Michael Patrick
Seine Lippen trafen auf Marks, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Michael Patrick war überrascht, wie leicht es war, Mark zu küssen, dass er gar keine Scham dabei fühlte, jedenfalls diesmal nicht.
Als Mark sich nicht mehr zurückhalten konnte und er diese so fremden Lippen auf seinen spürte, hatte Paddy ihn wirklich für einen winzigen Moment lang zurückstoßen wollen. Zu schnell, zu plötzlich war dieser Kuss gekommen, obwohl Mark ihm lange Minuten vorher doch intensivst gezeigt hatte, was er wollte. Aber zu sehr war Paddy noch in seinen Gedanken und Erinnerungen gefangen gewesen, als dass er darauf genau hätte achten können.
Doch dann war dieses warme Gefühl durch seine Brust geströmt, als Mark ihn tiefer geküsst hatte, und ein so unbekanntes Verlangen danach, den Kuss zu erwidern, selbst Marks Lippen zu erkunden, hatte ihn vereinnahmt. Ein so fremder Wunsch, den er seit so langer Zeit nicht mehr verspürt hatte. Und es hatte sich so gut angefühlt.Hätte ihn jemand gefragt, Paddy hätte nicht einmal sagen können, warum er Mark jetzt erneut küsste. Vielleicht, weil er dieses berauschende Gefühl erneut fühlen wollte, erneut Marks Lippen kosten, ihm nahe sein wollte. Er war dankbar, dass er endlich hatte loswerden können, was ihn so lange verfolgt hatte, und dabei hatte es ihn auch zum ersten Mal überhaupt nicht gestört, dass Mark und er sich erst so kurz kannten. Vielleicht, hatte er gedacht, spielte es auch gar keine Rolle, wie lange man sich kannte. Man konnte jemanden seit einer Ewigkeit kennen und ihm doch nicht seine innigsten Geheimnisse anvertrauen; und nun erlebte Paddy, dass es eben auch genau das Gegenteil gab: er kannte jemanden, dem er schon von der ersten Minute ihres Zusammenseins an vertraut hatte.
In all diesem Wirrwarr seiner Gedanken und außerdem auch sicherlich der alkoholgetränkten Stimmung geschuldet, wollte Paddy aber vor allem dieses süße, überwältigende Gefühl der Nähe zu Mark wieder spüren, und während ihre Lippen einander erkundeten, durchflutete ihn erneut diese lange vergessene Sehnsucht nach so viel mehr.
Seine Fingerspitzen strichen fahrig über die kratzige Wange, bis seine Hand auf der Suche nach Halt in Marks Nacken landete. Er spürte Marks Hände an seinen Hüften, wie er ihn sanft näher an sich zog, doch als er die unmittelbare Nähe des anderen, männlichen Körpers spürte, keuchte Paddy leise an Marks Lippen und löste sich atemlos von ihm.
»Mark«, hauchte er, fuhr sich mit der Zunge über die nassen Lippen und brachte etwas Abstand zwischen ihre Gesichter. Schwer atmend schaute er zwischen den fragend dreinschauenden hellbraunen Augen hin und her, wusste selbst nicht wirklich, warum er das jetzt abgebrochen hatte. Denn es hatte sich doch so unfassbar gut angefühlt. Vielleicht doch noch etwas zu gut, zu nah für den Moment.»Ich... wir sollten...« Er holte einmal tief Luft, bemerkte, dass seine Hand noch in Marks Nacken ruhte, und ließ sie nach vorn auf Marks Schulter rutschen, um sich dann ganz von ihm zu lösen. Wie wild hämmerte sein Herz in seiner Brust, raubten ihm all seine wirren Empfindungen die Fähigkeit, noch klar zu denken.
»Ähm... ja«, nickte Mark, beinahe ein wenig widerwillig, fand Paddy. Er grinste schief und entschuldigend beinah, fuhr sich mit einer Hand in den Nacken, dort, wo bis vor Sekunden noch Paddys eigene Hand geruht hatte, und Paddys Herz stolperte bei diesem Gedanken. »Dann...«
»Schlaf gut«, sagte Paddy leise. »Und... danke. Weißt schon, ich...«
»Schon okay«, wirkte auch Mark leicht verlegen. »Bis morgen, ne.«Paddy konnte nur nicken, spürte die Tür im Rücken und war überrascht, dass er schon so weit zurück gewichen war. Oder hatten sie so nahe an der Tür gestanden? Er konnte es nicht sagen, jedenfalls lächelte er noch einmal entschuldigend, murmelte noch ein »Bis morgen«, und stolperte beinahe hinaus auf den Flur.
Tief durchatmend schloss Paddy nur wenige Augenblicke später die Tür seiner eigenen Suite hinter sich und sank schwer atmend gegen die Wand. Sein Herz raste immer noch, er musste die Augen schließen und versuchte durchzuatmen. Was war denn da bitte gerade passiert?
Er hatte Mark geküsst - Geküsst! Er hatte... Allein der Gedanke ließ Paddys Herz noch ein bisschen mehr rasen. Und es hatte sich so gut angefühlt, so verboten gut, dass er vielleicht noch viel weiter gegangen wäre, hätte er nicht instinktiv alles abgebrochen. Aber die Berührung ihrer Körper war... um ehrlich zu sein, hatte es eine derart tiefe Sehnsucht nach so viel mehr in Paddy wachgerufen, das ihn im allerersten Moment zu sehr erschreckt hatte - weil er es seit so langer Zeit nicht mehr verspürt hatte. Und weil er immer noch verwirrt war, dass ausgerechnet dieser Forster diese Gefühle wieder wachrief.
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Bauch und Kopf
RomanceManchmal braucht es nur eine Begegnung, um viele kleine Dominosteine ins Rollen zu bringen. Manchmal genügt ein Satz, um eine Welt zum Einsturz zu bringen, um eine lange vergessene Seite an die Oberfläche zu locken, die tief verborgen, aber nie ganz...