Zuckerwürfel 8

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Ich sitze vor Melinda im Schneidersitz auf dem Boden und blicke sie an

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Ich sitze vor Melinda im Schneidersitz auf dem Boden und blicke sie an. Mir kommt es fast schon vor, als würde ich starren, doch ich konnte meinen Blick einfach nicht abwenden. Mein kompletter Körper ist von einer ungewohnten Starre übermannt worden. Ich bin völlig regungslos, erstarrt und lausche dem Gesang von Emily, der Musiktherapeutin, die neben mir auf dem Boden sitzt und ihre wunderschöne Stimme mit der Gitarre begleitet. Melinda liegt auf einer Klangliege und hat die Augen geschlossen, scheint die Musik auf sich wirken zu lassen und genießt. Sie ist mucksmäuschenstill, nur ihren röchelnden Atem kann man in der entspannten Stimmung noch vernehmen. Die Musik scheint eine entspannende Wirkung auf alle von uns zu haben, jedoch auf Melinda am meisten. Sie liegt dort völlig ruhig und scheint in diesem Moment nicht von grauenvollen Schmerzen geplagt zu sein. Schmerzen, die ihre Krankheit leider als Begleiterscheinungen mit sich bringt. Als Emily langsam zum Ende des Liedes kommt, wende ich meinen Blick ab und schaue sie an. Ihre kupferroten Haare sind zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden, und ihr Pony liegt überall, doch nicht dort wo es sollte. Doch so ist das halt mit langen Haaren. Oder Haaren generell. Die letzen Töne verlassen ihren Mund, bevor sie in ein kurzes Schweigen verfällt. Mein Blick fällt zurück zu Melinda, die ihre Augen wieder geöffnet hat.

»Das scheint Melinda sehr gefallen zu haben.«, bemerke ich und lächele. »Ja, das ist auch eines ihrer Lieblingslieder«, antwortet Emily. »Und was ist ihr Lieblingsinstrument?«, erkundige ich mich neugierig und streiche mich eine Haarsträhne hinter mein Ohr, die sich kurzerhand aus meinem Flechtzopf gelöst hatte. »Die Ocean-Drum mag sie sehr«, erwidert sie und hält mir eine Trommel hin. Auf ihr sind viele Meerestiere, viele bunte Farben und viel blaues Wasser. Der schwarze Rand besteht aus angemalten Holz. »In ihr sind viele kleine Kugeln, wenn man sie dreht, ist das sehr angenehm. Probier es doch mal aus«, erklärt sie und ich beginne die Trommel langsam zu drehen. Durch ihre durchsichtige Scheibe sehe ich die kleinen Kugeln, wie sie beginnen zu rollen. Ein sehr angenehmes Geräusch erklingt und Melinda beginnt sofort zu lächeln. »Und das hier-«, beginnt sie und fährt mit ihren Fingern vorsichtig über das dunkelbraune Holz, »Das hier ist ein Klangliege.« Mein Blick huscht zu der Klangliege und ich berühre eine Saite, blicke fragend zu Emily, die nur zustimmend nickt. Vorsichtig fahre ich mit meinen Fingern über die Saiten und ein wohliges Geräusch erklingt. Was für tolle Instrumente es doch gibt. Musik ist etwas tolles!

»Wenn du mal deine Hand auf die Fläche legst, auf der Melinda liegt, spürst du die angenehme Vibration«, sagt Emily. »Viele Kinder lieben dieses Instrument, einfach weil eine Ruhe und Entspanntheit von diesem Instrument ausgeht. Eine Ruhe, die die Kinder sonst so nicht erleben, denn heute ist ja alles irgendwie hektisch um sie herum«, erklärt Emily weiter und ich nicke. Das ist einleuchtend. Vielleicht sollte ich mir so eine Klangliege mal zu Weihnachten wünschen. Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, welches Emily und Melinda quittieren. »Singen wir noch ein Lied?«, hake ich nach und Emily nickt. Emily beginnt zu singen, spielt begleitend zu ihrer Stimme auf der Gitarre und ich bewege die Ocean-Drum langsam hin und her, während ich das Lied leise mit summe.

»Ich schenk dir einen Regenbogen, rot und gelb und blau, ich wünsch dir was, was ist denn das, du weißt das doch genau. Ich schenk dir hundert Seifenblasen, sie spiegeln mein Gesicht. Ich wünsch dir was, was ist denn das, nein ich verrat's dir nicht«, singt Emily und eine wohlige Gänsehaut überzieht innerhalb von Sekunden meinen kompletten Körper. Dieses Lied erweckt Erinnerungen bei mir, denn es war als Kind eine sehr lange Zeit mit absolutes Lieblingslied. Es erinnert mich an die schönen Zeiten, nicht das diese Zeiten jetzt nicht schön wären, doch die Kindheit ist so anders schön. Meine Kindheit war so unbeschwert, etwas, was ich nie wieder haben werde. Keine wirklichen Probleme zu haben, in den Tag hinein leben zu können, mich jeden Tag mit meinen Freundinnen zu treffen — das sind Erinnerungen, die mir keiner mehr nehmen kann. Und jetzt muss ich mich mit Rechnungen und anderen Aufgaben rumschlagen, die erledigt werden müssen, wenn man erwachsen ist.

So tief wie ich in Gedanken versunken war, bekam ich gar nicht mit, wie Emily aufhörte zu singen. »Lorena?«, fragte Emily und ich zucke zusammen. »Entschuldigung, ich war grade mit dem Gedanken woanders«, erkläre ich mich und sie nickt verständnisvoll. »Hoffentlich warst du dort wo es warm ist.« Bei dieser Aussage muss ich grinsen, denn Mary hatte sowas schonmal zu mir gesagt. »Was ist denn?«, hakt Emily nach und muss kichern. »Den gleichen Satz hat heute schonmal jemand zu mir gesagt.« Ich quittiere ihr Kichern und schaue zu Melinda, die tatsächlich eingeschlafen ist. Vorsichtig schiebe ich ihre Nasenbrille zurecht. »Bestimmt Mary oder?«, fragt die Rothaarige und mein irritierter Blick trifft auf ihr giftgrünes Augenpaar. »Ja«

»Tatsächlich arbeite ich hier auch..«, Emily unterbricht sich selbst und beginnt herzhaft zu lachen. Mir war die Situation etwas unangenehm, doch ich stimmte ebenfalls in ihr schallendes Lachen mit ein. »Habe den Spruch von Mary«, lacht sie und hält sich ihren Bauch. »Keine Sorge, ich habe keine zwei Identitäten.« Gespielt erleichtert atme ich aus und wische mir imaginären Schweiß mit meinem Handrücken von der Stirn.

« Gespielt erleichtert atme ich aus und wische mir imaginären Schweiß mit meinem Handrücken von der Stirn

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Ich wünsche Euch einen wunderschönen ersten Advent! Nutzt die Zeit mit Eueren Liebsten.

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