

Haru blieb stehen und nahm sie in den Arm. „Meine Kleine, wenn du beleidigt bist, muss ich dich bestrafen, vergiss das nicht", sagte er sanft zu ihr.

Sezuna lachte leise. „Du suchst auch immer wieder Gründe dafür, oder?", fragte sie und klang dabei verführerisch, als sie sich zu Haru umdrehte und ihn sanft auf die Wange küsste.

„Ich sehe, es funktioniert", murmelte er mit einem Kuss auf ihren Kopf und sie gingen weiter. Auch wenn das Wetter schön war, es war merklich kühler geworden. Von weitem konnte man schon die hohen Berge sehen, die mit Eis bedeckt waren. Sie mussten sehr groß sein, wenn man sie schon so früh sehen konnte. Akira hatte gemeint, dass sie von Auris ungefähr zwei Tage bis zum Fuß der Gebirgskette brauchen würden.

„Ich habe noch nie ein Gebirge außerhalb meiner Bücher gesehen", murmelte Sezuna und nahm die Eindrücke in sich auf, als sie am Horizont die Gebirgskette erblickte.

„Es ist das Markenzeichen von Kalnai. Es heißt Kutukan Katina, so in etwa wie eine verfluchte Bergkette. Allerdings weiß ich nicht, warum es so genannt wurde. Wie ihr wisst, gibt es viele Legenden und Gerüchte um jeden Ort in der Welt. Also kann niemand sagen, ob es wirklich ein verfluchter Ort ist. Zumindest ist uns nichts passiert, als wir damals aufgebrochen sind", erklärte er ihnen, während sie einen breiten Weg entlangliefen, auf dem sie ab und zu Händler mit ihren Karren begegneten.

Alle verbeugten sich vor Akira, sobald sie ihn erkannten und es schien, dass die Leute mit ihm als zukünftigen Prinzen zufrieden waren, denn es stand keine Abneigung in ihren Gesichtern.

Es gab nur ganz wenige, die sich in seiner Gegenwart sichtlich unwohl fühlten, doch das konnte man ihnen schlecht verübeln.

„Ist das dieses riesige Gebirge, dass halb Kalnai durchzieht?", wollte Sezuna leise wissen, da sie sich noch sehr genau an die Karte erinnerte.

„Genau. Es sieht auf einer Karte aus, als ob es in alle Richtungen geht und wie ein Stern aussieht", bestätigte Akira ihr. Das Gebirge war jedoch nicht das Einzige auf seinem Kontinent, es gab auch mehrere, viel kleinere in den äußeren Ecken.

„Da durch zu kommen wird schwierig. Die Karten zeigen zwar Wege, aber ich bin mir nicht sicher, ob diese begehbar sind", erklärte Sezuna nachdenklich. Sie kannte sich mit Gebirgen nicht aus, was sie vorsichtig werden ließ. Immerhin wusste sie sehr genau, dass diese gefährlich waren.

„Vielleicht finden wir jemand, der uns begleitet. Es gibt immer wieder mal Leute, die gegen Bezahlung einen durch die Berge führen. Allerdings muss man dabei aufpassen, dass man nicht an einen Hochstapler gerät, denn es kommt manchmal vor, dass die Leute keine Ahnung haben, das Geld aber trotzdem wollen", meinte Akira. Er erzählte ihnen auch, dass sie selbst einen Führer gehabt hatten, als er mit seinen Männern durch das Gebirge gegangen war. Es war zu gefährlich, das alleine zu machen, falls es Schwierigkeiten gab.

„Das kann ich verstehen. Ich glaube auch, dass es sehr gut geeignet ist, um Händler in Fallen zu locken", murmelte Sezuna nachdenklich. „Kennst du denn jemanden, der uns führen könnte?", wollte sie von Akira wissen.

Der schwarzhaarige Prinz schien eine Weile zu überlegen, bevor er ihr antwortete. „Kanaye war derjenige, der uns begleitet hatte, aber ich weiß nicht, ob er schon jemand anderen zurückbegleitet hat. Aber ich bin mir sicher, wir werden jemanden finden. Immerhin kenne ich einige, die sich anbieten."

Sezuna nickte und wirkte ein wenig beruhigter. „Verteidigen können wir uns selbst, aber wenn wir uns verlaufen, haben wir es schwer", murmelte sie und hakte sich bei Haru ein.

„Es gibt für alles eine Lösung", beruhigte Akira sie. Er war davon überzeugt, in ungefähr zehn Tagen wieder in den Armen seiner Frau Belynia zu sein und er freute sich schon so sehr darauf, sie und auch seinen Vater wiederzusehen.

Haru legte einen Arm um Sezuna und zog sogar Akira zu sich. „Wir drei schaffen das schon, immerhin sind wir unbesiegbar", behauptete er ernst.

Sezuna lachte leise. „Stimmt. Mit dir macht uns keine Räuberbande Ärger."

Galdur - Kutukan Katina (Band 5)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt