»Hallo Mom, ich habe grade die Torte für die Hochzeit abgeholt. Du wirst überrascht sein, was ich mir einfallen lassen habe«, spreche ich durch den Hörer meines Handys, das ich mir grade ans Ohr halte. Fest im Griff halte ich den Karton mit der Hochzeitstorte, die etwas kleiner ausgefallen ist als Ursprungs geplant. Mein zufriedener Blick liegt auf dem weißen Karton, der ziemlich schlicht gehalten ist. Das einzige, was den Karton ziert, ist der Name der Konditorei, aus dem sowohl der weiße Pappkarton, als auch die Torte stammt. »Wo bist du denn grade?«, hakt meine Mutter nach, die ziemlich aufgeregt klingt. »Ich bin grade erst aus der Konditorei raus, bei mir dauert das noch etwas, Mom«, antworte ich und lache. Die ungeduldige Ader meiner Mutter, ist echt unerträglich. »Sei bitte pünktlich, du weißt wie wichtig das deiner Cousine ist. Es ist der schönste Tag in ihrem Leben und der soll es auch bleiben«, spricht meine Mutter ins Telefon. Ich rolle die Augen. »Ich bin wie besprochen da, ich weiß wie wichtig dir Pünktlichkeit ist — vor allem heute. Ich muss jetzt auflegen, wir sehen uns später! Hab dich lieb, Mom«, würge ich sie ab, bevor sie Einwand einlegen konnte.
Plötzlich pralle ich gegen etwas, was sich beim Aufschauen als Junge enttarnt. Der Karton löst sich aus meinem Arm und fällt zu Boden. In Schockstarre stehe ich auf der Stelle, schaue auf den Boden, auf dem jetzt der Karton mit der Hochzeitstorte meiner Cousine liegt. Oh nein, oh nein, oh nein, das darf doch jetzt nicht wahr sein! Schnell knie ich mich auf den von der Sonne leicht erwärmten Boden. Ich öffne eilig den Karton und stelle fest, das von der schönen, zweistöckigen Torte nichts mehr heile ist. »Nein«, hauche ich schockiert und stelle mich wieder hin. Die gute Torte. Die wunderschöne und leckere Torte. Die Torte, die meine Cousine mit ihrem Bräutigam gemeinsam anschneiden sollte, die die so lecker ausschaut und von der ich mir sicherlich einige mehr Stücke genommen hätte. Es fühlte sich so an, als hätte ich den Aufprall und das Zerfallen der Torte grad zu hören können. Ein unangenehmes Geräusch mit großem Ausmaß, ein Geräusch sondergleichen, welcher mir bewies, dass die leckere Torte Geschichte ist. Nun liegt sie da. Entsetzt schaut mich der Junge an, der genauso schockiert ist wie ich. Jedoch liegt in seinem Gesicht ein Hauch von Mitleid. »Das darf doch jetzt nicht wahr sein«, spreche ich meine Gedanken laut aus. Ich wollte in diesem Moment nichts sehnlicher als Schreien, laut schreien, all meinen Frust und Kummer rausschreien und im Erdboden versinken. So wie die Torte es vor wenigen Sekunden ebenfalls getan hat. Der Torte wollte ich es gleich tun, das wollte ich unbedingt. »Das war die Hochzeitstorte meiner Cousine«, erkläre ich dem Fremden mit den braunen Haaren und den hellbernsteinfarbenen, funkelnden Augen frustriert. So frustriert, dass meine Stimme bebte. Nicht laut, sicherlich hatte er es nicht genau wahrgenommen, doch ich spürte es. Spürte es ganz deutlich. Sofort schlägt mein Entsetzten und all die Frustration in Wut um. »Hättest du nicht aufpassen können?«, fahre ich den Unbekannten an. »Tut mir Leid«, antwortet er. »Davon kann ich mir leider nichts kaufen«, murmele ich traurig, nicht mehr wütend, sondern traurig. Was dachtest du denn, du Blödmann, was dachtest du? Das ich mit der kaputten Torte bei der Hochzeit meiner Cousine so aufkreuzen könnte, mit dieser Torte von dannen ziehe, damit es nicht mehr dein Problem ist? Du Blödmann du, du weißt doch gar nichts.
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Wie Zimt und Zucker
RomanceWie Zimt und Zucker ❝ Für das engelsgleiche Mädchen, welches ihr Lachen verlor. ❞ Lorena Campbell wollte schon immer Gutes tun. Ihre Berufswünsche waren nie außergewöhnlich, für sie war von klein auf schon klar, dass sie anderen Menschen helfen möc...