Die menschlichen Geräusche waren im Laufe der vergangenen Stunden immer lauter geworden, aber trotzdem war es ein Schock, als sie der schier gigantischen Masse der nigolorischen Soldaten ins Gesicht blickten.Sie hatten den Laster überraschender Weise unbemerkt geparkt und waren nach einer kurzen, angespannten Wartezeit ausgestiegen, nur um zu erkennen, dass sich wirklich niemand für sie interessierte.
Sobald Seraja mit den anderen das Auto verließ, erschloss sich ihr auch, weshalb dem so war.
In der frostdurchzogenen Nacht ihrer Heimat brannten helle Feuer auf dem Eis um das sich unzählige Menschen herumbewegten, tanzten und tranken und lachten. Gestalten wälzten sich ineinander verknotet ungeachtet der Kälte im Schnee und Stöhnen erfüllte genauso wie Gegröle die Luft.
Zuerst war Seraja von der Situation verwirrt in der sie sich befand. Zum einen passte dieses Fest, diese Orgie in jeglicher Hinsicht, nicht zu dem Krieg wie sie ihn wahrnahm und zum anderen erkannte sie auf den zweiten Blick, dass es vor allem rothaarige Frauen waren, die sich mit den Soldaten im Schnee wälzten und die Betten in den Zelten mit ihnen teilten.
Für einen Moment blitzte vor Serajas innerem Auge Fira auf, wie sie ihr nackt gegenüberlag und in ihrer ersten gemeinsamen Nacht von den Liebesfesten in ihrer Heimat erzählte. Zur Sonnenwende gab es in Ignis keine Grenzen zwischen Menschen. Liebe wurde jedem geschenkt, dem man sie geben wollte und der sie sich wünschte.
„Zusammenbleiben!" waren die knappen Worte des Generals auf diese Kulisse hin. Jetzt war nicht der Moment um sich ablenken zu lassen.
Dann begann die Gruppe sich zu bewegen. Die Richtung war recht einfach zu bestimmen, weil Eboris Lampen in der Dunkelheit strahlten wie Sterne.
Eigentlich war die Art und Weise, wie sie sich in dieser Umgebung bewegten – in einer Gruppe, dicht beieinander, angezogen – recht verdächtig, aber die meisten Anwesenden waren mit sich selbst und ihrem oder zum Teil auch ihren Gegenübern beschäftigt. Es war klar, dass sich die Soldaten aus Ignis und Nigolor sicher fühlten. Das war verständlich. Wie einige Tote bewiesen, die in kleinen Haufen zwischen den Zelten festgefroren waren, oftmals in wahnwitzigen Posen und mit wenig Kleidung, da diese die Flammen der Lagerfeuer auflodern ließ, hatten die zwei Kuppeln diesen Krieg gewonnen. Wieso sollten sie sich nicht sicher fühlen?
Die Gerüche, die von allen Seiten auf Seraja einprasselten, ließen Galle in ihrer Kehle hochsteigen. Die Sieger hatten alles verbrannt, was brennbar war. Von Kleidung über Haare bis zu Zelten und hin und wieder sah man sogar Gliedmaßen brennen. Letztere waren aber vermutlich eher wegen des Triumphgefühls, der damit einhergehenden Übermacht in die Flammen geworfen worden. Nicht um eines der vielen Feuer anzufachen.
Am Aufbau des Lagers konnte man erkennen, dass die Sieger schon einige Übung darin hatten derartige Lager anzulegen, da alles akkurat aufgeteilt war. Und das trotz des doch recht drogenberauschten Zustands der Soldaten.
Im rauchigen Halbschatten der nächtlichen Lagerfeuer konnte sie hin und wieder sehen, wie Männer ein weißliches Pulver schnupften.
Nachdem Seraja und die Gruppe um einige Ecken gebogen waren, weil sie sackgassenartige Wege zwischen den Zelten erreicht hatten an deren Ende nur ein weiteres Zelt oder ein Leichenhaufen wartete, die man in der Dunkelheit nicht gesehen hatte, trafen sie auf die Hauptstraße dieses Lagerabschnitts.
In der geraden Linie, die in Richtung der großen Elfenbeinkuppel verlief, brannten in regelmäßigen Abständen Feuer um die sich Soldaten scharrten. Hier war es etwas ruhiger als in den anderen Gängen und auf den offenen Plätzen. Die Atmosphäre hier war eher von dem Krieg geprägt, als die Orgie zuvor.

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Elfenbeinmädchen
Science FictionSie legte ihren Finger an den Abzug und richtete die Waffe auf den Oberkörper des Fremden. Der Mann begann in den wenigen Sachen zu wühlen, die es hier gab. Als er direkt unter Seraja bei den Rucksäcken angekommen war, war ihre Furcht entdeckt zu we...