Im Gegensatz zu ihren Erwartungen war der Raum nicht leer, sondern bis ins letzte Eck angefüllt mit Frauen. Eine regelrechte Horde wuselte in meist ausgebleichter Dienerkleidung umher, putzte, baute etwas auf, das aussah wie ein gigantischer Schminktisch und Scharen von ihnen liefen immer wieder in Serajas Badezimmer aus dem sie Wasserrauschen und den schweren Duft von ihr unbekannten Blumen wahrnahm.
In der Mitte des Dienerinnenrudels thronte eine Frau in einem gigantischen, rubinrotem Kleid auf Serajas Bett. Mit lauter, herrischer Stimme wies sie die anderen Frauen zurecht und leitete sie an. Einige wenige der Damen – nämlich die mit der noch recht farbenfrohen Kleidung – waren um die Frau in Rubinrot – vermutlich war das Arja – platziert und boten der herrischen Zarin allerlei Getränke, Süßigkeiten und Früchte an, die diese mit Handbewegungen abwies.
„Schneller! Nun bewegt euch doch oder soll ich das alles allein machen? Bei Gott! Ihr seid solche Nichtsnutze!" klang es durch den Raum.
Jap, die Dienerinnen mussten die Zarin wirklich lieben.
Kurz stand Seraja unschlüssig in der Tür herum, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte, gerade als sie sich entschlossen hatte umzukehren und diesem Wahnsinn zu entfliehen, entdeckte Arja sie und rief all den Lärm übertönend: „Seraja! Komm doch her. Dein Bad ist gleich fertig und du musst doch das Kleid sehen, dass ich habe anfertigen lassen!"
Die Rubinfrau erhob sich elegant und dabei entpuppte sich, dass sie genauso groß war wie ihr Sohn und Seraja damit überragte. Auch die Züge der Frau erinnerten ein wenig an Theons, da sie eher männlich geartet waren. Zarin Arjas Äußeres passte wirklich gut zu ihrem Inneren. Resolut und unbeugsam. Diese Frau hätte auch in die Gesellschaft von Eboris gepasst. Die Zarin erfüllte alle Erwartungen, die Seraja in sie gelegt hatte. Das war nur im geringen Maße etwas Gutes.
„Ich habe schon ein Kleid, Majestät. Es ist das Festtagesgewand von meiner Heimat." erklärte Seraja mit fester Stimme und erwiderte den darauf folgenden zweifelnden Blick der Frau solange, bis diese nachgab.
Seraja hatte Erfahrung damit mit solchen Personen umzugehen. Immerhin war sie seit sie fünf Jahre alt war die Tochter der Sorella Matris. Das durfte wohl etwas heißen. Sie erkannte, wenn Frauen versuchten sie zu kontrollieren.
„Nun gut. Dann wirst du eben das tragen. Es dauert ja nicht mehr lange bis du zu uns an den Hof kommst. Dann kann ich dich ja in unsere Kleider einführen. Aber zu Anfang habe ich noch ein kleines Geschenk an dich, das dir zeigen soll, worauf du achten musst."
Arja schenkte Seraja ein kleines, falsches Lächeln, stand auf und deutete in die rechte Ecke neben der Tür. Dort stand eine kleine Frau, in etwa so alt wie Seraja selbst, mit ausgeblichener Kleidung und hochgebundenen, schwarzen Haaren. Sie trug keine Schminke hatte aber dennoch reine, weiße Haut, erstaunlich lange und dunkle Wimpern und einen etwas schmalen, aber schön geschwungenen Mund. Ihre strahlend roten Augen erinnerten an den Sonnenuntergang an einem klaren Tag. Ihr Gesicht strahlte pure, reine Unschuld und Untergebenheit aus. Das Mädchen war wunderschön.
„Seraja, das wird deine persönliche Kammerzofe. Ihr Name ist Monna."
Sobald das Mädchen seinen Namen hörte, machte es einen kleinen Knicks. Das war mehr, als Seraja beherrschte. Allerdings interessierte sie das nur nebenbei. War diese Monna etwa dieselbe Monna, wie die von Theon?
Ihr Gedankenfluss wurde von einem lauten Klatschen unterbrochen. Augenblicklich stoppte das Gewusel in Serajas Zimmer.
Die Zarin verkündete: „Meine Damen, wir gehen. Monna kennt den Ablauf und da Seraja mein Kleid nicht auftragen will, sind wir hier nicht mehr von Nöten. Kommt. Wir gehen."
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Elfenbeinmädchen
Ciencia FicciónSie legte ihren Finger an den Abzug und richtete die Waffe auf den Oberkörper des Fremden. Der Mann begann in den wenigen Sachen zu wühlen, die es hier gab. Als er direkt unter Seraja bei den Rucksäcken angekommen war, war ihre Furcht entdeckt zu we...